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Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker

Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker

Titel: Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker
Autoren: Stephan R. Bellem
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immerhin eine Möglichkeit. Seine einzige Möglichkeit.
    Es gibt einen anderen Weg!
Wieder erklang die Stimme klar und deutlich in seinem Kopf. Andrul blickte sich unruhig um. Er war allein. Die Trolle hatten ihn noch nicht eingeholt und es gab keine anderen sprechenden Kreaturen im Sumpf.
    Von plötzlicher Furcht wieder auf die Füße getrieben, stapfte er weiter. Schon nach wenigen Schritten musste er die Beine mit den Händen unterstützen, um sich durch den immer tiefer werdenden Morast voranzuarbeiten. Es war stockfinster. Die mondlose Nacht ließ ihn in einem schwarzen Meer umhertreiben. Er roch seinen Schweiß, der sich mit dem Duft feuchter Erde vermischte. Dieser Geruch und das rasselnde Geräusch seines Atems sagten ihm, dass er noch lebte.
    Er spürte nicht, dass er der Länge nach hinfiel, als sich sein rechter Fuß in einer knorrigen Wurzel verhakte. Der sumpfige Boden empfing ihn wie ein weiches Bett, und er wäre nur zu gerne darin versunken. Doch seine Instinkte gaben ihn noch nicht verloren. Seine Arme schlugen um sich, paddelten ihn wieder an die Oberfläche, beinahe ohne sein eigenes Zutun. Er keuchte und spuckte kalten Schlamm aus. Blutegel saugten sich an seiner Haut fest, gierig auf der Suche nach einer Mahlzeit.
    Ich kann dir einen Weg zeigen
, erklangen die Worte in seinem Kopf sanft, fast väterlich.
    Andrul wagte kaum die eigene Stimme zu erheben: »Wer spricht da?«
    Ein Freund
, kam die knappe Antwort.
Ein Freund, der dein Vertrauen will.
    Andrul zögerte mit einer Erwiderung.
    Ohne mich bist du verloren
, warnte ihn die Stimme nun.
Hör genau hin, sie kommen bereits!
    Andrul hielt den Atem an und lauschte. Dabei versuchte er die Geräusche der Insekten und das Brodeln des Sumpfes auszublenden. Die Stimme hatte ihn nicht belogen. Er konnte bereits in einiger Entfernung das laute Belfern der Trolle hören, die mit viel Getöse durch den Sumpf rannten. Trolle liebten die Treibjagd. Sie gaben ihren – meist menschlichen – Opfern einen großen Vorsprung, nur um sie dann tagelang durch den Sumpf zu hetzen. Niemand konnte ihnen hier entkommen, dessen waren sie sich ebenso bewusst wie Andrul.
    »Was soll ich tun?«, fragte Andrul verzweifelt.
    Dich einer neuen Wahrheit öffnen
, sagte die Stimme verheißungsvoll.
Trink von der Macht Aurelions und werde zu seinem Herold.
    »Aurelion?«
    Aurelion, der Göttervater. Schon bald wird die Zeit seiner Rückkehr kommen.
    »Das ist unmöglich«, widersprach Andrul. Jeder wusste, dass Alghor, der Gott der Menschen, und Alirion, der Elfengott, den verrückten Aurelion besiegt und so die Zeit der Verwüstung beendet hatten. »Aurelion ist tot.«
    Pah!
Die Stimme lachte schallend.
Nichts könnte der Wahrheit ferner sein. Wage den Schritt und folge mir. Folge mir, und all deine Träume werden Wirklichkeit.
    »Habe ich denn eine Wahl?«, fragte Andrul hoffnungslos.
    Dir bleibt immer noch der Tod.
    Andrul wählte das Leben.
    Er öffnete sich den Versprechungen der Stimme Aurelions und gab seine Seele hin. Er hätte ihm alles gegeben, nur um weiterzuleben. Der Göttervater beschenkte seinen Herold reichlich. Er gab ihm das Wissen um die Götter.
    Andrul wurde Zeuge ihrer Schöpfung, Zeuge des Verrats an ihrem Vater. Mit jedem Bild, das ihm gezeigt wurde, wuchs sein Hass, und Zorn pulsierte heiß durch seine Adern. Aurelion gab ihm Macht. Andrul spürte, wie sich die Wirklichkeit seinen Wünschen beugte, als ein Schwert aus reiner Magie in seiner Hand erschien. Doch der Preis dafür war alles, was Andrul ausmachte, was er jemals gewesen war und sein konnte. All seine Erinnerungen verblassten. Mit jedem hasserfüllten Bild der Götter, seiner neuen Feinde, vergaß er ein Stück mehr seines früheren Lebens. Schon bald kannte er nichts mehr außer seinem Rachedurst. Selbst sein Name war ausgelöscht.
    Die Kraft durchdrang ihn und sammelte sich in jeder Faser seines Körpers. Zorn, Hass und Rachsucht füllten seine Gedanken. Wie ein dunkler Schleier legten sie sich über ihn.
    Dann war es ebenso plötzlich vorbei, wie es begonnen hatte. Andrul fiel auf die Knie und senkte demütig den Kopf.
    Du wurdest soeben wiedergeboren
, sprach Aurelion zu ihm.
Die Lüge, die meine Kinder Existenz nennen, soll dich nicht länger bekümmern. Du dienst nun mir. Schon bald werden sie deinen Namen fürchten.
    »Karandras«. Zum ersten Mal sprach der, der einst Andrul gewesen war, seinen neuen Namen aus. Seine Stimme klang fremdartig, tiefer und bedrohlicher, und doch auch auf eine
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