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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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Bezeichnung im Profi-Radsport wortgetreu mit Inhalt gefüllt wurde. Die Hauptaufgabe des Wasserträgers bestand nämlich exakt in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs: Während des Etappenrennens mussten diese Sportler Trinkflaschen vom Begleitfahrzeug des Teams zu den Spitzenfahrern transportieren. Im Radsport herrschte eine strenge Hierarchie.
    Aber damit hatte Florian keine Probleme. Als Novize musste man eben auf der untersten Sprosse der Karriereleiter beginnen und sich Stufe für Stufe hocharbeiten. Das erreichte man am schnellsten, indem man gewissenhaft seinen Job erfüllte und durch Leistung auf sich aufmerksam machte.
    Irgendwann bekomme auch ich meine große Chance, dachte Florian. Und die werde ich nutzen.
    Der junge Radprofi stand am Fenster seines Zimmers und blickte gedankenverloren hinunter auf den Innenhof, wo die Teamfahrzeuge geparkt waren. Auf der Seitenfläche des Lkws, in dem die Rennmaschinen und eine kleine, mobile Mechaniker-Werkstatt untergebracht waren, leuchtete ihm das farbenfrohe Turbofood-Logo und der Slogan › Unsere Gesundheits-Turbos für Ihre Lieblinge!‹ entgegen. Werbefotos mit den bekanntesten Produkten des weltgrößten Herstellers von Futtermitteln und Tiernahrungs-Ergänzungsprodukten rundeten die Eigenwerbung ab: Happycat-Premium-Cookies, Happydog-Power-Food, Happyhorse-Relax-Pellets.
    Womit man so alles sein Geld verdienen kann, sinnierte Florian, der noch nie in seinem Leben ein Produkt seines Brötchengebers gekauft hatte. Jedenfalls muss das ein sehr profitables Geschäftsfeld sein, sonst könnte mir dieser Weltkonzern wohl kaum dieses Wahnsinnsgehalt zahlen.
    Er rieb sich sie Augen und gähnte. Seit seiner Nachnominierung hatte er viel zu wenig geschlafen. Die auf ihn einstürzenden Ereignisse hatten ihn wie eine Tsunamiwelle mitgerissen und auf eine unbekannte Insel gespült.
    Von den Trainingslagern der Junioren-Nationalmannschaft her war Florian eine Unterbringung der Sportler in Mehrbettzimmern gewohnt. Die Betreuer hatten diese Maßnahme stets mit positiven Auswirkungen auf den Teamgeist begründet. Im Profi-Bereich legte man offenbar keinen sonderlichen Wert auf derartige Dinge. Die Teamfähigkeit des Einzelnen wurde anscheinend vorausgesetzt.
    Auf der Busfahrt hierher zum Waldhotel saß er neben einem Landsmann, den er bislang nur aus dem Fernsehen kannte. Heiko Bolander war Bergspezialist und hatte bereits acht Mal die Tour de France bis zum Ende durchgestanden. Florians Ehrfurcht gegenüber diesem Helden der ›Tour der Leiden‹ war kaum in Worte zu fassen. Am Anfang traute er sich nicht, ihn anzusprechen, sondern blickte schweigend aus dem Fenster. Erst als sein Nebenmann plötzlich munter draufloszuplappern begann, war er aufgetaut und fragte dem renommierten Kollegen regelrecht Löcher in den Bauch. Wie ein wohlwollender Mentor befriedigte Bolander das Informationsbedürfnis des Jungprofis und gab ihm darüber hinaus auch noch den einen oder anderen wertvollen Tipp.
    Besitzer des erfolgreichen Radsportrennstalls war der amerikanische Turbofood-Konzern. Als Teamchef fungierte Bruce Legslow, eine wahrhafte Radfahrer-Ikone. Schließlich hatte er viermal hintereinander die Tour de France gewonnen. Und das, obwohl er seit seiner frühesten Kindheit unter schwerem Asthma litt und zeitlebens auf starke Medikamente angewiesen war.
    Aufgrund von Medienberichten war Florian bekannt, dass Legslow mehrere Bücher über seinen jahrelangen Kampf gegen die lebensbedrohliche Erkrankung geschrieben und eine Stiftung mit dem Namen ›Medical Hope‹ gegründet hatte. Den Presserecherchen zufolge flossen die eingesammelten Spendengelder zum überwiegenden Teil in innovative Genforschungsprojekte.
    Da Bruce Legslow angeblich als Großaktionär an diesen Biotech-Unternehmen beteiligt war, unterstellten ihm Kritiker primär eigennützige Motive für sein vordergründig soziales Engagement. Zudem munkelte man, dass der Turbofood-Konzern aus wirtschaftlichem Eigeninteresse diese Werbekampagne für die Genforschung großzügig finanziell unterstützte.
    Florian Scheuermann war Legslow nur kurz bei der Vertragsunterzeichnung begegnet. Dem Teammanager eilte der Ruf eines knallharten Erfolgsmenschen voraus. Aber das kam Florian gerade recht. Auch er wollte erfolgreich sein und sich den Traum eines jeden Radsportlers erfüllen: einmal im Leben die Tour de France zu gewinnen – und dadurch unsterblich zu werden!
    Bruce Legslow reiste dem Tross stets ein paar Tage voraus. Er
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