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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie
Autoren: Aloys Winterling
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herausragende Gestalt des Feldherrn selbst und der mit seinen fünf Kindern besetzte Wagen.» (Tac.
ann.
2, 41, 3)
    Nur wenige Monate dauerte der Aufenthalt in Rom. Schon im Herbst desselben Jahres wurde Germanicus die Aufgabeübertragen, die Verhältnisse im orientalischen Teil des römischen Reiches neu zu ordnen. Wieder begleiteten ihn seine Frau Agrippina und auch Caligula, während die übrigen Geschwister in Rom zurückblieben. Die Fahrt gestaltete sich als eine Art Mischung aus Bildungs- und Herrscherreise. Germanicus, von dem neben militärischem Draufgängertum auch profunde Kenntnisse der griechischen und römischen Tradition und hohe literarische Bildung berichtet werden – er soll selbst griechische Komödien verfaßt haben –, besichtigte den Schauplatz der Seeschlacht bei Actium, wo Augustus, damals noch Oktavian genannt, den Marcus Antonius, Germanicus’ Großvater, besiegt hatte. Dann ging es weiter nach Athen, auf die Inseln Euböa und Lesbos, wo Agrippina ein weiteres Kind, Livilla, zur Welt brachte. Über das nordwestliche Kleinasien fuhr man nach Byzanz und zum Schwarzen Meer, dann zurück in die Ägäis, machte einen Abstecher nach Troja und reiste schließlich über Rhodos und weitere Stationen nach Syrien. Überall wurden dem potentiellen Thronfolger, seiner Frau und seinem kleinen Sohn größte Ehrungen zuteil. Wie wir aus erhaltenen Inschriften und Münzen wissen, nutzten einige Städte die Gelegenheit, Germanicus und Agrippina als Götter zu bezeichnen, eine Art der Herrscherverehrung, die im griechischen Osten eine lange Tradition hatte. Noch zwanzig Jahre später erinnerte die Stadt Assos an der kleinasiatischen Küste den mittlerweile zum Kaiser erhobenen Caligula daran, daß er hier zusammen mit seinem Vater zum erstenmal den Boden der Provinz Asia betreten habe.
    Von Syrien aus ging es nach Armenien, das unter römischem Einfluß stand und wo ein neuer König inthronisiert wurde. Nach der Reorganisation der Verwaltung vor allem in Kappadokien und Kommagene fuhr die Familie in die berühmte antike Weltstadt Alexandria. Hier hatten die ptolemäischen Könige in prachtvollen Palästen residiert, aber auch Caesar und Antonius mit der Königin Kleopatra zusammengelebt. Die Alexandriner, deren Stadt im Bürgerkrieg gewissermaßen den Gegenpol zu Rom gebildet hatte, feierten Germanicus mit großen Festlichkeiten. Nach einer Fahrt nilaufwärts mit der Besichtigung von Memphis und den Pyramiden ging es zurück nach Syrien.
    Hier nahm die Reise ein plötzliches und tragisches Ende. Germanicus erkrankte und starb am 10. Oktober des Jahres 19 im Alter von 33 Jahren. Er selbst hatte noch den Statthalter von Syrien, Cn. Calpurnius Piso, mit dem eine offene Feindschaft ausgebrochen war, beschuldigt, ihn vergiftet zu haben, und damit ein Gerücht in die Welt gesetzt, das bald auch den Kaiser Tiberius betraf: Dieser habe den Mord an seinem Adoptivsohn, der ihm durch die Beliebtheit bei Volk und Soldaten zum Rivalen geworden sei, selbst initiiert.
    Vorläufig ein letztes Mal stand Caligula, mittlerweile siebenjährig, im Zentrum außerordentlicher Ereignisse, die nun allerdings trauriger Natur waren. Als Agrippina zusammen mit ihm und Livilla die Urne mit den sterblichen Überresten des Germanicus nach Italien überführte, empfing sie schon in Brindisi eine gewaltige trauernde Menschenmenge. Zwei Kohorten der Prätorianer übernahmen das Geleit. Drusus, der Sohn des Tiberius, Claudius, der Bruder des Germanicus, die vier in Rom verbliebenen Kinder sowie die Konsuln, der Senat und Teile des stadtrömischen Volkes zogen dem Trauerzug bis zur Stadt Tarracina entgegen und geleiteten ihn weiter nach Rom. Dort wurden die sterblichen Überreste des Germanicus unter großer Anteilnahme der gesamten Bevölkerung im Mausoleum des Augustus beigesetzt.
    Der Tod des Vaters bedeutete nicht nur in familiärer Hinsicht einen gravierenden Einschnitt im Leben des Caligula. Die ersten sieben Jahre hatte er in herausgehobener Position in einem ausschließlich monarchisch geprägten Milieu verbracht: Monarchisch war die Rolle, die ein römischer Feldherr im Krieg ausübte, monarchengleich war die Stellung eines römischen Statthalters in der Provinz. Im Legionslager am Rhein, beim Triumphzug in Rom und bei der Reise durch den Osten des Reiches – stets war er von seinen Eltern einer Öffentlichkeit präsentiert worden, die ihre Verehrung für den herausragenden Prinzen Germanicus auf seinen kleinen Sohn übertrug. Die
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