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0094 - Das Grauen lauert in Soho

0094 - Das Grauen lauert in Soho

Titel: 0094 - Das Grauen lauert in Soho
Autoren: Franc Helgath
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Wie ein ausgebleichter Lampion hing der Mond zwischen zerfaserten Wolkenbänken. Sein fahles Licht fiel herab auf Soho und versickerte in den engen Gassen zwischen alten Häusern. Auf dem Kopfsteinpflaster glänzte die Nässe. Der Regenguß vom Abend hatte die Tageshitze nicht ganz aus den düsteren Häuserzeilen spülen können. Dampf stieg aus den Gullys neben den verdreckten Trottoirs.
    Schrill zerriß der Schrei einer streunenden Katze die mitternächtliche Stille und ließ die drei Männer zusammenfahren. Unwillkürlich verlangsamten sie ihre Schritte.
    »Los! Weiter!« bellte Hark Marner heiser. »Dieses verdammte Loch muß gleich um die nächste Ecke liegen. Du hast doch das Geld, Smitty?«
    »Hm. Ja«, antwortete der kleinwüchsige, fuchsgesichtige Ganove. »Aber glaubst du wirklich, daß es gut ist, was wir da machen? Und wenn uns der Kerl anschmiert?«
    »Er hat gesagt, er könne es uns beweisen, daß seine Ware etwas taugt. Und das sehen wir uns jetzt an. Wenn sie etwas taugt, dann kaufen wir auch.« Smitty schwieg einen Augenblick und vergrub die geballten Fäuste noch ein wenig tiefer in die Taschen seiner abgewetzten Lederjacke. Dann blieb er stehen.
    »Aber trotzdem, Hark. Verrückt ist das schon, was wir da machen. Hab’ noch nie gehört, daß einer einen bösen Geist gekauft hat…«
    »Halt die Klappe, Smitty!« sagte der hochgewachsene Hark Marner grob. Er hatte sein knochiges Kinn an die Brust gesenkt. »Noch ist nichts entschieden. Wir sehen uns die Geschichte in aller Ruhe an, und dann können wir immer noch aussteigen. Aber wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was dieser Kanake mir getrichtert hat, dann sind wir alle drei gemachte Leute. Das sag’ ich euch.«
    »Ich glaube, hier müßte es sein«, meinte der dritte und schaute die verrußten Backsteinmauern entlang.
    Hausnummern suchte Jerry Winter vergeblich. Hinter keiner der dunklen Fensterhöhlungen brannte Licht. Aber er wußte, daß ihr Ziel im vierten Haus an der rechten Seite dieser Straße liegen sollte. Jetzt standen sie davor.
    Hark Marner, der Kopf der drei Ganoven, wußte nicht, warum er plötzlich fröstelte. Da war so ein seltsames Ziehen im Nacken, das er sich nicht erklären konnte. Keiner konnte ihm nachsagen, er hätte zu den ängstlichen Naturen gehört, und trotzdem stieg mit einem Male Panik in ihm hoch. Er unterdrückte dieses Gefühl und schalt sich einen Narren. Er konnte ziemlich hart auch gegen sich selbst sein. Vor allem wollte er all seine Gedanken beisammen haben, wenn er auf diesen Kanaken traf.
    Er erinnerte sich noch sehr gut an ihre erste zufällige Zusammenkunft.
    War sie wirklich so zufällig gewesen?
    Der Malaye saß in einer Kneipe nahe der Docks und hatte eine Buddel Rum vor sich stehen. Er winkte dem rotbärtigen Hark Marner zu sich an den Tisch und musterte ihn von oben bis unten mit brennenden Blicken. Die niedrige Stirn war krausgezogen.
    »Du bist es«, sagte der Kerl mit einer tiefen gutturalen Stimme, die an die Weite der Ozeane, an exotische Länder und unbekannte Orte erinnerte. Sie klang ungeheuer fremdländisch, diese Stimme, obwohl Hark Marner kaum einen Dialekt feststellen konnte. Der Eindruck, den er von ihr hatte, mußte vom Timbre dieser Töne stammen.
    Einem inneren Zwang gehorchend setzte sich Marner auf den zurechtgezogenen Stuhl. Er trank auch aus der Flasche, die sein Gastgeber ihm reichte. Heiß und ätzend rann das braune Gesöff die Kehle hinunter und wärmte den Magen in dieser kalten Nacht.
    »Was bin ich?« hörte Hark Marner sich nach einer endlos scheinenden Pause schließlich sagen. »Was willst du von mir?«
    An und für sich drängte es ihn, wieder aufzustehen und diesen Kanaken einfach sitzenzulassen, denn es war nicht gut, wenn ein Weißer sich von einem Farbigen einladen ließ. Man stand sofort in einem üblen Ruf, wenn man sich mit Schwarzen abgab. Trotzdem stand Hark Marner nicht auf. Seine Neugierde war einmal geweckt und wollte zufriedengestellt werden.
    Der Mann tat, als hätte er Marners Fragen nicht gehört. Er grinste nur und zeigte dabei kräftige weiße Zähne. Sein Bartwuchs war unregelmäßig. Wie winzige Lichtungen standen offene Hautstellen im dunkelgekräuselten Gestrüpp, das das Kinn und die Wangen bis hoch zu den Ohren bedeckte.
    »Man nennt mich Kurulu«, sagte der Mann leise und behielt sein Grinsen bei. »Ich komme von sehr weit her.«
    »Das sehe ich«, knurrte Hark Marner. »In Westend bist du nicht aufgewachsen.«
    Der Kerl legte seine
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