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Rolf Torring 041 - Vogelfrei

Rolf Torring 041 - Vogelfrei

Titel: Rolf Torring 041 - Vogelfrei
Autoren: Hans Warren
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1. Kapitel. In Udjidji.

    Wir waren wirklich in einer mißlichen Lage.
    Nicht nur, daß wir uns in der Gewalt der Engländer befanden und die Gefahr bestand, daß man uns wegen unerlaubten Aufenthaltes in der jetzt englischen Kolonie Deutsch-Ostafrika bestrafen konnte, sondern hier handelte es sich um viel schwerwiegendere Dinge.
    Mohammed Tip, der mit seiner Karawane in der Nähe von Udjidji von den Eingeborenen überfallen worden war, sollte auf Veranlassung der Engländer mit seinen Leuten nach Udjidji kommen, um sich zu rechtfertigen, denn bei dem Überfall der Wanjamwesi hatten viele Neger den Tod gefunden.
    Da wir mit seiner Karawane reisten und uns in dem Lager Mohammed Tips befanden, drohte uns Gefahr, von den Engländern gefangen genommen zu werden, und so waren wir, nachdem die englischen Soldaten das Lager umstellt hatten, heimlich geflohen. Aber leider war es uns nicht gelungen, zu entkommen.
    Nun hatte der doppelzüngige Araber uns der Spionage bezichtigt, und das war eine böse Sache. Von zwei Möglichkeiten war die eine genau so schlimm wie die andere.
    Entweder man schenkte den Anschuldigungen des Arabers Glauben, dann wurden wir von den Engländern zu schweren Strafen verurteilt, oder aber, man hielt uns für harmlos, bestrafte uns nicht, sondern schob uns über die Grenze ab, und dann waren wir wieder in der Gewalt der Belgier.
    Doch es gab noch eine dritte Möglichkeit, durch die wir all dem aus dem Wege gehen konnten, und das war: Flucht um jeden Preis, sowie sich die Gelegenheit dazu bot!
    So vertrauten wir denn auch diesmal unserem guten Stern. Was uns schon so oft gelungen war, würde uns auch diesmal wieder glücken. Also Kopf hoch und Augen auf, dann würde schon alles gut werden.
    Vorläufig war an Flucht natürlich nicht zu denken, denn der englische Offizier, dem die kleine Abteilung unterstellt war, die uns gefangen genommen hatte, ließ sich in seinem Feldlager nicht auf lange Debatten ein. Natürlich nahm man uns gleich die Fesseln ab, aber wir wurden so scharf bewacht, daß ein Fluchtversuch Wahnsinn gewesen wäre.
    Eine schwache Hoffnung hatte ich. Wir hatten unsere Namen genannt, und der englische Offizier hatte keine verfänglichen Fragen an uns gestellt. Offenbar hatte er nie von uns gehört und wußte nicht, daß wir von den Belgiern gesucht wurden. Trotzdem konnte aber inzwischen nach der Grenzstation Udjidji unser Signalement weitergegeben worden sein.
    Nun, man mußte eben abwarten.
    Das Feldlager der Soldaten wurde nicht früher abgebrochen, als bis die Karawane Mohammed Tips ihre Marschvorbereitungen getroffen hatte. Man konnte nämlich nicht einfach den Führer und mehrere Mann als Geiseln nach Udjidji führen, denn unter Umständen zogen sich die Untersuchungen lange hin. Und wenn der Rest der Leute, des Führers beraubt, auf ihrem jetztigen Lagerplatz tagelang oder auch nur eine Nacht kampieren mußte, so bestand die Gefahr, daß sie wieder von den Eingeborenen angegriffen würden. Deshalb mußte die ganze Gesellschaft nach Udjidji überführt werden.
    „Weißt du, Rolf," sagte ich zu meinem Freund, als wir von den uns bewachenden Askaris nicht gehört werden konnten, „beim Barte des Propheten, Mohammed Tip hat eine schwarze Seele. Die schmutzigen Geschäfte seines großen Vorfahren scheinen doch etwas abgefärbt zu haben. Wie kommt er nur auf die unsinnige Idee, zu behaupten, wir hätten die Wanjamwesi gegen ihn aufgewiegelt und hätten Spionage getrieben? Kannst du mir das erklären?"
    Mein Freund zuckte die Achseln.
    „Allah ist groß," erwiderte er, „und unser Mohammed, der den Namen seines Propheten trägt, ist eben ein Schuft. Allah wird ihn bestrafen, des kannst du gewiß sein."
    Obwohl unsere Lage eigentlich nicht dazu angetan war, mußte ich doch über die sonderbare Ruhe Rolfs lächeln. „Du sprichst ja, als seiest du in alle Geheimnisse des Korans eingeweiht. Ein Derwisch hätte mir das nicht schöner sagen können. Aber sprich jetzt mal Im Ernst, kannst du mir dafür einen plausiblen Grund angeben?"
    „Ja, mein lieber Hans," entgegnete mein Freund, „die Geheimnisse der menschlichen Seele sind nicht so leicht zu ergründen. Sieh einmal: daß unser liebenswürdiger Gastgeber annimmt, daß wir die Wanjamwesi gegen ihn aufgehetzt hätten, kann Überzeugung sein. Aber die Sache mit der Spionage, deren er uns beschuldigt, ist pure Bosheit. Damit will er sich bei den Engländern ,lieb Kind' machen. Aber das sage ich dir, haben wir durch seine lügenhaften
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