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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis
Autoren: Gudrun Helgadottir
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einem Spaziergang.
    »Die Tür war offen, und ich wollte nicht riskieren, dass jemand einen Herzanfall bekommt, wenn ich klingle«, sagte er und grinste.
    »Du hast mich gefunden«, rief Vala und hopste zu ihm.
    Auch Mama stand auf und ging auf ihn zu. Sie bedankte sich bei ihm, doch Hermann winkte ab. »Ich habe sie doch bloß wie ein Kätzchen unter dem Bett hervorgezogen«, sagte er freundlich. »Aber tatsächlich bin ich hergekommen, um diese junge Dame zu besuchen.« Er zog einen knuffigen kleinen Teddy aus seiner Jacke – einen Teddy, der komplett grau und komplett kraus war – und reichte ihn Vala.
    »Damit du nicht noch mal auf die Idee kommst, dich wochenlang unter ein Bett zu legen, um einen grauen, krausen Teddy zu bekommen. Er gehörte Stefan, aber der braucht ihn nicht mehr«, fügte er hinzu und zeigte auf den ehemaligen Besitzer.
    »Ach, echt?«, sagte Stefan, aber er lächelte dabei in Valas Richtung. »Und, wie ist es bei euch gelaufen?«, fragte er Mama.
    Tumi rutschte das Herz in die Hose. Hoffentlich regt sie sich jetzt nicht wieder so auf, dachte er entsetzt. Das würde Hermann bestimmt nicht gefallen.
    »Wir haben getan, was wir konnten«, sagte Mama und war die Ruhe in Person. »Zumindest haben wir dadurch mal ein bisschen Aufmerksamkeit bekommen.«
    Kein Wort von Polizei oder verhafteten Demonstranten. Tumi fiel ein Stein vom Herzen.
    Auch Vala wirkte jetzt richtig glücklich: »Vielleicht hab ich ja bald zwei alte Teddys«, sagte sie, während Mama sich an Hermann und seine beiden Söhne wandte: »Wollt ihr euch nicht auf einen kleinen Imbiss zu uns setzen?«, fragte sie.
    Hermann schüttelte jedoch den Kopf. »Wir wollen eben noch zum Friedhof und das Grab ihrer Mutter ein bisschen in Ordnung bringen«, sagte er entschuldigend. »Heute hätte sie Geburtstag gehabt.«
    Er sagte das, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, und auch die Jungs verabschiedeten sich einfach nur mit einem kurzen »Tschüss«, bevor sie gingen.
    »Findet er das denn gar nicht traurig?«, fragte Vildis verwundert und sah den dreien durchs Küchenfenster hinterher.
    »Doch, schon, Vildis«, sagte Oma. »Das kannst du dir ja vorstellen. Aber für sie ist das der normale Alltag. Sie haben keine andere Wahl. Die Hauptsache ist nämlich nicht, was einem im Leben zustößt, sondern wie wir damit umgehen. Hermann ist ein wahrer Vernunftmensch.«
    »Mehr als das«, sagte Tumi und fing sich dafür prompt einen bösen Blick von Vildis ein. »Er ist großartig.«
    »Der Ärmste, seine Frau so jung zu verlieren, und dann auch noch mit kleinen Kindern«, sagte Oma.
    »Dagurs Mutter war richtig froh, als ihr Mann gestorben ist«, sagte Tumi.
    »Was redest du da für einen Unsinn, Kind«, meinte Oma kopfschüttelnd.
    »Das stimmt. Dagur hat es mir erzählt«, sagte Tumi.
    »So etwas habe ich noch nie gehört«, sagte Oma. »War denn dieser Dagur genauso froh, seinen Vater zu verlieren?«
    »Nee, aber das war ja sowieso nicht sein Vater. Nur irgendein Esel, den seine Mutter geheiratet hatte. Wirklich!«
    »Na, wenn das so ist«, sagte Oma. »So, Kinder, und jetzt stärkt euch mal ordentlich, nach all der Aufregung.«

[zurück]

    Erst zu Besuch bei Gott, dann im Energiespargefährt nach Hause
    »Jetzt beeilt euch«, sagte Mama. »Und denkt daran, immer auf dem Bürgersteig zu bleiben.«
    Das Dreiergespann machte sich auf den Weg zur Sonntagsschule in der Kirche.
    Dort gingen sie jeden Sonntagmorgen hin, wie die meisten Kinder aus der Straße. Der Pfarrer war ein lustiges Männchen, das ihnen Geschichten von Jesus und Gott und allem Möglichen erzählte. Dann sangen sie alle zusammen und bekamen Kakao – es war einfach nur schön. Sonntagmorgens gab es ohnehin sonst nichts Spannendes zu tun, weil Mama es nicht ertragen konnte, sich das Gezanke um das Fernsehprogramm anzuhören. Wenn sie wieder nach Hause kamen, war Mama immer frisch und munter, weil sie die ganze Zeit in der Badewanne gelegen und in Thymian und Leimkraut gebadet hatte.

    Tumi, Vildis und Vala trotteten gerade heimwärts, als sie Manni aus der Nummer 19 mit einer Schubkarre voll Gras in seinem Garten antrafen.
    »Na, so was, einen guten und gesegneten Tag wünsche ich«, sagte Manni und lächelte freundlich. Der Manni war ein richtig netter Kerl. »Wo lang des Weges?«
    »Wir waren oben bei Gott«, sagte Vala.
    »Ach, so ist das«, sagte Manni und lachte herzhaft. »Darf ich euch hereinbitten zu meiner Svana, die schwärmt auch immer so von Gott.«
    Das
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