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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel
Autoren: Timothy Carter
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Mrs. Farmson trug einen Gartenstuhl, ein Seil und ein Einmachglas mit einer ekelhaft aussehenden, trüben Flüssigkeit – ich nahm an, dass das Zeug für mich bestimmt war.
    Kurz bevor ich an Brightly vorbeiging, entdeckte ich auf der anderen Seite der Bühne Feltless. Das war womöglich der ideale Zeitpunkt, um …
    Sofort leerte ich meinen Kopf und dachte an nichts, tat es aber leider nicht schnell genug. Brightly drehte sich zu mir um und hob argwöhnisch eine Augenbraue.
    »Was war das, Stuart?«, fragte er. »Was versuchst du, vor mir geheim zu halten?«
    Ich blieb stumm und starrte einfach geradeaus. Als Brightly mir in die Augen sah, konnte ich spüren, wie mein innerer Widerstand bröckelte.
    »Versteck dich nicht vor mir«, warnte er mich.
    Ich schloss die Augen und dachte an Werbespots, obwohl ich wusste, dass es nicht ausreichen würde. Mir blieben allerhöchstens ein paar Sekunden, ehe der Engel doch meine Gedanken anzapfen würde.
    Ich sah zu Chester hinüber, der vor lauter Bemühen, an nichts zu denken, das Gesicht verzogen hatte. Gut, dachte ich. Als ich mich wieder Brightly zuwandte, entschlüpfte mir etwas.
    »Was war das?«, sagte Brightly mit einem Lächeln. »Du wolltest erzählen, dass Reverend Feltless ein gefallener Engel ist, genau wie ich?«
    »Stu!«, rief Chester.
    »Mein lieber Junge, das weiß ich doch längst!«, fuhr Brightly spöttisch fort. »Hattest du etwa gehofft, dass deine Enthüllung uns dazu bringen würde, miteinander zu kämpfen?«
    »Ich muss schon zugeben, Brightly«, mischte sich jetzt Feltless ein, »wenn wir nicht übereinander Bescheid gewusst hätten, hätte sein Plan sogar funktionieren können.«
    »Mensch, Stuart!«, schrie Chester. »Du hast alles kaputt gemacht.«
    »Rauf auf die Bühne«, wies Brightly uns an. »Mrs. Farmson, bitte sorgen Sie dafür, dass seine Fesseln fest sitzen.«
    Ich kletterte auf die Bühne und folgte Mrs. Farmson, die in der Mitte stehenblieb. Während er mich leise verwünschte, lief Chester neben mir her.
    »Ich kann es nicht fassen, dass du alles ausgeplaudert hast«, murmelte er.
    »Nicht alles«, erwiderte ich. Dann drehte ich mich herum und küsste ihn auf die Lippen.

 
     
     
     
     
     

     
     
    Noch nie in meinem Leben hatte ich eine so tiefe Stille erlebt. Für die Dauer von mindestens fünf Sekunden hätte man problemlos eine Fliege furzen hören können.
    Es war ein riskanter Schachzug, so viel stand fest. Auf der anderen Seite hätte Brightly um ein Haar Wind von meinem eigentlichen Plan bekommen und dann genug Zeit gehabt, mich aufzuhalten. Außerdem hatte ich einiges damit riskiert, mich auf Chester zu verlassen. Wenn er nicht mitgespielt hätte, wäre mein Plan zum Scheitern verurteilt gewesen.
    Aber er hatte tatsächlich mitgespielt! Und obwohl sich unsere Lippen nur für einen ultrakurzen Moment berührt hatten, war es der beste Kuss meines Lebens gewesen.
    Reverend Feltless reagierte als Erster. Er schob sich an Brightly vorbei und schubste uns so kräftig, dass wir beide von der Bühne flogen.
    »Homos!«, fauchte er. »Du hast mir nicht gesagt, dass du es mit Homos zu tun hast, Brightly.«
    »Dafür habe ich überhaupt keine Veranlassung gesehen«, erwiderte Brightly. »Schließlich sind sie hier, um für ein noch viel schlimmeres Vergehen bestraft zu werden.«
    »Onanie ist keine Sünde«, schoss Feltless zurück. »Nicht im eigentlichen Sinne.«
    »Ist es doch!«, entgegnete Brightly. »Die schlimmste aller Sünden.«
    Während der Streit immer mehr eskalierte, rappelte ich mich auf. Die beiden Engel reagierten genau so, wie ich es mir erhofft hatte. Um mich herum erhob sich ein wütendes Gemurmel in der Menge, die Dämonen in der Luft über uns materialisierten sich zunehmend.
    Ich lief zu Chester. Er stöhnte vor Schmerzen, schien sich aber nichts getan zu haben.
    »War das der echte Plan?«, fragte er mich.
    »Ja«, gab ich zu. »Tut mir leid, dass ich dich so überrascht habe.«
    Ich warf einen Blick zurück auf die Bühne. Während Brightly und Feltless sich gegenseitig anschrien, versuchten Mrs. Farmson und Officer Harpur ohne großen Erfolg, die beiden zu beruhigen. Nicht mehr lange, und die beiden würden handgreiflich werden.
    »Chester!«
    »Stuart!«
    Als wir aufschauten, sahen wir, wie unsere Mütter auf uns zugeprescht kamen.
    »Alles in Ordnung mit dir? Bist du verletzt?«, fragte Chesters Mom ihren Sohn, während meine Mutter dasselbe von mir wissen wollte.
    »Was hast du nur getan?«, sagte
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