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Blinde Flecken: Schwarz ermittelt

Blinde Flecken: Schwarz ermittelt

Titel: Blinde Flecken: Schwarz ermittelt
Autoren: Peter Probst
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der
Manzonia
Unruhe. Die Gruppe um Heiner, die Eva Hahn gerade noch begeistertzugejubelt hatte, stand jetzt mit dem Rücken zur Bühne. Fäuste wurden gereckt. Schwarz hörte Buhrufe und Pfiffe.
    Vor dem Portal der Villa stand Jörg von Medingen im weißen Anzug und lächelte süffisant, obwohl der Protest gegen ihn immer wütender wurde.
    Nach und nach wandten sich fast alle Demonstranten von der Bühne ab. Eva unterbrach irritiert ihre Rede.
    Ein Helfer reichte dem rechten Parteigründer ein Megafon. Jörg von Medingens Stimme klang verzerrt, trotzdem konnte jeder hören, was er sagte. »Wer wirklich Zivilcourage besitzt, steht auf meiner Seite.«
    Seine weiteren Ausführungen gingen in einem gellenden Pfeifkonzert unter. Die Menschenmenge drängte wie in einer großen Woge zu dem Provokateur auf der anderen Straßenseite, und vor der Bühne entstand eine freie Fläche.
    Da sah Schwarz ihn.
    Tim Burger.

67.
    Burger fixierte die Demonstranten und stand sehr aufrecht da, fast so, als halte er die Luft an.
    Von Medingens Auftritt war das Zeichen für ihn, schoss es Schwarz durch den Kopf.
    Burger hielt die Arme verschränkt vor dem Körper, und es war schwer zu erkennen, ob er die Granate noch in seiner Vliesjacke versteckte oder bereits in der Hand hielt.
    Was jetzt? Jeder Versuch, ihn zu überwältigen, wäre selbstmörderisch gewesen – und hätte zahllose Menschen in Gefahr gebracht.
    Die Demonstranten in der hintersten Reihe waren gerade mal fünf Meter entfernt. Schwarz wusste von Buchrieser,dass die Metallsplitter einer Handgranate bis zu zweihundert Meter weit flogen.
    Von Medingen sprach nach wie vor ins Megafon, aber durch den ohrenbetäubenden Lärm der Demonstranten hindurch war kein Wort zu verstehen.
    Von Tim Burger nahm außer Schwarz niemand Notiz. Doch dann fiel sein Blick auf Eva Hahn: Auch sie starrte auf Burger. Aber hatte sie ihn auch erkannt – den Mann, der ihren Freund Dani umgebracht und sie zu einem Leben im Rollstuhl verdammt hatte?
    »Bitte, Eva«, sagte Schwarz und ging langsam auf sie zu. »Sie müssen so schnell wie möglich weg von hier!«
    Sie schüttelte den Kopf und konnte ihren Blick nicht von Burger lösen. Sie weiß, dass er es ist, dachte Schwarz. Er war schon auf zwei Schritte bei ihr, da drehte Burger sich leicht zur Seite. Seine Hand umschloss die Granate.
    Schwarz stand da wie erstarrt. Erst als er Evas flehenden Blick auffing, spürte er sich wieder. Er riss das Mikro aus der Halterung. Es gab eine kreischende Rückkopplung. Burger fuhr herum und starrte ihn mit offenem Mund an. Auch ein Teil der Demonstranten blickte nun wieder in Richtung Bühne.
    »Meine Damen und Herren«, sagte Schwarz mit belegter Stimme. »Bewahren Sie jetzt bitte unbedingt die Ruhe und gehen Sie! Gehen Sie, so schnell Sie können – weg von der Bühne, bitte, rasch! Unter uns befindet sich jemand mit einer Waffe. Laufen Sie! Aber geben Sie acht auf die anderen!«
    Einen Moment lang herrschte Totenstille, die Menschen standen wie paralysiert an ihren Plätzen. Dann, endlich ging eine Bewegung durch die Menge. Wie die Folge einer leichten Erschütterung, nicht mehr. Schwarz begriff, dass die Demonstranten zu dicht beieinanderstanden und nichtwussten, wohin sie fliehen sollten. Es musste etwas geschehen, bevor eine Panik ausbrach.
    Tim Burger stand noch immer regungslos da.
    Plötzlich sprang Schwarz von der Bühne und stürzte sich auf ihn. Burgers Hand hatte den Bügel der Granate umfasst. Mit der Linken nestelte er nervös am Splint.
    Schwarz versuchte, sein Handgelenk zu packen. »Du Arschloch!«, schrie er verzweifelt. »Merkst du denn nicht, dass du nur ein Werkzeug bist?«
    Burger hielt inne und lächelte irre. »Ein Werkzeug, ja!«
    »Von Medingen benutzt dich nur«, gab Schwarz nicht auf. »Hier wimmelt es von Polizisten in Zivil, die er geholt hat.«
    »Halt’s Maul!«
    »Er hat dich angezeigt, verstehst du, und den Bullen gesteckt, dass du ihn angerufen hast.«
    Burger starrte ihn an. »Du lügst.«
    »Begreifst du nicht: Er hat dich verraten.«
    Da ging eine Veränderung durch Burger. Er schüttelte den Kopf und hörte gar nicht mehr auf. »Das ist nicht wahr, das ist nicht wahr!«
    »Tim, von Medingen will dich wieder in den Knast bringen!«
    Burger starrte ihn mit dem flackernden Blick des Wahnsinnigen an. Zehn Sekunden vergingen, ohne dass irgendetwas geschah. Dann zog er mit einer jähen Bewegung den Splint.
    »Nein!«, schrie Schwarz und rannte. Rannte um sein Leben. Als er sich
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