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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass
Autoren: John Sandford
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Straße unter ihm noch mehr. Dann bog er in die Furche im Hang, wo seine Mutter hinuntergefahren war, und dachte daran, es ihr gleichzutun und alles hinter sich zu bringen.
    Kein Mut.
    Im letzten Moment sprang er aus dem Wagen und nahm die Schrotflinte mit.
    Spürte, wie er sich im Dunkeln auf dem felsigen Boden mehrmals überschlug, während Margo Carrs Auto den Hang hinunterrollte und in den Abgrund stürzte wie ein motorisierter Büffel.
     
    Er kroch ein Stück, stand auf und lief los. Fiel hin, tat sich weh. Ging es langsamer an.
    Langsamer. Das Auto war verschwunden. Er ließ sich in das kniehohe Präriegras fallen und begann zu kriechen. Die Schrotflinte klapperte über den felsigen Untergrund. Er bewegte sich kriechend und robbend, mal im Entengang, mal hüpfend das Kliff entlang unterhalb von dem Loch, wo Judds Haus gestanden hatte, fort von den Scheinwerfern, um wegzukommen, um irgendwo hinzukommen …
    Dann hörte er einen Stein den Hang hinunterkullern, einen Schritt. Erstarrte.
    Unten am Hügel waren Lichter, Männer riefen, doch hier oben war es so dunkel wie in einem Kohlenkasten und ganz still.
    Noch ein Stein. Er war nicht allein. Ein Büffel? Die waren eingezäunt, konnte kein Büffel sein. Vielleicht ein Reh …
    Könnte dieser verdammte Flowers sein.
    Virgil saß am Hang unter einigen wilden Pflaumenbäumen, von denen keiner höher als ein Meter achtzig war, die jedoch scharfe Stacheln hatten, keine richtigen Dornen, aber wenn man sich daran stach, tat es höllisch weh.
    Er saß auf einem Haufen kleinerer Felsbrocken. Auf dem College hatte er nicht das Auge gehabt, um es beim Baseball zum Werfer zu bringen, aber den Arm für einen dritten Baseman. Er saß da, warf Steine in die Dunkelheit und lauschte, wie sie aufschlugen, lauschte auf eine Reaktion.
     
    Vernahm weiter unten, etwa dreißig Meter entfernt, etwas, das sich wie ein Schritt anhörte. Warf einen Stein in die Richtung; die Stille wurde noch stiller. Interessant. Warf noch einen Stein in die Dunkelheit und nahm sein Gewehr. Nichts. Warf noch einen Stein …
     
    Williamson war nun klar, woher das Geräusch kam. Irgendwer bewegte sich rechts von ihm und trat ab und zu einen Stein los. Er dachte konzentriert nach; er hatte noch drei Patronen übrig. Das musste Flowers sein … oder doch nicht? Er überlegte, ob er schießen sollte, tat es aber nicht. Stattdessen rief er, überrascht über sich selbst: »Virgil? Sind Sie das?«
     
    Virgil hörte ihn ganz deutlich, etwas tiefer und rechts von der Stelle, wo er die Steine hingeworfen hatte. Er legte sich flach auf den Boden und brachte das Gewehr in Anschlag.
    »Todd? Alles in Ordnung?«
    Williamson: »Ich hab eine Scheißangst, Mann.«
    Virgil: »Ich weiß, dass Sie die Schrotflinte haben. Margo wird wieder gesund, sie hat’ne Menge Glassplitter abbekommen, aber sie wird nicht sterben. Geben Sie auf.«
    Williamson: »Sie werden nicht auf mich schießen?«
    Virgil: »Sie müssen doch diese Geschichte gehört haben, wie ich vierzehnmal auf jemanden geschossen hab und ihn nicht getroffen habe. Die kennt doch jeder in der Stadt. Ich will keine verdammte Schießerei.«
    Williamson: »Judd hat meine Mom getötet.«
    Virgil: »Ich weiß. Das hat mir ein Gerichtsmediziner bestätigt. Judd hat sie mit einem Pool-Queue geschlagen. Sie war schon fast tot, als sie mit dem Auto in den Abgrund stürzte. Sie waren tatsächlich ein Wunderbaby.«
     
    Flowers konnte nicht weiter als zehn bis zwölf Meter von ihm entfernt sein, überlegte Williamson. Er war nicht zu sehen, aber dann war er selbst für Flowers auch nicht zu sehen. Williamson richtete sich halb auf und zielte mit der Waffe in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. »Ich geb auf«, sagte er. »Was soll ich tun?«
    »Werfen Sie die Schrotflinte rüber«, sagte Virgil.
    Williamson zielte erneut mit der Schrotflinte, schoss, repetierte und dann …
     
    Er lag auf dem Rücken, die Schrotflinte fiel klappernd den Hang hinunter, und er blickte in den Mond, der fast voll war. Er hörte Flowers rufen, dann blendete ein helles Licht seine Augen, und Flowers kniete neben ihm.
    Der Schmerz setzte ein. Alles unterhalb seiner Taille brannte wie Feuer. »Das war wohl nicht sehr klug von mir«, sagte er zu Flowers.
     
    »Nein, das war es nicht«, sagte Virgil und tätschelte Williamsons Schulter, weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte. »Halten Sie durch, wir bringen Sie gleich von hier weg.« Er stand auf und bewegte die Taschenlampe im
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