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Bravo, liebes Hausgespenst!

Bravo, liebes Hausgespenst!

Titel: Bravo, liebes Hausgespenst!
Autoren: Marie Louise Fischer
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sie zwar nicht über sich, aber bis zum Gasthof hielt sie immerhin den Mund und verschluckte einige boshafte Bemerkungen, die ihr auf der Zunge lagen.
    „Ich weiß jetzt, was dein Amadeus ist!“ wiederholte Norbert eifrig. „Ich habe mit meinem Vater über ihn gesprochen...“ Monika blieb stehen. „Du hast ihm doch nichts erzählt?!“
    „Aber nein, nur keine Sorge, ich halte, was ich verspreche! Ich habe meinem Vater nur ganz allgemein den Fall geschildert, so als wenn ich ihn gelesen hätte...“
    „Und?“
    „Euer Amadeus ist ein Kobold!“
    „Ein Spaßmacher?“ fragte Monika in einem Ton, als setzte sie drei große Fragezeichen.
    „Was du meinst, ist ein Witzbold!“ stellte Norbert richtig. „Kobolde sind kleine Haus- und Höhlengeister.“
    „Ja, gibt’s denn die wirklich?“
    „Das fragst du mich? Du kennst doch Amadeus besser als ich.“
    „Aber er sagt doch, er wäre ein Junge, der...“
    „…vor mehr als zweihundert Jahren in eurem Haus gelebt haben will. Aber mein Vater sagt, so etwas gibt es gar nicht. Es kommt zwar vor, daß ein Mensch nicht gleich merkt, daß er gestorben ist und dann noch eine Weile gespenstert, aber nur ein paar Wochen oder höchstens ein paar Monate lang. Das ist doch ganz klar: Auf die Dauer muß doch selbst der Dümmste merken, daß seine Leute ihn nicht aus Bosheit übersehen, sondern weil er einfach nicht mehr da ist. Die Seele eines Toten kann sich ja auch nicht mehr im Spiegel sehen und wirft auch keine Schatten. Er kann nicht mehr essen und wenn er sich ins Bett legt, entsteht keine Delle.“
    „Darüber habe ich nie nachgedacht“, mußte Monika zugeben. „Mein Vater hat mir das alles erklärt. Außerdem gibt es hilfreiche Geister, sagt mein Vater — ich glaube, das habe ich dir schon einmal erzählt —, die sich um die Seelen kümmern und ihnen beim Übergang ins Jenseits helfen. Dein Amadeus muß ein Kobold sein.“
    Ingrid hatte inzwischen ihren Groll einigermaßen überwunden. „Und wie kommt er dazu, sich so eine Geschichte auszudenken?“
    „Die Geschichte ist wahrscheinlich wahr, sagt mein Vater. Kobolde sind ja in der Regel unsichtbar. Sie können aber unter Umständen die Gestalt und die Lebensgewohnheiten eines Verstorbenen annehmen. Sag mal, Moni, erzählt Amadeus viel von sich? Und aus der Zeit, in der er angeblich lebte?“
    „Furchtbar wenig. Zuerst hatte ich gedacht, ich könnte Geschichte von ihm lernen. Aber es ist so gut wie nichts aus ihm herauszubringen.“
    „Noch ein Beweis, daß er ein Kobold ist!“
    „Ich habe noch nie von Kobolden gehört“, sagte Ingrid. „Doch, einen kennst du bes-timmt“, erklärte Norbert vor Aufregung mit spitzem st, „den Klabautermann. Oder ist über ihn nichts bis hierhergedrungen?“
    „Doch“, sagte Monika, „das ist der, der auf den großen Segelschiffen rumpolterte…“
    „...und der den Seeleuten erschien, um sie zu warnen, bevor das Schiff unterging!“ ergänzte Ingrid.
    „Genau der.“
    „Aber den gibt’s doch heute nicht mehr!“
    „Doch, ganz bes-timmt. Geister s-terben ja nicht. Nur läßt er sich wohl nicht mehr blicken, weil es die großen Schoner kaum noch gibt, und auf den modernen Schiffen wird es ihm zu laut sein. Lärm können Kobolde nicht gut vertragen.“
    Sie hatten den „Gasthof zur Post“ erreicht und traten ein. Nach der Kälte in der freien Luft war es hier drinnen angenehm warm. Sie waren nicht allein. Auch andere Schüler und Schülerinnen aus Heidholzen hatten vor dem Nachhausegehen einen Abstecher hierhergemacht. Aus der Musikbox, die gar nicht zu der altmodischen, holzgetäfelten Wirtsstube passen wollte, dudelte der neueste Schlager.
    Monika wählte einen Tisch, der so weit wie möglich von der Musikbox und den anderen entfernt war. Ingrid und Norbert folgten ihr. Sie zogen ihre Mützen und Anoraks aus, stellten die Schultaschen auf die Bank und nahmen Platz.
    „Ich nehme nur eine Tasse Kakao“, entschied Monika, „sonst verschlägt’s mir den Appetit.“
    „Ich gönne mir ein Butterbrot dazu“, sagte Norbert, „das hat letztesmal fabelhaft ausgesehen.“
    „Ihr wart schon einmal zusammen hier?“ fragte Ingrid in einem erneuten Anfall von Eifersucht.
    „Na und?“ gab Monika zurück. „Du und ich doch schon so oft. Wir hatten etwas zu besprechen. Wie heute.“ Sie wandte sich an Norbert. „Kobolde sind also so eine Art Heinzelmännchen?“
    „Nein. Übrigens glaube ich nicht, daß es Heinzelmännchen je wirklich gegeben hat. Aber jedenfalls
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