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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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unbeleuchteten Rotsandweg zur B 40. In gebührendem Sicherheitsabstand wartete Tannenberg, bis seine Kollegin den Dienstwagen zu dieser von der Bundesstraße her nicht einsehbaren Stelle chauffiert hatte.
    Nun fand die ungewöhnliche und sicherlich auch etwas fragwürdige Kreuzigungsprozession ihr Ende. Man befreite den Künstler aus seinem unbequemen Kreuzhang und verfrachtete ihn auf Tannenbergs ausdrücklichen Wunsch hin in den Kofferraum des Zivilfahrzeugs. Diese Aktion war zwar nicht unbedingt weniger makaber, aber diese Variante hatte einen wesentlichen Vorteil: Auf diese Weise war es nämlich möglich, den vermeintlichen Übeltäter ungesehen in die Tiefgarage der Polizeiinspektion am Pfaffplatz zu schmuggeln.
    Tannenbergs tiefsitzendem Rachebedürfnis war damit zumindest für eine Weile Genüge getan. Die Vorfreude auf das nun anstehende Verhör versetzte ihn in eine geradezu euphorische Stimmung. Laut pfiff er die Melodie von ›Ein Tag, so wunderschön wie heute‹, die ihm von seinem Besuch bei den Hellmanns immer noch im Ohr klang. Dazu wiegte er den Oberkörper schunkelnd hin und her und trommelte auf das Armaturenbrett.
    »Mach mal nicht so doll, sonst löst du noch den Airbag aus«, scherzte der Kriminaltechniker von der Rückbank her.
    »Dann sing ich eben«, gab der Leiter des K 1 zurück. »Wir sind ja sowieso alle Künstler – auf irgendeine Art. Ich bin ab jetzt Gesangskünstler. So ein Tag, so …«
    »Oh bitte, Herr, lass Stille vom Himmel regnen!« Dr. Schönthaler legte ihm beide Hände auf die Schultern. Mit energischer Stimme zischte er: »Wolf, sei mal ruhig! Hörst du das nicht?«
    »Was?«
    »Malleus, Uncus und Stapes – vereint zu einem Klagelied.«
    Irritiert wandte sich sein Freund ein Stück zu ihm um. Als er dabei jedoch die Schmerzblockade in seinem Genick erreichte, drehte er den Kopf wieder langsam zurück in die Fahrtrichtung. »Wer?«, stöhnte er auf.
    »Hammer, Amboss, Steigbügel – meine Gehörknöchelchen flehen dich an.«
    »Dilettant!«, schimpfte Tannenberg. Dann beschäftigte er sich wieder mit einem ernsteren Thema. »Karl, wir bringen unseren blinden Passagier zu dir runter in die Katakomben. Und zwar in das alte Befragungszimmer mit der Spiegelwand. Wir können nämlich nicht ausschließen, dass oben im K 1 irgendwann der Hollerbach oder der Eberle auftauchen.«
    »Gute Idee. Obwohl …«
    »Obwohl, was?«
    »Willst du dich nicht mal bei den beiden Herren melden und sie über unseren grandiosen Ermittlungserfolg informieren?«
    »Nee, nee, Karl, erst bringen wir diese Sache hier zu Ende. Und zwar ganz allein. Das sind wir unseren ermordeten Mitbürgern schuldig.«
    Und das bin ich meiner Familie schuldig, ergänzte er in Gedanken, vermied es aber, seinen persönlichen Rachefeldzug der Öffentlichkeit preiszugeben. Niemand darf sie ungestraft mit dem Tode bedrohen! Niemand!
    »Hast ja recht!« Mertel wollte offensichtlich vermeiden, dass Michalsky von dem, was er gleich sagen wollte, etwas mitbekam. Deshalb beugte er sich nach vorne und bat Sabrina, das Autoradio einzuschalten.
    Als laute Musik das Autoinnere beschallte, fuhr er mit flüsternder Stimme fort. »Übrigens, Wolf, wenn der wirklich so cool ist, wie er sich gibt, dann ist es vielleicht gar nicht so einfach, ihn zu überführen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Es ist meines Erachtens nicht unwahrscheinlich, dass er damit gerechnet hat, dass wir irgendwann bei ihm aufkreuzen werden. Und wenn das so ist, dann war er auch sicherlich so schlau, die Tatwaffe, die getragene Kleidung etc. verschwinden zu lassen. Was glaubst du wohl, wie viele Verstecke es auf diesem Steinbruchgelände gibt.«
    Tannenberg brummte nachdenklich.
    »Da finden wir nie etwas. Vielleicht hat er ja auch alles irgendwo im Wald verbuddelt.« Der berufserfahrene Spurenexperte seufzte. »Was haben wir denn eigentlich gegen ihn in der Hand? Den Sprengstoff besitzt er ganz legal. Die Leuchtkörper braucht er für diese Lichtkunst. Bei den Morden am Hungerbrunnen hat er garantiert Handschuhe getragen. Reifenspuren gab es aufgrund des Asphalts keine. Wir haben keine Tatzeugen.«
    »Aber«, erwiderte der Leiter der Mordkommission gedehnt, »wir haben doch die Tonbänder mit seiner Stimme drauf. Und die Übereinstimmung mit unserem Fahrgast lässt sich doch wohl hoffentlich technisch unzweifelhaft klären.«
    Mertel schnallte sich ab und näherte sich Tannenbergs Ohr bis auf wenige Zentimeter. »Ja, das schon, Wolf. Aber du weißt
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