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0336 - Die Todesmaske

0336 - Die Todesmaske

Titel: 0336 - Die Todesmaske
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»So ein Quatsch«, sagte der Mann im weißseidenen Rüschenhemd. »Es gibt keine Gespensterschiffe.«
    »Und wer hat dann die CLARKTOWN versenkt, bitte?« fragte Robert Tendyke trocken. »Von allein geht ein Schiff dieses Typs nicht unter.« Er schob seinen ledernen Stetson weiter in den Nacken und sah sein Gegenüber kritisch an.
    Alles an Pete Yancey war weiß. Die Stiefel, die Satinhose, die wie eine zweite Haut saß, das Hemd, die Kapitänsmütze - und sogar die Augenklappe, die sein linkes Auge bedeckte. Alles war fleckenlos, und wer Yancey genau beobachtete, konnte sehen, wie sehr er darauf bedacht war, allem Schmutz aus dem Wege zu gehen. Er hatte darin eine unbeschreibliche Routine und Geschicklichkeit entwickelt. Jetzt hob er die Hand und winkte zum Tresen. Wenig später erschien ein spärlich bekleidetes Mädchen und stellte eine neue Flasche Gin vor den zerlumpten Seemann und ein neues großes Glas mit Whisky vor Pete Yancey.
    Robert Tendyke nippte immer noch an seinem ersten Drink. Er hatte auch nicht die Absicht, es zu einem zweiten kommen zu lassen. Er wollte einen klaren Kopf bewahren.
    So wie Yancey ganz in weißem Satin erschien, kleidete Tendyke sich in Leder. Braune weiche Cowboystiefel, eine graue Lederjeans, ein braunes ledernes Fransenhemd und der lederne Stetson. Die große Gürtelschnalle zeigte die Flagge von Florida. Im Grunde hätten ihm noch Sheriffstern und Colt gefehlt, um das Bild des Filmcowboys zu vervollständigen.
    Der äußere Eindruck täuschte. Tendyke war alles andere als ein Modegeck. Er war ein knallharter Abenteurer, den es ständig rund um die Welt trieb. Jetzt saß er hier mit einem heruntergekommenen, halb betrunkenen Seemann und einem Playboy in einer verräucherten Hafenschänke in Perth an der australischen Westküste.
    Und der Seemann erzählte vom Gespensterschiff!
    »Alter, an deiner Story stimmt was nicht«, sagte Yancey. »Wenn jeder stirbt, der das Geisterschiff sieht, müßtest du doch auch tot sein! Du hast es ja schließlich auch gesehen.«
    »Ich wollte aber die Maske nicht«, brabbelte der Betrunkene. »Deshalb lebe ich noch. Und die CLARKTOWN mußte zu den Fischen gehen…« Er sah jäh auf. »Wieso kennt ihr die Geschichte vom Gespensterschiff nicht? Jeder hier kennt sie!«
    »Wir sind nicht von hier, Sir«, sagte Rob Tendyke sanft. »Erzählen Sie, bitte!«
    Der Seemann stöhnte auf.
    »Gut«, sagte er und nahm wieder einen kräftigen Schluck aus der neuen Ginflasche. Er rülpste und sah sich mit tränigen Augen um. Die Kneipe war fast leer. Ein paar Tische weiter zockten ein paar Männer um hohe Summen und waren völlig mit sich selbst beschäftigt. Hinter dem Tresen spülte ein feister, kahlköpfiger Wirt mit einem langen Mongolenbart Gläser, und das spärlich bekleidete Serviermädchen lehnte gelangweilt an einem Holzpfeiler und sah dem Wirt dabei zu.
    »Vor gut zweihundert Jahren fuhr ein Frachtschiff durch den Indischen Ozean. Es trug eine wertvolle Fracht in seinem Bauch: eine hölzerne Gesichtsmaske. Unglaublich wertvoll soll sie sein. Man sagt, ein Zauberer habe einen Dämon in einen Baum verwandelt und aus dem Holz des Baumes diese Maske geschnitzt. Unscheinbar soll sie aussehen, doch in ihr wohnen die Kräfte der Blutschlange. Niemand vermag den Wert der Maske abzuschätzen. Viele magische Bruderschaften und Logen würden Millionen und Millarden dafür bezahlen, diese Maske in ihre Hand zu bekommen.«
    Er trank wieder. Dann fuhr er fort: »Ein englisches Piratenschiff machte Jagd auf den Frachter. Die Piraten wollten die Maske rauben und schossen den Frachter leck. Doch sie bekamen die Maske zwar, aber der Kapitän des Frachters sprach sterbend einen Fluch, während sein Schiff brennend sank. Die Piraten starben alle noch am gleichen Tag, und seither kreuzt das Geisterschiff ruhelos im Indischen Ozean, mit der geraubten Maske an Bord. Wer immer versucht, die Maske zu bergen, stirbt. Wer das Piratenschiff sieht, stirbt.«
    »Narretei«, murmelte Pete Yancey.
    Tendyke schüttelte den Kopf.
    »Überleg mal scharf, Pete«, sagte er. »Die CLARKTOWN ist gesunken, und dieser Mann hier ist der einzige Überlebende. Die CLARKTOWN sollte Fracht von Perth zu den Kleinen Sunda-Inseln bringen. Der Kapitän, an sich nicht besonders zuverlässig in moralischer Hinsicht, aber ein ausgezeichneter Navigator und Menschenführer, beschließt, ein auftauchendes altertümlich aussehendes Schiff zu entern, weil er ein wenig Zeit dafür hat. Die Männer gehen an Bord
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