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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis
Autoren: Gudrun Helgadottir
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wir sprechen über die Hochzeit deiner Mutter.« Jetzt endlich gestattete er sich ein verhaltenes Lachen.

    Es war nicht übel, in Hermanns Jeep zu sitzen. Mit so einem schicken Auto war Tumi noch nie gefahren. »Da würde sogar Vala ihre Meinung ändern und lieber einen Jeep haben wollen statt einer Schubkarre«, sagte Tumi. Daraufhin musste er Hermann natürlich von Valas Schubkarrenfahrten erzählen und Hermann schien sich prächtig zu amüsieren. »Ihr seid alle so lustig auf dem Wallhof«, behauptete er. »Das mit der Hochzeit lasse ich mir noch mal durch den Kopf gehen. Aber ich bezweifle, dass jemand meine pubertären Bengel lustig findet. Ich bin mit Sicherheit das einzige lebende Wesen, das sie im Moment aushält. Meine einzige Hoffnung ist, dass sich das mit der Zeit noch legt.«

    Der Polizist, der das Portemonnaie entgegennahm, war richtig nett. Viel netter als die Cops im Fernsehen. Im Gegensatz zu denen rauchte er auch nicht. Und er schrie niemanden an.
    Hermann erklärte, dass er Tumi angeboten habe, ihn herzufahren, da er oben auf dem Wallhof wohne.
    »Dann überrascht mich deine Ehrlichkeit nicht. Du bist der Enkel von Jonathan, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Tumi jetzt stolz. »Und von Oma.«
    Der Polizist schmunzelte. »Ja, das habe ich mir schon fast gedacht.«
    Wem das Portemonnaie gehörte, war leicht zu erkennen – es stand auf den Karten. Der Polizist rief den Besitzer sofort an, und der bekundete seine Freude so lautstark, dass der Polizist den Hörer vom Ohr weghalten musste.
    »Ein kleines Kerlchen hat das Portemonnaie gerade abgegeben«, erklärte der Polizist. Der Mann am Telefon antwortete etwas und der Polizist wiederholte:
    »Finderlohn? Ja, selbstverständlich. Fünftausend? Sagtest du fünftausend? Wunderbar. Er wird sich freuen. Du kommst dann her und holst es ab. Tschüss, bis gleich.«

    Als sie wieder im Auto saßen, startete Hermann nicht sofort. Er guckte Tumi an, der auf dem Beifahrersitz saß, und drückte ihm den Fünftausender in die feuchte Hand. »Nun, Tumi, die ganze Sache ist doch ganz gut ausgegangen. Dieses Geld gehört dir, du hast dem Mann sehr geholfen«, sagte er. »Denn neben dem Geld, das weg ist, kostet es auch Unmengen, all die Karten neu zu beschaffen. Aber so sind alle zufrieden.«
    »Ich weiß«, sagte Tumi. »Genau das habe ich auch gerade gedacht. Danke, dass du mir geholfen hast.«
    »Und so hast du auch gleich wieder etwas in der Bank zu erledigen«, sagte Hermann mit einem verschwörerischen Grinsen. »Dann können wir uns weiter über Heiratspläne unterhalten. Aber tu mir einen Gefallen: Sprich mit niemandem darüber. Das bleibt am besten ganz unter uns beiden.«
    Hermann kutschierte den glücklichen Krösus zurück auf den Wallhof, und Mama, die gerade ein Segeltuch aus der Werkstatt über die Wäscheleine hängte, winkte ihnen zu.
    »Du hast eine tüchtige Mutter«, sagte Hermann noch, bevor er wieder vom Hofplatz brauste.
    Tumi wusste nicht, ob Männer generell auf Frauen fliegen, die tüchtig sind. Er hatte immer gedacht, dass sie lieber hübsche Frauen wollen. Aber vielleicht stimmte das auch nicht. Und dann wurde ihm klar, dass das überhaupt keine Rolle spielte. Mama war nämlich beides: tüchtig und hübsch. Die Sache war also bombensicher. Zufrieden rannte Tumi – den Fünftausender durch die Luft wedelnd – auf die werdende Braut zu.

[zurück]

    Alle sind sich einig: So sollte das Leben sein
    Es war herbstlich geworden auf dem Wallhof. Die Äste der Ebereschen bogen sich unter der Last der feuerroten Beeren, die unzählige Vögel eifrig in sich hineinstopften. Die Mispel im Garten zeigte sich jeden Tag in einer anderen Farbe und Mama sammelte Eimer voller Blüten und Zweige für den Weihnachtsschmuck. Oma und Opa arbeiteten wieder in der Schule und bald würde auch für die Kinder der Unterricht wieder beginnen. Wie gesagt: Alles war, wie es sein sollte.
    Das Einzige, was Tumi bedrückte, war, dass zwischen Mama und Hermann nichts Bemerkenswertes geschehen war. Tumi war zwar mit der Hälfte des Geldes zur Bank gegangen, doch Hermann war auf einer Sitzung und konnte nicht mit ihm sprechen. Die andere Hälfte hatte Tumi Vildis gegeben – immerhin hatte sie ihn nicht verpetzt und niemandem von der Sache mit Hermann und Mama erzählt. Es war nur gerecht, sie dafür zu belohnen, und Vildis freute sich natürlich sehr. Tumi war schon ein lieber Bruder, fand sie.
    Was Hermann und Mama anging, war Tumi jedoch vollkommen ratlos. Sie trafen sich
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