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Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Titel: Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde
Autoren: Margit Sandemo
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1. KAPITEL
    Winter 1625…
    Cecilie von Meiden stand am Bug und sah zu, wie das Schiff auf Kopenhagens Reede zuglitt. Das Wetter war schlecht gewesen, und das Schiff lief stark verspätet ein. Die Dunkelheit des Februars hatte sich über Stadt und Meer gelegt, und rauhe Winterkälte zwang sie, hin und wieder ihren Fingern Leben einzuhauchen, obwohl die in warmen Handschuhen steckten. Da sie nicht die teerschwarze Reling des Schiffen anfassen wollte, mußte sie in den Krängungen im breitbeinigen Seemannsgang festen Tritt finden. Doch es war angenehm, zu spüren, wie der Seewind ihr ins Gesicht blies. Sie hatte das Gefühl, als gehöre ihr die Welt, wenn sie so ganz weit vorn auf dem dahingleitenden Schiff stand.
    Mit Unbehagen dachte sie an die letzte Zeit zurück. Was war ihr da nicht alles widerfahren? Aber es war doch nicht alles ihre Schuld gewesen?
    Ich bringe es nicht über mich, Alexander von Paladin nochmals zu begegnen, dachte sie bestimmt schon zum hundertsten Mal. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen, ohne ihm zu verstehen zu geben, daß ich sein heimliches Laster kenne.
    Nie hatte sie auch nur geahnt, daß dieses Wissen so schmerzlich sein würde. Cecilie hatte es sich niemals richtig eingestanden, was Alexander wirklich für sie bedeutete.
    Sie erinnerte sich an ihre erste Begegnung…Verängstigt, verunsichert und traurig über die Botschaft von Zuhause über die Verheerungen der Pest, hatte sie hier unten in Dänemark nach ihrer Ankunft bei Hofe gesessen. Damals war Alexander von Paladin aus Versehen in ihr Zimmer getreten, und bei dieser kurzen Begegnung war es ihm gelungen, ihr neuen Lebensmut zu geben. Sie hatte ihn damals gern gehabt. Und er hatte ihr weiterhin Unterstützung zukommen lassen, in einer komplizierten Welt aus Ränken und Mißgunst. Seine Gegenwart hatte sie stets mit Freude erfüllt.
    Er war einer der Kavaliere des Königs, ein ungewöhnlich stattlicher Mann mit Stärke und Autorität. Das dunkle Haar, die edel männlichen Gesichtszüge und das wehmütige Lächeln …Ach, das Lächeln, das sie später auf so groteske Weise zu Fall gebracht hatte!
    Alexander von Paladin war immer verschwiegen, zurückhaltend. Er hatte zu erkennen gegeben, daß er sie mochte - mehr nicht.
    Ein Mann, auf den man sich verlassen konnte - ein echter Freund, der sich um sie sorgte. Warum sollte es dann so wehtun, sein Geheimnis zu kennen? Sollte nicht sie, eine Tochter des Eisvolkes und der genauso großzügigen von Meidens, genug Toleranz und Verständnis besitzen? Warum war sie so verstört? Es war der junge Tarjei, ihr Vetter mit den großen Begabungen und der ungewöhnlich guten Menschenkenntnis, gewesen, der ihr den tödlichen Schlag versetzt, die Lösung zu Alexanders Rätsel geliefert hatte, als sie in Norwegen auf Besuch gewesen war.
    Wie hatte sie reagiert? Schockiert und traurig war sie selbstverständlich gewesen, und das war auch nur natürlich.
    War es jedoch notwendig gewesen, sich dem jungen Pastor Martin in die Arme zu werfen, nur weil er das gleiche melancholische Lächeln hatte wie Alexander? Weil sie sich in so vielen Dingen ähnlich waren? Nie im Leben hatte Cecilie etwas so inständig bereut wie diese flüchtige, stürmische Begegnung mit Martin. Wie erbärmlich war es doch gewesen! Zwei Menschen, gleich bitter einsam und enttäuscht, so voller Verlangen nach Liebe, oder - um es brutaler auszudrücken - nach Paarung. Und nun war sie entehrt. Wenn sie je heiraten würde, dann mußte sie vor ihren zukünftigen Mann hintreten und gestehen, daß sie keine Jungfrau mehr war. Wie würde er da reagieren? Ihr den Rücken zukehren? Das Schiff legte an.
    Niemand stand am Kai, um sie abzuholen, obwohl bei Hofe ihre Ankunft bekannt war. Auch wenn das Schiff enorme Verspätung hatte, so konnte man doch vom Schloß aus problemlos erkennen, wann es einlief. Nun mußte sie sich allein zum Schloß begeben - vorüber an nicht erleuchteten Straßen, wo sich im Schutz der Dunkelheit allerlei Gesindel herumtrieb. Auch auf dem Schiff entdeckte sie niemanden, der sie hätte begleiten können.
    Cecilie umklammerte fest ihre Reisetruhe, holte tief Luft, wie um sich selbst Mut zu machen, und ging an Land. Mit Wehmut verließ sie das Gewimmel auf dem erleuchteten Kai und gelangte in menschenleere Straßen, in denen aller Handel für den Tag beendet war. Auf einmal hatte Cecilie von Meiden Angst. Sol vom Eisvolk, mit der sie so viel Ähnlichkeit hatte, hätte das als Herausforderung aufgefaßt. Sol hatte
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