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0066 - Todesgeister der Sahara

0066 - Todesgeister der Sahara

Titel: 0066 - Todesgeister der Sahara
Autoren: Richard Wunderer
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Nach einem freien Wochenende ist der Arbeitsbeginn am Montag immer ziemlich hart. Besonders hart fand ich ihn, weil es ein nebliger Tag war, kalt, grau und regnerisch. Und das in London, wo jeder Regen irgendwie doppelt zählt. Manchmal habe ich das Gefühl, in England wären die Regentropfen feuchter als anderswo. Das ist sicher nur eine Täuschung, paßte aber zu meiner Stimmung an diesem Morgen.
    Daher begann blanker Neid in mir zu nagen, als mir Glenda Perkins meine Post brachte. Glenda, schwarzhaarige und bildhübsche Sekretärin in meinem Vorzimmer im Yard, tat das nicht ohne einen feurigen Blick. Reinste Verschwendung bei mir! Ich hatte mir zum obersten Prinzip gemacht, im Büro keinen Flirt anzufangen. Glenda vergeudete ihre Kräfte.
    Sie merkte es und zog wortlos wieder ab, während ich auf eine Ansichtskarte aus Tunis starrte. Sie zeigte weißen Strand, grüne Palmen, blaues Meer und wolkenloser Himmel. Ich warf einen mißmutigen Blick aus dem Fenster in den strömenden Regen.
    Während ich für Scotland Yard in London arbeitete, sonnte sich mein Freund Bill Conolly in Tunesien. Das schrieb er zumindest auf der Karte, auch wenn es nicht so ganz stimmte.
    Früher war ich oft mit Bill Conolly zusammen auf Geisterjagd gegangen. Das hatte sich seit seiner Hochzeit mit Sheila geändert. Und erst recht seit der Geburt seines Sohnes John. Sheila war von Anfang an dagegen gewesen, daß Bill sich immer wieder solchen Gefahren aussetzte, wie sie ein Kampf gegen Geister und Dämonen mit sich brachte. Bill hatte kürzer getreten. Und seit es John jr. gab, hielt er sich noch mehr zurück.
    Daß er diesmal verreist war – noch dazu ohne Sheila –, hatte einen beruflichen Grund. Bill war Reporter, aber die Conollys konnten es sich leisten, nur zu tun, was sie wirklich wollten. Sie waren finanziell abgesichert. Diesmal hatte Bill das Angebot erhalten, eine ausführliche Reportage über Tunesien zu schreiben. Zusammen mit Tom Turner, einem bekannten Fotografen, war er schon vor einer Woche nach Tunesien geflogen.
    So ganz stimmte das mit dem Faulenzen in der Sonne also nicht. Außerdem gab es auch in Tunesien nicht nur Sonne. Trotzdem nagte der Neid in mir, wenn ich mir die Postkarte ansah.
    Nicht, daß ich meinem Freund das schöne Wetter nicht gegönnt hätte. Durch Bills begeisterte Schilderung der afrikanischen Sonne ging mir das Londoner Wetter nur doppelt auf die Nerven.
    Ich überlegte krampfhaft, ob ich nicht auch irgendeine Aufgabe in einem Sonnenland übernehmen konnte. Als Geisterjäger kam ich schließlich um die ganze Welt.
    Eine halbe Stunde später trat Glenda wieder in mein Büro, diesmal mit einem Telegramm.
    »Ist soeben eingetroffen«, sagte sie. Dabei war es selbstverständlich, daß sie Telegramme sofort an mich weitergab. Glenda war die Zuverlässigkeit in Person.
    Ich betrachtete das Blatt in meiner Hand mit einer Mischung aus Spannung und Vorahnung. Telegramme bedeuten selten etwas Gutes. Als ich dann sah, woher es kam, fühlte ich einen Kloß im Hals.
    Tunesien!
    Warum sollte mir Bill ein Telegramm schicken? Der kleine John, Bills und Sheilas Sohn und mein besonderer Liebling, war bei seiner Mutter gut aufgehoben. Hätte es etwas mit dem Kleinen zu tun gehabt, würde sich Bill an seine Frau gewandt haben. Und wollte er eine gute Nachricht, könnte er auch direkt an Sheila telegrafieren. Warum also an mich?
    Ich gab mir einen Ruck und riß das Telegramm auf. Und dann las ich ziemlich verwirrt den Text, las ihn noch einmal und ein drittes Mal. Anschließend war ich genau so schlau wie am Anfang.
    ***
    Glühend heiß brannte die Sonne auf das kahle Felsmassiv herunter. Das Wetter schien sich überhaupt nicht mehr um die Jahreszeit zu kümmern. Es war heiß, obwohl auch in der Wüste eine kühlere Periode hätte einsetzen müssen.
    Normalerweise kreisten über den vegetationslosen Bergen die Geier und warteten auf Aas. Jetzt ließ sich kein einziges Lebewesen in weitem Umkreis blicken.
    Von Süden näherte sich eine Karawane dem Felsmassiv. Traditionsgemäß benutzten die langen Reihen von Kamelen und Menschen eine breite Schlucht, die die Berge in der Mitte teilte. Diesmal jedoch wich der Karawanenführer nach Osten aus, um das Gebirge zu umreiten. Er wußte selbst nicht genau, warum er es tat, aber er hatte nicht den Mut, sich den Felswänden noch mehr zu nähern.
    Die Kamele waren während der letzten halben Stunde unruhig geworden. Kaum wechselte die Karawane die Richtung, als sich die Tiere
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