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Zombie-Lover

Titel: Zombie-Lover
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Prolog
    Zu Fuß näherte sie sich dem Schloss des Guten Magiers: eine dunkle Frau unbestimmbaren Alters in fließendem Gewand, die sich auf einen Stab stützte. Sie wirkte weder hübsch noch majestätisch, obwohl es ihr an beiden Eigenschaften nicht mangelte. In der linken Armbeuge trug sie ein großes Buch.
    Im Schloss erwartete man offensichtlich keine Gäste. Die Zugbrücke war hochgezogen, in einem Fenster hing Wäsche; das Grabenungeheuer machte ein Nickerchen.
    Die Frau störte sich nicht daran. Mit der Spitze ihres Stabes b e rührte sie leicht die Wasserfläche, dann schritt sie über den Gr a ben. Ihre Pantoffeln drückten das Wasser zwar ein, aber sie ve r sanken nicht darin. Kleine Kräusel liefen über die Oberfläche.
    Das Grabenungeheuer schreckte aus dem Schlaf, als einer der Kräusel es sanft gegen die Nase stupste. Es blinzelte, dann entrol l te es sich und nahm Kampfhaltung ein: Es hob drohend den Kopf, riss das Maul weit auf und zielte damit auf die Gestalt. Tief sog es Luft ein, bereit, den Eindringling mit überhitztem Wasserdampf zu verbrühen.
    »Beruhige dich, Soufflé«, sagte die Fremde.
    Das Ungeheuer blinzelte noch einmal, dann sank es wieder in Schlummer, ohne auch nur geschnaubt zu haben.
    Die Frau erreichte das andere Ufer und stand schließlich vor dem Eingangstor. Es war verschlossen. Kaum berührte sie es mit ihrem Stab, öffnete es sich. Die Frau betrat den Bau, und niemand schlug Alarm; wer immer sonst noch im Schloss war, bemerkte ihr Ei n dringen nicht.
    Sie durchschritt die düsteren Winkel, erstieg die ausgetretenen Stufen und gelangte in das schäbige Studierzimmer, worin der G u te Magier Humfrey über sein riesiges, uraltes Buch gebeugt saß.
    »Wird es nicht allmählich Zeit?«, fragte sie.
    Das Ohr des gnomenhaften Mannes zuckte. Er hob den Kopf und fixierte die Frau mit einem verschleierten Blick. Eine oder auch zwei Synapsen schnappten ein. »Ach. Hallo, Clio«, sagte er.
    »Und sei auch du gegrüßt, Humfrey«, erwiderte die Muse der G e schichtsschreibung. »Ich bezweifle zwar in keiner Weise, dass du alles fest im Griff hast, aber ich fand, ich sollte mich vergewissern, dass alle Einzelheiten beachtet werden. Schon aus Höflichkeit. Schließlich habe ich ein großes Interesse an den Fällen.«
    Der Gute Magier grübelte. Offenbar durchforstete er sein gewa l tiges, aber recht eingestaubtes Gedächtnis, bis noch mehr S y napsen Kontakt miteinander herstellten. »Ich kümmere mich schon darum.«
    »Selbstverständlich.« Clio war zu höflich, um anzumerken, dass er die Angelegenheit offenbar vergessen habe. »Ich bin sicher, es wird sehr vergnüglich. Sind die Einladungen verschickt?«
    Humfrey starrte ins Leere.
    Clio warf einen Blick an die Decke, der nur »Ihr Männer seid doch alle gleich« bedeuten konnte. »Die Einladungen«, wiederholte sie. »Wie sonst sollten die Teilnehmer deiner Meinung nach denn sonst von dem großen Ereignis erfahren?«
    »Die Einladungen«, stimmte er ihr zu, als er endlich begriff. Se i ner Miene zufolge fühlte er sich mit dieser Aufgabe allerdings ein wenig überfordert.
    »Betraue Jenny Elfe damit.«
    Ein müdes Auge weitet e sich in dumpfer Überraschung.
    »Aber –«
    »Wen sonst?«, erkundigte Clio sich mit rhetorischem Schwung. »Sie ist tüchtig genug. Hast du dir wenigstens schon Gedanken gemacht, wem du die anderen Aufgaben zuteilen willst?«
    Humfrey senkte den Blick auf die Seiten des ungeheuren alten Buchs.
    »Lass das Buch der Antworten«, fuhr Clio ihn an. »Hier müssen wir ein wenig flexibler sein. Bitte deine Einstweilige Ehefrau, die Aufgaben zuzuweisen. Sie hat den angemessenen Geschmack und die nötige Finesse.«
    »Frau«, stimmte Humfrey erleichtert zu.
    Die Muse der Geschichtsschreibung wandte sich zum Gehen und hielt inne. »Ich verlasse mich darauf, dich dort zu sehen.«
    Humfrey zog ein Gesicht, als hätte er ein Stinkhorn verschluckt. Er verabscheute es, in die Öffentlichkeit zu gehen. Hier aber blieb ihm keine andere Wahl. »Ja.«
    Clio vollendete ihr Abwenden und trat aus dem unaufgeräumten Studierzimmer. Erst dann gestattete sie einem schwachen Lächeln, sich in die Nachbarschaft ihrer Lippen zu stehlen. Wer es nicht besser wüsste, hätte nun geglaubt, sie genieße es, dem berüchtigten Guten Magier Unbehagen zu bereiten.

1 – Ein schwarzer Traum
    Breanna fühlte sich vom Glück begünstigt. Zum Teil lag das an ihrem Aussehen, das immer fülliger wurde: Sie hatte glänzendes schwarzes Haar, das ihr bis
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