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Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker

Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker

Titel: Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker
Autoren: Stephan R. Bellem
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packte den Hauptmann mit seiner verbliebenen Pranke am Hals und drückte zu. Der Mensch wehrte sich verzweifelt, doch aus dem eisernen Griff seines Widersachers gab es kein Entrinnen. Andrul sah starr vor Entsetzen, wie das Leben langsam aus dem Hauptmann gepresst wurde. Schließlich schleuderte der Troll den leblosen Körper Jolom entgegen und brachte den Späher damit aus dem Gleichgewicht. Die Bauchwunde der monströsen Kreatur war bereits wieder verheilt, und auch aus dem Armstumpf floss kein Blut mehr, als der Troll sich auf Jolom stürzte und ihn unter sich begrub. Kurze Zeit später erhob er sich wieder und hatte den Kiefer um den Nacken des Mannes geschlossen, ähnlich einer Hündin, die eines ihrer Jungen trägt. Doch der Troll schützte Jolom nicht. Er biss kräftig zu, und ein trockenes Knacken verriet Andrul, dass das Ungeheuer dem Mann das Genick gebrochen hatte.
    Andrul zog sein Schwert, doch er war unfähig, auch nur einen Schritt auf den Troll zuzugehen.
    Flieh!
, erklang erneut eine Stimme in seinem Kopf. Andrul wehrte sich gegen den Befehl, versuchte die Stimme zu überhören. Er wusste, dass es falsch war, seine Kameraden hier im Stich zu lassen. Doch als er sich umsah, bemerkte er, dass er der Letzte war, der noch lebte. Alle anderen waren bereits tot oder würden es bald sein. Die Trolle hatten ihn seltsamerweise noch nicht bemerkt, doch war es nur eine Frage von Augenblicken, bis sich das ändern würde.
    Flieh!
, riet ihm die Stimme erneut, diesmal noch eindringlicher als zuvor.
    Andrul gehorchte endlich. Er drehte sich um und rannte davon, so schnell er konnte, wollte einfach nur fort von dem Grauen, das ihn heimgesucht hatte.
    Er lief nach Norden.
    Er wusste, dass sie ihn verfolgten. Manchmal hatte er das Gefühl, ihren stinkenden Atem im Nacken zu spüren. Dann drehte er sich gehetzt um, zog sein Schwert und schlug wild um sich. Niemals traf er etwas. Sie waren wie Geister.
    Sie trieben Andrul nach Norden, immer weiter nach Norden. Nie waren sie mehr als ein bedrohlicher Schatten in seinem Rücken.
    Am ersten Tag seiner überstürzten Flucht war er ohne Unterlass gerannt. Als der Sumpf zu tief wurde, war er langsamer geworden, und schließlich hatte er sich leidlich vorwärtsgekämpft. Jeden einzelnen Schritt musste er dem feuchten Morast abringen. Nur widerwillig ließ der Matsch von seinen Stiefeln ab und gab sie für einen kurzen, schweren Schritt frei. Bald schon war seine Rüstung schwarz vor Dreck und hatte das Dreifache ihres ursprünglichen Gewichts, doch Andrul wagte nicht eine Rast einzulegen. Jeder Moment war kostbar, jeder Augenblick brachte ihn weiter von den Monstern fort.
    Der vom Schlamm schlüpfrig gewordene Schwertgriff war ihm einfach aus der Hand geglitten. Erst viel später war ihm aufgefallen, dass er keine Waffe mehr trug. Er hatte die Finger noch immer wie um den Griff geschlossen, und die Fingernägel hatten sich in die Handfläche gebohrt, bis sie blutete. Nun spürte er in der dreckigen Wunde einen Schmerz, der im Takt seines Herzens pochte.
    Als die Sonne am Horizont verschwand, kauerte er sich unter einen umgestürzten Baumstamm, der komplett mit Moos überwachsen war. Kalter Schweiß lief ihm in den Nacken. Ihn fröstelte. Seine Lederrüstung und die wattierte Unterkleidung waren völlig durchnässt, das Leder des Brustpanzers steif wie die Rinde eines alten Baumes. Andrul versuchte sich den Anblick seines Heimatortes in Erinnerung zu rufen. Die warmen Herdfeuer, die Erntefeste – all das war so unendlich weit entfernt.
    Er erinnerte sich an die Gerüche und Geräusche seiner Stadt, doch sie wollten ihm keinen Trost bringen. Die Luft roch schwer nach feuchter Erde und tränkte jeden seiner Gedanken mit dem Bild aufgedunsener Moorleichen. Gasblasen bahnten sich ihren Weg aus den Tiefen des Sumpfes an die Oberfläche.
    Der Sumpf wird mich verschlingen
, dachte Andrul.
Wenn es die Trolle nicht tun.
    Wie zur Bestätigung ließ sich ein Moskito auf seiner Wange nieder und trank genüsslich von seinem Blut. Bald würde er von ihren Stichen übersät sein.
    Er wusste nicht, was ihm schlimmer erschien: im Sumpf von Insekten gepeinigt langsam an Erschöpfung zu sterben oder von den Trollen schnell zerfetzt zu werden. Sein Überlebenswille ließ ihn an der Hoffnung festhalten, dass er einen Weg aus dem Sumpf finden würde. Irgendwo im Norden könnte er auf die Todfelsen treffen und sich an ihnen entlang nach Westen orientieren. Es wäre ein Umweg von einigen Wochen, aber
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