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Bittersweet Moon

Bittersweet Moon

Titel: Bittersweet Moon
Autoren: Sara Belin
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konnte. Gut
so, das machst du ganz toll, bleib schön ruhig , redete ich mir im Geist zu
und legte die Hände zurück an die Klaviatur. Augenblicklich bekam ich eine
Eingebung und noch bevor ich es geschafft hätte, es mir anders zu überlegen,
begann ich mein Lieblingslied von Robin zu spielen.
    Trotz
geschlossenen Augen spürte ich seine Blicke und auch die Überraschung, als er
die Anfangsakkorde erkannt hatte. Eine magische Atmosphäre baute sich um mich
auf. Mit jedem Atemzug durchdrang sie mich stärker und ich selbst wurde teil
dieser Magie. Ich fühlte mich wie in Trance, ich sang und spielte eine seiner
schönsten Balladen, während er in meiner unmittelbaren Nähe zuhörte und mich
beobachtete! Immer mehr überließ ich mich dieser Traumsituation und ich sang
nicht nur aus dem Bauch heraus wie vorher, sondern direkt aus meiner Seele. Mit
jedem Wort seines Liedes offenbarte ich meine verborgenen Gefühle, die ich all
diese Jahre während meiner Schwärmerei empfand und nichts hielt mich mehr
zurück. Ich fühlte mich frei und ekstatisch, mit den gesungenen Tönen spann ich
ein Zaubernetz aus Leidenschaft, Bewunderung, Sehnsucht und Begehren, das ich
im Raum ausbreitete und Robin zu Füßen legte. Oder doch um ihn? Unerwartet
wurde es mir bewusst, was für überraschende Stärke ich in diesem Augenblick
besaß. Durch die Kraft der Musik wuchs ich weit über mich hinaus und wurde zur
Femme fatale, zur Zauberin, zur Verführerin. Längst spielte ich nicht mehr die
Originalmusik von Robin, meine Finger bewegten sich wie von alleine und
erfanden immer neue Akkorde und Harmonien. Aus dem Song schuf ich eine
dramatische Opernarie, ich sang und spielte sie, als ob ich die Mimi im zweitem
Akt singen würde und nicht eine Rockballade, die auf vier Akkorden basierte.
Ich machte sie zu meiner eigenen Komposition, ohne dabei irgendetwas an der
Melodie geändert zu haben, ich sang sein Text, aber es waren trotzdem meine Worte,
die ich erzählte: " Stay with me this night and break my heart tomorrow,
I won't ask for more, you won't see my sorrow..."
    Die
letzte Takte sang ich mit geschlossenen Augen, weil mich endlich die Tränen
überwältigten. Erst jetzt wurde mir bewusst, was ich sang und warum gerade
dieses Lied gesungen werden musste. Ich ließ einfach alles raus, was in mir vergeblich
um Anerkennung kämpfte, was von mir nicht wahrgenommen werden wollte, was ich
schon so lange verdrängte und vernachlässigte. Meine unterdrückte Sehnsucht
nach großer Liebe öffnete durch Robins Anwesenheit und durch das, was er für
mich verkörperte, den sicheren Stau in mir und überflutete mich unaufhaltsam
während nur eines Songs. Eine wachsende, unklare Vorahnung breitete sich in mir
aus und ich konnte noch nicht erkennen, ob sie mir Glück oder Schmerz
versprach. Alles was ich wusste, war die Gewissheit, dass ich mich gerade in
einem schicksalhaften Augenblick befand, an einem unerwarteten Wendepunkt… Als
die Musik verstummte, herrschte im Raum einige Sekunden lang die Stille. Ich
öffnete wieder die Augen und sah Tom, wie er mich ungläubig anstarrte. Robin
war der erste, der anfing zu applaudieren. Es folgten ihm Tony, Tom und auch
beide Japaner, die endlich ihre Zeitungen ablegten. Ohne Eile erhob ich mich
vom Klavier und atmete so stark aus, dass die Kerzenflammen vor mir unruhig
aufflatterten. Tom warf mir ein Küsschen zu. Während ich mich vorbeugte,
schaute ich mutig Robin an, der zusammen mit Tony begeistert in die Hände
klatschte und mir einen Ausruf der Anerkennung schenkte. Staunend lächelte ich
nur scheu und wusch mir von der Wange noch schnell eine verräterische Träne
weg. Es war mir egal, was Robin dabei dachte und ich gab mir keine Mühe mehr,
meine Rührung zu verbergen. Erleichtert verließ ich die Bühne und sehnte
mich nur noch nach der sicheren Zuflucht meiner Garderobe. Ohne zurückblicken
zu müssen wusste ich, dass Robins Blick mich verfolgte. Er war fast körperlich
spürbar und ich genoss es.
    "Du
warst unglaublich," rief mir Tom nach, bevor ich durch die Tür verschwand
und sie hinter mir laut zuknallte. In meiner Garderobe warf ich mich kraftlos
in den weichen, roten Sessel, überwältigt von einem Wahnsinnsgefühl des Glückes
und ich atmete langsam und tief, um irgendwie wieder auf den Boden zu kommen.
Ich fühlte mich wie beflügelt, es war mir bewusst, dass ich mich diesmal selbst
übertroffen hatte. So wie an diesem Abend hatte ich noch nie gesungen, nicht
mal während meiner besten
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