Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0094 - Das Grauen lauert in Soho

0094 - Das Grauen lauert in Soho

Titel: 0094 - Das Grauen lauert in Soho
Autoren: Franc Helgath
Vom Netzwerk:
Brainville streckte dem Parapsychologen und Dämonenjäger aus Frankreich ihre Hand entgegen. Zamorra küßte sie galant.
    »Ich bin beeindruckt, Miß Norna«, sagte er. »Ihre Show hat alle meine Erwartungen noch bei weitem übertroffen.«
    »Aus Ihrem Mund wird dieses Kompliment besonders wertvoll«, antwortete die Illusionistin mit einem koketten Knicks.
    Zamorra erwiderte ihr gewinnendes Lächeln nicht. Seine Miene zeigte, daß es ihm sehr ernst war. Zerstreut stellte er Nicole vor und ließ sich Jake Brabham, den Verlobten Norna de Brainvilles, vorstellen.
    »Was haben Sie, Professor?« fragte die Illusionistin. »Sie sehen aus, als wollten Sie mir Vorwürfe machen.«
    »Vielleicht sollte ich das wirklich«, antwortete Professor Zamorra. »Ich nenne nur ein Stichwort. Das Buch Chatelneau…«
    Norna de Brainville wurde blaß unter ihrer dünnen Schicht aus Schminke.
    »Können wir unter vier Augen sprechen, Miß de Brainville?«
    Die Illusionistin nickte. Sie sah aus wie eine ertappte Sünderin. Norna de Brainville nagte verlegen an ihrer Unterlippe.
    »Kommen Sie bitte mit, Professor…«
    ***
    Draußen in Shoreditch hauste Hark Marner in einer stillgelegten, ausgeräumten Fabrik. Nicht einmal die Hälfte der Fensterscheiben waren noch heil. Er hatte Wellpappe an die Stellen zerbrochenen Glases geschoben.
    In einem kleineren, abgetrennten Raum stand ein alter Kohleofen, den Hark Marner sich von einem Schrottplatz geholt hatte. Kohlen und Holz klaute er je nach Bedarf vom Gelände eines benachbarten Brennstofflagers. Eine zerfledderte dreckige Matratze, ein wackeliger Tisch und zwei altersschwache Stühle komplettierten die karge Einrichtung. In einer Ecke lagen schmutzige Kleiderbündel, in der anderen stapelte sich Müll. Auf dem Tisch standen ein Spirituskoffer und ein Blechtopf, in dem er sich dann und wann Tee oder Kaffee aufgebrüht hatte.
    Der Strom war schon längst abgeschaltet. Hark Marner mußte sich deshalb mit Haushaltskerzen behelfen.
    Angeekelt warf er einen abschiednehmenden Blick in die Runde. Er hatte es nicht mehr notig, in einer Rattenbude wie dieser zu schlafen.
    Mit hunderttausend Pfund in der Tasche.
    Sollte er künftige Beuten wirklich teilen?
    Hark Marner grinste niederträchtig in den blinden Spiegel über dem Brett, auf dem sein Rasierzeug lag. Das Glas gab sein rohes Gesicht nur verzerrt wieder.
    Marner wußte, daß er nicht schön war. Die Mädchen waren nie auf ihn geflogen. Ab und zu hatte er eine betrunkene Schlampe abgeschleppt, sich eine Frau gekauft, wenn er gerade Geld hatte oder auch einmal in einem abgelegenen Bezirk, in einem Park, irgend eine Frau vergewaltigt. Diese Zeiten waren endgültig vorbei. Jetzt konnte er sich die tollsten Mädchen leisten.
    Er griff in seinen schmuddeligen Trenchcoat und fühlte warm das Holz des Kästchens. Genüßlich, ja andächtig hob er die Schatulle an die Stirn. Sofort war der Kontakt da.
    Seine verderbten Züge nahmen einen verklärten Ausdruck an.
    Da war sie wieder, diese köstliche, einschmeichelnde Stimme, die ihm sagte, welch tüchtiger Kerl er doch eigentlich sei, daß man ihn zu Höherem berufen habe, daß niemand auf der Welt es ihm an Machtentfallung gleichtun könne.
    Smitty und Jerry brauchte er nicht mehr. Sie waren nutzlos und seinen künftigen Unternehmungen nur hinderlich. Hark habe nunmal das meiste Blut geopfert. Das müsse endlich honoriert werden.
    Wir haben die Beute aber schon geteilt! richtete Hark Marner seine Gedanken an die Wesenheit im Kasten.
    Es war ihm, als würde der Geist lachen. Noch deutlicher hörte er die Stimme des Dämons in seinem Innersten.
    »Aber Meister! Was trauerst du ein paar schmutzigen Scheinen nach, wenn du mit meiner Hilfe die ganze Welt erobern kannst? Du wirst alles haben, was dir zu wünschen nur einfällt. Töte deine Freunde, und ich führe jeden deiner Befehle in jenem Augenblick aus, in dem er dir in den Sinn gekommen ist.«
    »Jetzt gleich?« fragte Hark Marner mit plötzlich erwachtem Interesse.
    »Leider nicht, Meister. Ich bin noch nicht kräftig genug. All diese Leute in der Bank für Minuten erstarren zu lassen, hat an meiner Substanz gezehrt. Doch du wolltest, daß ich sie erstarren lasse, und ich habe gehorcht, Meister. Aber nun muß ich wieder Kräfte sammeln. Du solltest mir dabei helfen, Herr.«
    »Wie könnte ich das?«
    »Du weißt doch, wie ich wieder stark werde. Meine Nahrung ist das Laster, ist das Böse schlechthin, ist die Verworfenheit. Die Morde an deinen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher