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Charlies Planet

Charlies Planet

Titel: Charlies Planet
Autoren: Gordon R. Dickson
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1.
     
    Die Türglocke des Hotelzimmers läutete.
    »Wer ist dort?« fragte Lige.
    Es kam keine Antwort. Lige rührte sich nicht. Er kaufte bereits zu lange Eingeborenenkunst auf diesen abgelegenen, erst kurze Zeit besiedelten Welten ein, um die Tür seines Hotelzimmers zu öffnen, ohne zu wissen, wer Einlaß begehrte. Außerdem näherte er sich nun dem achtzigsten Lebensjahr und war gewillt, lieber ein Gelegenheitsgeschäft zu versäumen als Risiken einzugehen.
    »Wer ist dort?« wiederholte er. »Melden Sie sich über die Sprechanlage. Der schwarze Kreis an der Tür.«
    »Mister«, sagte eine Stimme, »ich bin Cary Longan. Ich hatte Ihnen wegen einiger Schnitzereien meines Freundes geschrieben …«
    Es war der richtige Name. Lige justierte die Alarmschaltung neben dem Telefon auf eine Verzögerung von zwanzig Sekunden und drückte den Knopf. In zwanzig Sekunden würde er sich genug Klarheit darüber verschafft haben, ob er den Knopf zurückspringen oder den Alarm ausgelöst lassen sollte.
    »Öffnen«, sagte er zur Tür. Sie glitt beiseite und ließ einen für Siedlerwelten typischen Waldläufer ein. Die Kleidung unterschied sich von Planet zu Planet, aber der Geruch war immer gleichartig. Rauch von Holzfeuern, Schweiß, entsprechende heimische Düfte. Dieser Waldläufer war jung und zäh.
    »Mister, ich bin Cary Longan«, sagte er, als sich die Tür hinter ihm schloß. »Ich sollte Sie erinnern, daß Ihr voller Name Lige Bros Waters lautet, hieß es in Ihrem Brief.«
    Lige streckte den Arm aus und deaktivierte die Alarmanlage.
    »Treten Sie ein«, sagte er. »Nehmen Sie Platz.«
    Unbehaglich musterte Cary Longan das Hotelzimmer. Es war ein Raum, der Lige weniger als eine halbe Interplaneten-Einheit am Tag kostete. Sein Teppich war aus einheimischen Fasern gewebt, die Wände waren einfarbig gestrichen, und ein Schwebesessel oder dergleichen war nicht zu sehen. Das Mobiliar aus Holz und Stoffen ruhte schwer auf dicken Beinen.
    Aber der Waldläufer starrte es an, als befände er sich in einem Palast. Kürzlich hatte er sich rasiert und gewaschen. Doch sein magerer Hals war schmutzig. In seinen Kleidungsstücken aus Leder und Wolle machte er einen halbverhungerten, verwilderten Eindruck – eine ruß- und schmutzbefleckte Gestalt, gefangen in unvertrautem Gebiet. In den Händen trug er eine selbstgefertigte Holzschachtel von etwa fünfundzwanzig Zentimeter Kantenlänge.
    »Es ist schon recht«, meinte Lige. »Setzen Sie sich nur. Ich zahle für dieses Zimmer. Besucher können hier alles tun, wozu ich sie auffordere.«
    Cary trat ein. Er schob sich auf den Rand eines wuchtigen Sessels, der vor dem Bett stand, auf welchem Lige saß, und überreichte ihm die Schachtel. Das Gewicht überraschte. Fast wäre sie Lige entfallen. »Darin sind sie«, sagte Cary.
    »Die Schnitzereien Ihres Freundes?« Lige drehte und wendete die Schachtel, entdeckte, daß der Deckel sich herausziehen ließ, öffnete sie. Im Innern lag eine Anzahl rotbrauner Steine, für ihre Größe sehr schwer. Lige nahm einen nach dem anderen heraus und reihte sie auf der Bettdecke auf. Es waren sechs.
    Er ergriff jeden einzelnen und betrachtete ihn von allen Seiten, untersuchte sie nochmals. Dann sah er Cary an.
    »Was soll das? Ein Scherz?« fragte er.
    Cary hatte den Oberkörper vorgebeugt, wartete schmerzlich gespannt. Aber als Lige sprach, verwandelte die Spannung sich in Verwirrung.
    »Mister?«
    »Das …« Lige deutete mit einem Zeigefinger darauf. »Das sind Schnitzereien?«
    »Klar, Mister«, sagte Cary. »Wovon ich Ihnen geschrieben habe. Charlie hat sie gemacht.«
    »Tatsächlich?« Lige starrte Cary durchdringend an, aber Cary wirkte bloß verblüfft. »Sie haben ihn sie schnitzen sehen?«
    »Manche«, sagte Cary. »Einige hat er hergestellt, als ich nicht dabei war.«
    »Schnitzereien von was?«
    »Von …?«
    »Wenn man etwas schnitzt«, erklärte Lige geduldig, »bringt man es in Form eines Gegenstandes, den man sieht, bildet etwas ab, das man kennt. Diese Schnitzereien sollen doch aussehen wie gewisse besondere Dinge, oder?«
    »Dinge? Ja, sicherlich, Mister.« Carys Miene erhellte sich. Er griff zu und nahm mit Leichtigkeit den nächstliegenden Stein an sich, hielt ihn mühelos zwischen Daumen und Mittelfinger. Lige hatte ihn in die Handflächen legen müssen, um ihn bequem halten zu können. »Sehen Sie, das hier ist eine Narrenhenne, die auf ihrer Nistmulde hockt.«
    »Und dies …«, er legte den ersten Stein fort und hob den
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