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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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Anwalt geredet hat, ist die Chose gelaufen.
    Plötzlich zündete eine hilfreiche Idee in seinem pulsierenden Hirn. Er blickte sich demonstrativ um. »Schauen Sie selbst. Entdecken Sie hier irgendwo ein Telefon?« Nur eine minimale Veränderung in seiner Stimme zeugte noch von dem gewaltigen Schock, den Michalskys Satz in ihm ausgelöst hatte. Ohne eine Reaktion des Künstlers abzuwarten, ergänzte er sogleich: »Na, sehen Sie. Ich verspreche Ihnen, wenn wir hier fertig sind, werden Sie in einen anderen Raum gebracht. Von da aus können Sie Ihren Anwalt anrufen – und dort dürfen Sie auch rauchen.«
    Einen Moment lang ruhten seine Augen auf dem Antlitz des jungen Bildhauers. Sieht ein bisschen dem jungen Klaus Kinski ähnlich, sinnierte er. Schnell verscheuchte er die abschweifenden Gedanken.
    »Wieso sprechen Sie überhaupt dieses perfekte Hochdeutsch?«, sprudelte es ungeprüft aus seinem Mund.
    Eigentlich hatte er auf diese unüberlegte, zusammenhanglose Frage keine Resonanz erwartet. Aber zu seinem großen Erstaunen antwortete Gregor Michalsky sofort:
    »Meine Mutter war Schauspielerin am Pfalztheater«, erwiderte er in besonders geschliffener Form. »Sie hat erfreulicherweise sehr großen Wert darauf gelegt, dass ich diese primitive, grässliche Bauernsprache nicht erlerne.«
    »So«, meinte Tannenberg einsilbig. Er war gedanklich noch immer mit der Frage beschäftigt, wieso er gerade solch eine belanglose Sache hatte wissen wollen.
    Weil du an die Taxi-Kassette gedacht hast, die du ihm allmählich mal vorspielen solltest, meldete sich seine innere Stimme erläuternd zu Wort, sonst geht’s hier überhaupt nicht voran.
    Unvermittelt riss Michalsky seine Arme in die Höhe, drückte den Daumen seiner fächerartig gespreizten Hand auf die Nase und die andere dahinter. »Ätsch, veräppelt, Ma-ma war gar keine Schauspielerin. Ma-ma war Buchhalterin.«
    Nun platzte Tannenberg der Kragen. Er schlug mit der flachen Hand so fest auf den Tisch, dass sich ein brennender Schmerz von den Fingern bis zum Ellbogen ausbreitete.
    »Du bescheuerter Blödmann!«, brüllte er. »Wir sind hier doch nicht im Kasperletheater!« Er schlug Michalskys Hände von dessen Nase weg, griff in sein T-Shirt und zog ihn über den Tisch zu sich heran. Feiner Sand rieselte auf seine Ärmel herab. »Du hast drei Menschen ermordet, du elender Drecksack. Ich werde dafür sorgen, dass du gleich dein Maul aufmachst. Ich geh jetzt raus. Und wenn ich wiederkomme, nehm ich dich mal richtig zur Brust. Da kannst du dich schon mal drauf freuen.«
    Er ließ ihn los, wischte sich angewidert den rötlichen Staub von seinem Sakko. »Macht mal weiter, Sabrina. Mir reicht’s im Moment. Ich ertrag diese Gespensterfresse nämlich nicht mehr länger.«
    Während er sich erhob, signalisierte er Mertel mit einer Augenbewegung, dass er ihm nach draußen folgen solle. Dr. Schönthaler begleitete die beiden. Sie stellten sich in dem direkt danebenliegenden Raum hinter den Einwegspiegel und blickten ins Verhörzimmer.
    »Das war wohl das Startsignal für den Böser-Bulle-Lieber-Bulle-Trick, nicht wahr, alter Junge?«
    »Ja, das war er, Rainer. Hat ja auch schon oft genug geklappt. Aber ob er bei diesem ausgekochten Mistkerl da drin funktioniert.« Er seufzte tief. »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Mal abwarten, wie sich die Sache weiterentwickelt, wenn erst mal die Drogenwirkung nachlässt«, sagte der Rechtsmediziner. »Also, wenn er außer Haschisch keine weiteren Drogen konsumiert hat, können wir davon ausgehen, dass das Wirkungsmaximum etwa 30 bis 60 Minuten nach Einnahme der Drogen erreicht ist.«
    »Das müsste doch schon bald sein«, meinte Tannenberg.
    »Ja.« Dr. Schönthaler zog seine Taschenuhr heraus und ließ den Deckel aufspringen. »Du hast recht. Ich bin mal sehr gespannt, wie er reagieren wird. Manchmal schlägt die Stimmung dann urplötzlich radikal um: Aus Euphorie wird Depression, aus Tollkühnheit wird Angst. Diese Reaktionen sind bei Haschisch allerdings atypisch und daher wohl eher selten.« Er ließ einen Augenblick verstreichen, bevor er grinsend eine weitere Bemerkung nachschob: »Obwohl dieses Zeug heute viel stärker ist, als das, was wir früher reingezogen haben.«
    »Du vielleicht – ich nicht«, zischte der Leiter des K 1.
    »Weil du immer nur Bacchus gehuldigt hast.«
     
    Die nächsten zehn Minuten beobachteten die Männer, wie Sabrina perfekt die Rolle der freundlichen, einfühlsamen Polizistin spielte. In der Gewissheit, dass
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