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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition)
Autoren: Kerstin Kroll
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    I
     
     
    Menschen für Geld zu töten, ist ein einträgliches Geschäft. Ich muss es wissen, denn ich mache diesen Job jetzt seit zwölf Jahren. Für meine Branche ist das viel. Auftragsmörder leben allgemein nicht lange. Nur die Besten halten zehn Jahre und mehr durch. Ich gehöre zu diesen Besten, das behaupten zumindest meine Kunden. Mir ist es egal. Sie bezahlen und ich töte. Ein reines Geschäft. Ich kenne sie nicht und sie kennen mich nicht. Es gibt keine Namen und keine Gesichter. Es gibt nur das Internet, sichere E-Mails, Postfächer und Bankkonten überall auf der Welt.
    Mein Leben besteht aus Ziffern und Namen, die mir nicht gehören, und einer von diesen Namen hat ihn auf meine Spur gebracht. Jannik Whistler, der einzige Sohn von Richard Whistler, einem meiner Opfer. Whistler war ein Geschäftsmann und ein Arschloch, wie er im Buche stand. Ehebrecher, Dieb, Steuerhinterzieher – er hat Millionen Dollar am Fiskus und seinen Geschäftspartnern vorbeigeschleust. Den Fiskus kann man betrügen, wenn man gut genug dafür ist. Von der Yakuza sollte man in der Hinsicht allerdings die Finger lassen.
    Richard Whistlers Leben war seinen geprellten Geschäftspartnern zehn Millionen Dollar wert.
    Ich habe nicht mal eine Kugel an ihn verschwendet. Mein Messer tat es auch und vor allem war es weitaus effizienter.
    Selbst mit Schalldämpfer machen Pistolen und Gewehre viel zuviel Krach, hinterlassen beim Schießen verwertbare Spuren und wenn man Pech hat, überlebt das Opfer einen Kopf- und Herzschuss sogar noch. Das kommt zwar nur äußerst selten vor, ist aber möglich. Ein Messer ist persönlicher. Man muss ganz nahe ran und hat den Blick bis zum Schluss auf das Opfer gerichtet.
    Ich weiß, dass ich mit dieser Einstellung zu den Exoten gehöre. Die meisten Auftragsmörder bevorzugen Kugeln, einige experimentieren gern mit Giften herum, wieder andere nehmen ihre bloßen Hände. Ich spiele bevorzugt mit scharfen Klingen. Bei Whistlers Geliebter war das allerdings nicht nötig. Ein gezielter Schlag in ihren Nacken und das darauffolgende Knacken machte deutlich, dass der Kollateralschaden später mit gebrochenem Genick in der Leichenhalle liegen würde.
    Ich habe den Job erledigt und Whistler vergessen.
    Bis vor drei Monaten der Alarm an einer meiner falschen Identitäten losging, zu der neben einem Bankkonto, ein Haus in New York und ein Motorrad gehören.
    Ich gestehe, ich war überrascht.
    Die ersten zehn Sekunden, nachdem bei meiner Suche nach dem Grund des Alarms der Name Jannik Whistler auf meinem Bildschirm erschien, war ich ehrlich erstaunt. Nie zuvor war mir jemand so nahe gekommen. Wobei ich zugeben muss, dass auch noch niemand einen Grund dafür hatte. Doch der Junge hatte einen und er war gut. Nicht nur der Grund für seine Suche, sondern Jannik Whistler selbst.
    Ein kleiner Computerfreak, vollkommen naiv in seiner Schnüffelei nach mir und dabei offenbar fest entschlossen, mich zu finden, egal wie lange es dauern würde. Dass ich für solche Fälle vorgesorgt hatte, schien ihm gar nicht in den Sinn zu kommen. Er schien auch keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass er mich mit seiner Suche nach mir alarmieren könnte. Allerdings stellte er sich wirklich nicht dumm an und deshalb war ich erstaunt und zugleich amüsiert.
    Ich behielt ihn im Auge.
    Es dauerte ein paar Stunden, bis ich herausfand, wie mir der Junge überhaupt auf die Schliche gekommen war. Mit einer Engelsgeduld hatte sich Whistler in die Datenbanken der Polizei gehackt und sich die Akte über den Mord an seinem Vater unter den Nagel gerissen. Inklusive der Passagierlisten von Flug 384 aus London, Heathrow, mit dem ich damals über New York City hergekommen war. Das war in den Augen der Polizisten nie von Bedeutung gewesen, für Jannik Whistler allerdings schon.
    Er hatte den Namen Sergej Romanov gelesen, sich aus irgendeinem Grund darüber gewundert und herausgefunden, dass derselbe Sergej Romanov zwei Tage nach dem Mord in ein Flugzeug zurück nach New York City gestiegen war, um von dort aus nach London zu fliegen.
    Dass Sergej Romanov, ein russischer Geschäftsmann aus Moskau, ein Haus außerhalb von Albany besaß, hatte die Polizei ebenfalls nicht weiter gestört. Meine falsche Identität war ein reicher Geschäftsmann mit perfekten Papieren. Niemand hätte mir daraus einen Strick drehen können, aber um ehrlich zu sein, bestand die Gefahr ohnehin nicht.
    Cops scheren sich nicht sonderlich um ermordete Geschäftsmänner, die
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