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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie
Autoren: Aloys Winterling
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das aus Verwandtschaftsbeziehungen zum Kaiser entstehende politische Prestige zu einem nur schwer kontrollierbaren Faktor. Rivalitäten innerhalb der kaiserlichen Familie konnten entstehen, und diese wiederum eigneten sich ideal als Anknüpfungspunkt für aristokratische Parteiungen um mögliche Thronfolger und schließlich: für Verschwörungen. Augustus’ eigene Tochter Iulia machte den Anfang.Im Jahre 2 v. Chr. wurde sie wegen ihrer Beziehungen zu Iullus Antonius, dem Sohn des Triumvirn Marcus Antonius, des letzten Rivalen des Augustus im Bürgerkrieg, und anderen jüngeren Aristokraten aus Rom verbannt. Ob es um Ehebruch ging, wie ihr offiziell vorgeworfen wurde, oder um eine politische Verschwörung, wie man vermutete, ist letztlich irrelevant. Wenn die Kaisertochter, die schon durch drei Ehen präsumtiven Nachfolgern Kaiserformat verliehen hatte, eine enge Beziehung zu einem hohen Adligen knüpfte, war dies per se ein dramatisches, den Kaiser bedrohendes Politikum, egal welches ihr eigenes Motiv dabei war.
    Ähnliche Ereignisse sollten sich in den nächsten Jahrzehnten noch vielfach wiederholen. Sie führten dazu, daß von der weitverzweigten Verwandtschaft des Augustus beim Tode des Kaisers Nero, im Jahre 68, aufgrund von tatsächlichen oder vermeintlichen Verschwörungen und deren Folgen niemand mehr übrig war. Dieser vollständige Exitus der kaiserlichen Familie läßt sich kaum in moralischen Kategorien beurteilen. Er resultierte aus der politischen Relevanz jener Verwandtschaftsbeziehungen und ihrer potentiellen Lebensgefährlichkeit für alle Beteiligten.
3. Kindheit als «Soldatenstiefelchen»
    Seine ersten sieben Lebensjahre verbrachte Caligula in Germanien, Rom, Griechenland und dem Orient. Sein Vater Germanicus, der durch die augusteischen Adoptionsregelungen in einen Prinzenstatus gerückt war und der sich, wie die antiken Quellen vielfach berichten, aufgrund seiner stattlichen Erscheinung und seiner Leutseligkeit größter Beliebtheit und Popularität bei allen Gruppen der Bevölkerung erfreute, war seit dem Jahre 13 Befehlshaber der römischen Legionen am Rhein. Ihm kam dort die Aufgabe zu, Krieg gegen die rechtsrheinischen Germanenstämme zu führen, die den Römern wenige Jahre zuvor im Teutoburger Wald eine empfindliche Niederlage zugefügt hatten. Seine Ehefrau Agrippina folgte ihm nach, und wenig später wurde auch der kleine Sohn hinterhergeschickt, der so in einem Legionslager seine frühe Kindheit verbrachte.Agrippina, die sich gelegentlich auch energisch in militärische Angelegenheiten einmischte, soll es gewesen sein, die den kleinen Gaius in eine Art Miniuniform der römischen Legionäre steckte, um so den einfachen Soldaten zu schmeicheln und ihre Zuneigung zu gewinnen. Nach den Soldatenstiefelchen, die das Kind trug, bekam es seinen Spitznamen Caligula, der ihm sein Leben lang anhing.
    Agrippina hatte die Reaktion der Soldaten richtig eingeschätzt. Der Kleine wurde der Liebling des Legionslagers. Bei einer gefährlichen Meuterei der Rheinarmeen, die nach dem Tod des Augustus ausbrach und in deren Verlauf die Soldaten Germanicus gegen dessen Willen zum Kaiser auszurufen versuchten, soll er sogar eine entscheidende Rolle gespielt haben. Als der Feldherr wegen der unsicheren Lage Frau und Kind mit ihrem Gefolge aus dem Lager entfernen und nach Trier schicken wollte, sollen die Soldaten, beschämt über die Folge ihrer Meuterei, eine Umkehr vollzogen haben. Eine andere Quelle berichtet, sie hätten Caligula als Geisel genommen, um so seine Entfernung zu verhindern.
    Im Frühsommer des Jahres 17 erfolgte die Rückkehr nach Rom, wo Germanicus für seine Feldzüge gegen die Germanen mit einem Triumph geehrt wurde. Ein solcher Festzug für siegreiche Feldherrn war traditionell das Ziel jedes aristokratischen Lebenslaufes, das nur wenige erreichen konnten und das den Ruhm ihrer Familien beträchtlich erhöhte. Der Triumph des Germanicus soll mit außergewöhnlichem Pomp veranstaltet worden sein. Es wurden Beutestücke, Gefangene und Nachbildungen der Berge, Flüsse und Schlachtfelder mitgeführt, um die Taten des beliebten Feldherrn dem stadtrömischen Publikum anschaulich vor Augen zu führen. Caligula, knapp fünf Jahre alt, und seine mittlerweile vier Geschwister standen mitten im Zentrum des prachtvollen Geschehens, bei dem die Weltstadt den militärischen Erfolg im Norden feierte und den Germanicus ehrte: «Es fesselte die Zuschauer», berichtet Tacitus in den
Annalen,
«die
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