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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis
Autoren: Gudrun Helgadottir
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einfach nie. Er hatte alle Hoffnung verloren, dass daraus noch etwas werden könnte. Vildis glaubte ja sowieso nicht daran. »Mama braucht keinen Mann, wie oft soll ich das noch sagen«, erklärte sie immer wieder. Aber dann dachte sie wohl doch etwas mehr über Hermann und Mama und Tumi nach. Denn eines Abends, als Tumi wieder einmal ganz geknickt war, sagte sie vorsichtig:
    »Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, dass du einen Vater brauchst.«
    Tumi zuckte zusammen. »Das klingt ja, als hätte ich keinen«, sagte er empört. »Ich finde Papa super.«
    »Schon, aber er geht öfter mit Glamur zum Pinkeln und Häufchenmachen raus als mit uns spazieren. So ist das halt.«
    Manchmal war Tumi baff, was Vildis sich so alles dachte. Es stimmte schon, was sie da gesagt hatte. Und vielleicht hätte Tumi wirklich nichts gegen Hermann als Zusatzpapa einzuwenden.

    Es war schon eine ganze Weile her, seit Tumi Hermann zuletzt gesehen hatte. Aber dann kam es plötzlich doch noch dazu. Eines Sonntagmorgens, als die drei auf dem Heimweg von der Sonntagsschule waren – Vala mit beiden Teddys im Arm in Mannis Schubkarre, Manni klitschnass geschwitzt vom Schieben und Tumi und Vildis rechts und links davon –, da kamen Hermann und seine Söhne aus einem der Häuser.

    »Darf ich mal schieben?«, fragte Stefan, einer der beiden Jungs.
    »Klar, ich danke dir«, sagte Manni erleichtert.
    Doch Stefan fuhr nicht so gemütlich wie Manni. Er rannte los und preschte mit Vala die Straße rauf und runter. »Du bist dran, Jakob«, sagte er zu seinem Bruder. »Das ist die reinste Sklavenarbeit.« Vala fand das ausgesprochen lustig.
    Tumi, Vildis und Manni hingegen gingen in aller Ruhe mit Hermann die Straße entlang.
    »War deine Tante mit den Perlenketten von Mama zufrieden?«, fragte Vildis schüchtern.
    »Und wie. Die waren der Hit«, sagte Hermann. »Ach, hör mal, da fällt mir ein, dass ich einer anderen Tante auch so eine Kette versprochen habe. Ist deine Mama zu Hause?«
    »Ja, klar«, beeilte sich Tumi zu sagen. »Ganz sicher. Sie liegt immer in der Badewanne, wenn wir zur Kirche gehen. Wenn wir zurückkommen, gibt es was zu essen. Wollt ihr nicht mitkommen und auch was essen?«
    »Cool«, sagte Jakob, und damit war die Sache geritzt.
    Als sie zu Hause ankamen, war Mama offensichtlich schon längst der Wanne entstiegen, denn ihre erboste Stimme war im ganzen Haus zu hören. Vildis eilte den anderen voran in die Küche, wo Mama in der Tat mit Oma am Küchentisch saß und sich über das Anzeigenblatt beugte.
    »Die Stadt will ein Hochhaus auf das Wallhof-Grundstück bauen lassen«
, las sie voller Empörung, und es klang fast so, als würde sie auf einer Kundgebung sprechen. »Sind die denn verrückt?
Den Eigentümern des Wallhofs könnte das Millionen einbringen
«, las sie weiter. »Wie durchgeknallt sind die denn?!«
    »So, jetzt beruhig dich mal«, sagte Oma. »Das ist doch bloß Geschwätz. Dieses Land gehört uns und hier baut niemand Betonluftschlösser. Wie sehr die das auch wollen und egal, was uns geboten wird.«
    Opa nahm ihr die Zeitung aus der Hand. Doch sogar er, der sonst so selten die Stimme hob, regte sich nun ebenfalls auf: »In dieser Stadtverwaltung hat ganz offensichtlich jemand den Verstand verloren«, knurrte er wütend.
    Erst jetzt entdeckte Mama Hermann und die Jungs, die inzwischen ebenfalls in die Küche gekommen waren.
    »Ach, hallo! Bitte setzt euch und entschuldigt, dass ich so laut war. Und übrigens … danke, dass du Tumi mit dem Portemonnaie geholfen hast«, sagte sie dann zu Hermann. »Du entwickelst dich zum Mädchen für alles in unserem Hause. Findest Kinder und kümmerst dich um gefundenes Geld.«
    Hermann musste lachen.
    »Euer Zuhause ist so schön bunt«, sagte er. »Hier ist immer etwas los. Und fantastische Kinder hast du. Das da ist ein ganz Besonderer«, sagte er und zeigte auf Tumi. Der strahlte und war außerdem froh, dass Mama nicht mehr herumschrie. Das hätte Hermann bestimmt nicht so gut gefunden.
    »Eigentlich bin ich hier, weil ich versprochen habe, noch so eine Kette wie kürzlich zu besorgen«, erklärte Hermann nun auch Mama. »Sie ist auf dem Geburtstag meiner Tante richtig gut angekommen.«
    Mama bat Vildis, ein paar Ketten aus der Werkstatt zu holen, während sie und Oma ein Büfett aus Brot und Käse und Wurst und allen möglichen Marmeladen herbeizauberten. Alle aßen nach Herzenslust, nicht zuletzt die Brüder Stefan und Jakob.
    »Warum gibt’s so was nie bei uns, Papa?«,
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