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Rolf Torring 064 - Der Mörder von Madras

Rolf Torring 064 - Der Mörder von Madras

Titel: Rolf Torring 064 - Der Mörder von Madras
Autoren: Hans Warren
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      1. Kapitel Ein nächtliches Erlebnis.  
     
      »Hilfe, Hilf . . . «  
      Der zweite Ruf erstarb so plötzlich, als hätte der Tod den schreienden Mund geschlossen.  
      „Dort drüben aus dem alten Palast kommen die Hilferufe," stieß Rolf aufgeregt hervor, „schnell hinüber, es war eine Engländerin, die da gerufen hat."  
      Wir waren gerade auf der westlichen Seite des Flusses „Kum", der die großen Stadtteile, in denen der Gouverneur, die Behörden, die europäischen Geschäftsleute und die Großen des Landes ihre eleganten Wohnhäuser haben, von der Eingeborenenstadt trennt  
      Schnell eilten wir über die nahe Brücke und standen wenige Minuten, nachdem die Hilferufe erklungen waren, vor dem Palast. Die Eingeborenenstadt hat sonst enge, winklige Gassen mit kleinen Häusern. Der Palast stand an ihrem Anfang, er schien aus der Zeit der Hindufürsten zu stammen.  
      Die mächtigen Steinquadern waren uralt und so hart, daß selbst die zerstörende Zeit wenig Risse und Vertiefungen in ihre Flächen hatte nagen können.  
      Das riesige Tor aus Bronze, das eine dicke Schicht Patina bedeckte, war geschlossen. Rolf ergriff den Türklopfer, der den Kopf und halben Leib einer Kobra darstellte, und ließ ihn wuchtig auf das Metall fallen.  
      Die kräftigen Schläge gaben einen dröhnenden Widerhall, — aber nichts rührte sich in dem alten Gebäude. Wir konnten uns aber auf keinen Fall geirrt haben, die Rufe waren unbedingt aus dem alten Palast erklungen.  
      „Rolf, vielleicht ist er verlassen, und irgendeine Bande hat ihr Quartier hier aufgeschlagen," meinte ich. „dann werden wir wohl kaum Einlaß finden, und inzwischen wird das Mädchen beseitigt!"  
      „Das fürchte ich ja auch," rief Rolf unmutig, „vorwärts, Hans, es hilft nichts, wir müssen regelrecht einbrechen. Dort die Fenstergitter über uns sind weit genug, daß wir uns zwischen den Stäben hindurchzwängen können. Nur so können wir hinein, denn das Tor ist nicht zu öffnen. Schade, daß Pongo nicht mitgekommen ist, er hätte uns jetzt gut helfen können."  
      „Das ist richtig," gab ich zu, „aber er wollte ja bei unserem Gepard Maha bleiben. Es ist doch ganz gut, daß wir diesen nächtlichen Spaziergang unternommen haben, obwohl uns der Gouverneur von Madras, Sir Hartings, davon abriet, so können wir die Engländerin vielleicht retten."  
      Rolf hatte, während ich sprach, aufmerksam die alten Steinquadern geprüft. Das Fenster befand sich ungefähr sechs Meter über uns. Es war ziemlich gewagt, an der glatten Mauer hochzuklettern, denn wir hatten fast gar keine Stützpunkte für Hände und Füße.  
      Die wenigen Rillen und Vertiefungen, die in den Stein hineingefressen waren und die allein uns einen Halt bieten konnten, waren weit auseinander. Erst in ungefähr vier Meter Höhe konnten wir zahlreiche Löcher bemerken.  
      „Schnell, stelle dich dicht an die Mauer," rief Rolf, „ich muß auf deine Schultern klettern. Dort oben finde ich schon genügend Halt, um bis zum Fenster emporzukommen. Wenn ich oben bin, werde ich wohl einen Strick oder einen Vorhang finden, den ich dann herunterlasse, damit du auch heraufkommen kannst."  
      Rolfs Gedanke war richtig, nur so konnte man ans Fenster gelangen, und obwohl es mir nicht angenehm war, daß ich vorläufig zurückbleiben sollte, während Rolf zuerst in den unheimlichen Palast eindrang, stellte ich mich sofort eng an die Mauer, ich wußte ja, daß eine Weigerung keinen Zweck gehabt hätte.  
      Gewand kletterte Rolf auf meine Schultern, dann klomm er langsam und vorsichtig weiter hinauf. Obwohl er jetzt mehr Halt fand, war sein Beginnen doch immer noch äußerst gefährlich, ein Fehlgriff bedeutete den Absturz. Wenn ich ihn vielleicht auch hätte auffangen können, so hätten wir beide doch Verletzungen dabei erlitten.  
      Ich atmete auf, als er endlich den rechten Arm vorsichtig hochstreckte und das Fenstergitter packte. Jetzt dauerte es nur Sekunden, dann hatte sich Rolf vollends hochgezogen und zwängte sich zwischen die dicken Stäbe.  
      Er winkte mir noch einmal zu, dann verschwand sein Kopf. Bisher hatte ich ihn gut sehen können, weil der Mond sein bleiches Licht auf die Mauer des alten Palastes warf, nun aber war Rolf in der Dunkelheit verschwunden, und mich befiel plötzlich eine unerklärliche Angst.  
      Daß in diesem alten Gebäude sehr eigenartige Dinge vor sich gingen, war gewiß. Die Hilferufe, die eine
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