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Bravo, liebes Hausgespenst!

Bravo, liebes Hausgespenst!

Titel: Bravo, liebes Hausgespenst!
Autoren: Marie Louise Fischer
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wobei er Norberts spitzes st nachahmte.
    Die anderen kugelten sich.
    Monika erhob die Stimme, um die anderen zu übertönen. „Allmählich langt’s. Der Witz hat so ’nen Bart. Stellt euch nur vor, wie ihr ausschauen würdet, wenn ihr ab mögen in Preußen zur Schule gehen müßtet!“
    „Dös taat i nia!“ erklärte Peter in breitestem Bayerisch.
    Aber die meisten hörten doch auf zu lachen, denn Monikas Worte hatten Eindruck gemacht.
    Hinter sich hörte sie zwei Mädchen miteinander tuscheln.
    „Du, ich glaub, die Moni spinnt auf den Preußen!“
    „Sie sucht fei einen Freund!“
    Wutentbrannt drehte Monika sich um. „Ihr irrt gewaltig“, zischte sie, „ich brauche keinen Freund... ich hab schon einen!“
    „Ah, wirklich? Wie heißt er denn?“
    „Amadeus.“
    „Und wo geht er zur Schule?“
    „Überhaupt nicht. Er braucht nicht mehr in die Schule zu gehen!“
    Diese Behauptung machte Eindruck, und Monika spürte, daß sie Punkte gewonnen hatte. Da sie einen älteren Bruder hatte, der oft seinen Freund mitbrachte, war sie selber noch gar nicht an Jungen interessiert. Aber viele in der Klasse, das wußte sie, wünschten sich einen Freund, wenn sie auch selber noch nicht recht wußten warum. Daß sie nun einen Freund zu haben vorgab, der schon schulentlassen war, einen großen Jungen also, machte sie beneidenswert.
    Mehr noch freute es Monika, daß Norbert, als er in der nächsten Stunde wieder „über den s-pitzen S-tein s-tolperte“ nicht mehr ausgelacht wurde. Sie hoffte, daß es damit nun endgültig vorbei sein würde.
    Als die Schule aus war, hatte es aufgehört zu schneien, aber die weiße Pracht bedeckte den Bürgersteig und die Straßen um einen guten halben Meter. Es hatte schon die ganze Nacht geschneit, und die Raumfahrzeuge hatten den Schnee noch nicht beiseite schaffen können. Die Fahrer der Omnibusse, die die Kinder aus der Umgebung in die Mittelpunktschule nach Geretsried zu bringen pflegten, hatten Schneeketten um die Räder legen müssen. Schneebälle flogen hin und her und gegen die Fensterscheiben, bis alle eingestiegen waren.
    Monika, die nur zwanzig Minuten entfernt wohnte, konnte zu Fuß nach Hause gehen. Sie trug eine Skihose und hohe Stiefel, und es machte ihr Spaß, durch den tiefen Schnee zu stapfen.
    „Ganz schön anstrengend, wie?“ sagte nach einer Weile eine wohlbekannte Stimme hinter ihr.

    Sie drehte sich um und sah Norbert erstaunt an. Auch er pflegte nicht mit dem Bus zu kommen, aber das Haus, in das seine Eltern gezogen waren, lag auf der anderen Seite von Geretsried.
    „Ich wollte dich nur etwas fragen“, erklärte er.
    „Und deshalb stiefelst du hinter mir her? Das hättest du schon vorhin tun können.“
    „Da waren wir nicht allein.“
    Monikas Augen wurden immer größer. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum Norbert mit ihr allein sein wollte.
    „Hast du wirklich einen Freund?“ fragte er.
    „Wie kommst du darauf?“
    „Einen, der Amadeus heißt und nicht mehr zur Schule zu gehen braucht?“
    Monika hatte es schon bereut, daß sie sich mit der Freundschaft von Amadeus aufgespielt hatte und es so schnell wie möglich vergessen wollen. Immerhin war es nicht gelogen gewesen. Aber unmöglich konnte sie Norbert jetzt erklären, daß dieser Amadeus ein Hausgespenst war, der behauptete, ein zwölfjähriger Junge zu sein und immer wieder französische Brocken in die Unterhaltung einfließen ließ. Das hätte Norbert kaum geglaubt, ganz davon abgesehen, daß sie ihren Eltern versprochen hatte, mit niemandem darüber zu reden.
    „Warum willst du das denn wissen?“ fragte sie unbehaglich.
    „Nur eben so.“
    „Ich finde, es geht dich nichts an.“
    „Dann hast du wohl nur angegeben?“ fragte Norbert.
    „Denk, was du willst!“ Monika wandte sich ab und begann weiterzustapfen, sehr froh, daß sie ohne eine direkte Lüge davongekommen war.
    Aber Norbert holte sie schnell wieder ein. „Du, ich komm dich mal besuchen, ja?“
    „Lieber nicht!“ sagte Monika impulsiv, dann erst wurde ihr klar, daß Norbert sich durch diese Abfuhr gekränkt fühlen mußte. „Ich habe ein Pferd, weißt du, das ich selber versorgen muß“, fügte sie hinzu, „und überhaupt furchtbar viel zu tun.“ Sie hatte sich zu ihm umgedreht und sah seine Enttäuschung. „Schade“, sagte er.
    Sie begriff, wie einsam er sich in der fremden Umgebung fühlte und wie sehr er gehofft hatte, bei ihr Anschluß zu finden. „Vielleicht können wir uns mal irgendwo treffen“, schlug sie
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