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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune
Autoren: Donna Leon
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sah, daß sie mit dem linken Fuß, dem ohne Schuh, ein wenig hinkte.
    »Commissario«, hörte er hinter sich Vianello rufen.
    Brunetti drehte sich um, und da stand er, in Jeans und dickem Wollpullover; über dem Arm noch einen zweiten Pullover. Hinter ihm stand ein Mann, ebenfalls in Zivil, aber mit einer Jagdflinte in der Hand: zweifellos dieser Massimo, von dem Vianello gesagt hatte, daß er ihn schnell hier herausbringen werde.
    »Da drüben, bei der Festung, liegt ein Mann auf dem Boden. Passen Sie auf ihn auf«, rief Brunetti dem mit der Flinte zu, dann winkte er Vianello zu sich und folgte Signorina Elettra.
    Der Strand war mit Unrat übersät, diesen hunderterlei Dingen, die bei jedem Sturm vom Grund der Lagune hochgewirbelt werden, um am Strand zu verrotten oder aber beim nächsten Sturm zurückbefördert zu werden in ihre nasse Deponie. Er sah Teile von Rettungsbojen, zahllose Plastikflaschen - teilweise fest zugeschraubt -, abgerissene Stücke von Fischnetzen, Schuhe und Stiefel und so viel Plastikbesteck, daß man eine ganze Armee damit hätte ausrüsten können. Immer wenn Brunetti ein Stück Holz sah, sei es ein abgebrochenes Ruder oder einen abgerissenen Ast, mußte er den Blick abwenden. Dann schon lieber Flaschen und Plastikbecher.
    Als sie Signorina Elettra einholten, kniete sie im Sand. Vor ihr lag im seichten Wasser ein Fischerboot mit eingedrückter linker Seite, und drum herum begann sich auf dem Wasser ein schwarzer Ölteppich auszubreiten.
    Sie hörte die beiden kommen und blickte auf. »Ich weiß nicht, was passiert ist, aber er ist fort.«
    Vianello ging zu ihr, legte ihr den zweiten Pullover um die Schultern und bot ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen. Sie ignorierte die Hand, streifte den Pullover von ihren Schultern und ließ ihn in den Sand fallen.
    Vianello ging neben ihr in die Hocke. Eilig hob er den Pullover auf, legte ihn ihr wieder um die Schultern und knotete die Ärmel unter ihrem Kinn zusammen. »Kommen Sie jetzt mit uns«, sagte er im Aufstehen und half ihr auf die Beine.
    Er begann zu reden, unterbrach sich aber, als er etwas aus Richtung Pellestrina hörte. Alle drei drehten wie die Hühner auf der Stange ihre Köpfe in die Richtung, aus der dieses mißtönende Jaulen kam, das die Ankunft der Carabinieri verkündete.
    Elettra begann unbeherrscht zu zittern.
    Sie standen wartend am Strand, während das Boot der Carabinieri näher kam. Es schwenkte in einem engen Bogen herein, und der Bootsführer ließ es ein paar Meter vor dem Strand ausgleiten. Drei Carabinieri in kugelsicheren Westen standen am Bug und hielten Gewehre auf die am Strand Stehenden gerichtet. Als der Mann am Ruder Vianello erkannte, rief er den anderen zu, sie sollten ihre Waffen sinken lassen, was sie dann auch widerstrebend taten.
    »Zwei Mann kommen her und fassen mit an!« rief Brunetti, ohne sich darum zu kümmern, daß er auch als Commissario diesen Leuten nichts zu befehlen hatte. »Bringen Sie die Frau ins Krankenhaus.« Die drei Carabinieri blickten fragend ihren Bootsführer an, der nickte. Einen Landesteg gab es hier nicht, deshalb würden sie ins Wasser springen und an Land waten müssen. Während sie noch zögerten, drehte Signorina Elettra sich zu Brunetti um und sagte: »Ich kann nicht ohne ihn zurück.«
    Ehe Brunetti antworten konnte, nahm Vianello sie einfach auf die Arme, ging ms Wasser und watete zum Boot. Brunetti sah noch, wie sie zu protestieren anfing, aber was sie sagte, und was Vianello darauf erwiderte, war bei dem Geplatsche nicht zu hören. Als Vianello das Boot erreichte, kniete einer der Carabinieri sich auf die Decksplanken und nahm ihm Signorina Elettra aus den Armen.
    Er setzte sie ab, und Brunetti sah Vianello noch hinübergreifen und den Pullover fester um ihre Schultern legen, dann setzte das Boot sich wieder in Bewegung. Vianello im Wasser und Brunetti am Strand sahen ihm nach, wie es immer kleiner wurde, aber Signorina Elettra drehte sich nicht noch einmal zu ihnen um.
    Vianello kam an Land zurück, und schweigend gingen die beiden Männer zurück zu Massimo und seinem Gefangenen. Vianellos Freund saß auf demselben Stein, auf dem zuvor Brunetti gewartet hatte, die Flinte auf den Knien. Als der Gefesselte die beiden Polizisten näher kommen sah, schrie er im Befehlston: »Schneiden Sie mich los!« Keiner kümmerte sich um ihn.
    »Bonsuan ist da unten«, sagte Brunetti, wobei er auf den Durchgang mit den abwärtsführenden Stufen zeigte. Man konnte jetzt, nachdem das
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