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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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Prolog
    Mittwoch, 1. Juli
     
    Morddrohungen?
    Torsten Leppla stieß geräuschvoll Luft durch die Nase.
    Eigentlich kein Wunder, nach dem, was gestern passiert ist.
    Er blickte hinüber zu seinem Fernsehgerät, auf dem ein Laufband die Liveübertragung einer Pressekonferenz ankündigte.
    Sensationelle Enthüllungen eines Kronzeugen?
    Bin sehr gespannt, ob die diesmal auch wirklich spektakulär sind. Hoffentlich sind es nicht wieder solche Windeier wie diese lächerlichen Doping-Geständnisse vor ein paar Wochen. Urplötzlich beichten da einige Radprofis ihre Dopingsünden. Und warum? Etwa aus freien Stücken? Von wegen! Nein, nur deshalb, weil sie von einem ehemaligen Masseur schwer belastet wurden. Freiwillig hätten die das doch nie getan. Und was haben sie gebeichtet? Ihre längst verjährten Dopingvergehen! Und der Öffentlichkeit wollten diese Scharlatane auch noch weismachen, dass sie danach nie mehr gedopt hätten. Märchenstunden, nichts als Märchenstunden!
    Im Leistungssport wurde schon immer gedopt. Und es wird auch weiterhin gedopt werden. Selbst die Gladiatoren im alten Rom haben sich gedopt. Er grunzte amüsiert. Mit Stierhoden!
    Brot und Spiele. Seit der Antike hat sich doch im Prinzip nichts Wesentliches geändert. Im Amphitheater haben die Jungs mit schweren Waffen aufeinander eingeschlagen. Heutzutage bekämpfen sie sich mit Hightech-Rädern bei mörderischen Alpenetappen. Und warum tun sie das? Aus der gleichen Motivation heraus wie vor 2.000 Jahren: Es geht um Ruhm und Ehre – und um Geld, um viel Geld. Und warum geht es um viel Geld? Weil Heerscharen von lüsternen Voyeuren diese Bergdramen begaffen und sich an den Sportlerqualen ergötzen.
    Ohne Zuschauer kein Geld.
    Ohne Geld kein Doping.
    Ist doch eigentlich ganz einfach, oder?
    Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und atmete tief durch.
    Ja, ja, die guten alten Drogen Ruhm und Geld.
    Aber wer von uns ist denn nicht süchtig danach?
    Leppla drückte die Zigarette aus und schrieb an seinem aktuellen Artikel weiter. Seine Beiträge für die heutige Ausgabe der Pfälzischen Allgemeinen Zeitung hatte er gestern Nacht gerade noch rechtzeitig in der Redaktion abgeliefert. Heute Morgen war er zeitig aufgestanden und hatte den ganzen Tag über recherchiert. Nun konnte er sich endlich wieder dem Text widmen, den er vor ein paar Tagen begonnen hatte und der sehr gut zu den gegenwärtigen, spektakulären Ereignissen passte. Entsprechend der Vorgaben seines Chefredakteurs versuchte er mit seinem provokanten Artikel, die Leser aufzurütteln und sie gleichzeitig mit Hintergrundinformationen zu versorgen.
    Doping gehört zum Leistungssport wie der Schweiß der Athleten, überflog er die ersten Zeilen. Solange es Menschen gibt, wird überall dort gelogen und betrogen, wo es ums liebe Geld geht: in der Wirtschaft, in der Politik – und eben auch im Sport. Jeder Insider weiß doch ganz genau, dass heutzutage fast alle Spitzensportler von ihren sogenannten medizinischen Betreuern systematisch an die legalen Grenzwerte herangedopt werden.
    Warum nicht einen Schritt weitergehen und Doping völlig freigeben?
    Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einem Berufssportler und einem Stardirigenten, Herzchirurgen oder Zirkusartisten? Da fragt doch auch kein Mensch danach, welche illegalen Substanzen diese Leute einsetzen, um Spitzenleistungen zu vollbringen. Sollte man einem erwachsenen Menschen nicht zugestehen, selbstverantwortlich mit seinem Körper umzugehen?
    Im Straßenverkehr und im Supermarkt tut man das doch auch. Ich kann mit 250 Stundenkilometern über die Autobahn rasen oder mir zwei Flaschen Wodka kaufen und mich ins Koma trinken – alles völlig legal!
    Leppla nippte an seinem Espresso und blickte nachdenklich zur Zimmerdecke empor. Dann schloss er die Augen und sehnte sich eine Inspiration herbei. Plötzlich klatschte er in die Hände, dann flogen seine Finger regelrecht über die Tastatur:
    Durch eine Freigabe der Dopingmittel würde man den Sumpf des mafiösen Schwarzmarkthandels ein für alle Mal trockenlegen. Zudem würde dadurch die scheinheilige Kriminalisierung der Athleten auf einen Schlag beendet.
    Sportler sind vor allem Opfer, nicht Täter!
    Es kann nicht angehen, dass die Rennfahrer bis hin zum finanziellen Ruin die Zeche zahlen sollen, während sich die Hintermänner die Taschen vollstopfen und dabei auch noch straffrei ausgehen .
    Die wahren Täter quälen sich nicht auf einem Rennrad in sengender Hitze den
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