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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel
Autoren: Timothy Carter
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betete.
    »Gott«, begann ich. »Wäre schön, wenn du mir helfen könntest …«
    »Aus dem Weg, Jungs.«
    Ich öffnete die Augen. Der Mob war angekommen.
    »Zwingt uns nicht, euch ein zweites Mal zu bitten«, warnte Mr. Phillips uns.
    »Moment noch!«, warf ich ein. »Denkt erst darüber nach, was ihr vorhabt.«
    »Das haben wir«, erwiderte Mr. Phillips. »Wenn wir sie nicht mit den Steinen erledigen können, versuchen wir es eben mit Feuer.«
    »Das wäre Mord«, entgegnete ich.
    »Um ein Haar hätten die beiden uns in hasserfüllte Monster verwandelt«, meldete sich Mrs. Farmson zu Wort.
    »Um ein Haar?«, wiederholte ich. »Seht euch doch nur an!«
    »Stu«, murmelte Chester und zog an meinem Arm. »Wir sollten uns besser aus dem Staub machen.«
    »Was ist mit Vergebung?«, startete ich einen neuen Versuch. »Was ist mit Gnade? Glaubt ihr wirklich, Gott würde wollen, dass ihr …«
    Im selben Moment traf mich ein Stein an der Schläfe, und ich stürzte seitlich zu Boden.
    An das, was danach passierte, kann ich mich nur schemenhaft erinnern. Ich hörte Rufe, Schreie und das Surren unzähliger Steine. Hände packten mich und führten mich fort. Schließlich fand ich mich – gemeinsam mit Father Reedy und meiner Schwester Tiffany – auf der Rückbank unseres Wagens wieder. Mom fuhr, und Josh saß auf dem Beifahrersitz.
    »Ist er …?«, fragte Mom.
    »Er wird wieder«, antwortete Father Reedy. »Er ist nur ein wenig benommen.«
    »Wer … hat diesen Stein nach mir geworfen?«, fragte ich.
    »Zerbrich dir darüber jetzt nicht den Kopf«, meinte Father Reedy zu mir. »Du hast ganz schön Glück gehabt, weißt du das eigentlich? Du hast genau vor den Engeln gestanden. Wenn der Stein dich nicht umgerissen hätte, dann …«
    »Die Engel!«, fiel es mir wieder ein. »Was ist mit ihnen passiert?«
    »Frag lieber nicht«, gab Tiffany zurück.
    Bei unserer Ankunft zu Hause waren meine Kopfschmerzen so gut wie weg. Mit einem beklemmenden Gefühl in der Brust betrat ich das Haus. Ich war tatsächlich wieder zu Hause. Die ganze Tortur war überstanden.
    Zumindest dachte ich das. Ich schlüpfte in meinen Schlafanzug und kletterte endlich wieder in mein eigenes Bett. Gerade liebäugelte ich mit dem Gedanken, mir ein wenig Entspannung zu verschaffen, als Fon Pyre neben mich auf das Bett hüpfte.
    »Meinst du nicht auch, dass du dir damit bereits genug Ärger eingehandelt hast?«, fragte er.
    »Was ist denn schon dabei?«, sagte ich. »Es ist vorbei. Aus, Ende, vorbei.«
    »Das stimmt nicht, und das weißt du genau«, entgegnete der Dämon. »Zugegeben, du hast Ice Lake und Wernsbridge von den Engeln befreit, was im Übrigen eine ziemliche Leistung war, Kleiner. Aber du scheinst zu vergessen, dass du beinahe von den Menschen gesteinigt worden wärst, die eigentlich dabei zusehen wollten, wie dir dein bestes Stück weggeätzt wird.«
    »Aber sie standen unter dem Einfluss der Engel«, hielt ich dagegen. »Und anschließend waren sie noch … ein bisschen durch den Wind. Da sind sie halt durchgedreht.«
    »Genau«, sagte Fon Pyre. »Einmal verrückt, immer verrückt. So heißt es doch, oder? Vor allem, wenn man gerade erst geholfen hat, jemanden abzumurksen.«
    »Ja, kann sein«, erwiderte ich und dachte daran zurück, wie ich selbst versucht hatte, Brightly umzubringen. »Die Stadt hat sich verändert. Ist es das, was du mir sagen wolltest?«
    »Erraten«, meinte Fon Pyre. »Aber denen da draußen gefällt diese Tatsache genauso wenig wie dir. Die Menschen sehnen sich danach, dass alles wieder so wird wie früher. Sie wollen, dass das Ganze endlich ein Ende findet. Was aber nicht geht, solange du noch da bist.«
    »Du meinst …«
    »Ich meine«, sagte Fon Pyre, »dass du der Stadt den Rücken kehren solltest, wenn dir dein Leben lieb ist.«
     
    Ich wollte es nicht glauben, musste aber notgedrungen zugeben, dass die Beweislage ziemlich erdrückend war. Samstagnachmittag ging Mom mit mir einkaufen, um einige der Sachen zu ersetzen, die sie aus dem Fenster geworfen hatte. Egal, in welches Geschäft wir kamen: Der Unterschied zu früher war deutlich zu spüren. Finstere Blicke, Gespräche, die abrupt beendet wurden, und so weiter. Mom versuchte, mich aufzuheitern, indem sie so tat, als würde sie nichts bemerken. Dennoch war ihr anzusehen, dass sie sich schämte, mit mir zusammen gesehen zu werden.
    Am Sonntag – eine Woche nachdem das ganze Durcheinander begonnen hatte – gingen wir wieder in die Kirche. Während Father Reedy
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