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0094 - Das Grauen lauert in Soho

0094 - Das Grauen lauert in Soho

Titel: 0094 - Das Grauen lauert in Soho
Autoren: Franc Helgath
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aus.
    Trotzdem verfiel Hark Marner nicht eine Sekunde lang auf den Gedanken, sich das, was ihm von Wert erschien, widerrechtlich anzueignen, obwohl er und seine Komplicen ansonsten einen sehr weitläufigen Eigentumsbegriff hatten: Was dein ist, ist auch mein. Was ich habe, geht dich nichts an.
    Aber diese Gegenstände, all die Statuetten, Gefäße, altertümlichen Waffen und Opferschalen mit eingehämmerten magischen Symbolen flößten dem Unterweltler aus Soho Furcht ein, ließen ihn erschaudern. Schon bereute er, der Einladung überhaupt gefolgt zu sein. Doch er konnte nicht mehr kehrt machen. Er hätte seinen Freunden gegenüber das Gesicht verloren.
    »Hier ist, was ich euch anzubieten habe«, riß Kurulus Stimme Hark Marner aus seinen Gedanken. Der Kanake griff nach einem Holzkästchen, dessen Seitenwände und Deckel mit fernöstlicher Intarsienarbeit gestaltet waren. Die verschlungenen Muster und Arabesken sagten Marner nichts.
    »Das soll alles sein?« fragte er enttäuscht. »Ein bißchen wenig für tausend Pfund. Meinst du nicht auch, Kanake?«
    »Es ist sehr viel«, antwortete Kurulu lächelnd. »Ungeheuer viel. Dieses Kästchen enthält Macht. Es enthält eine ungeheuere Kraft, die nur darauf wartet, für euch nützlich werden zu dürfen. Es ist das Gefängnis eines Dämons…«
    »Kann man dieses Ding sehen?« wollte Smitty wissen und drängte sich neugierig näher.
    Kurulu ging nicht darauf ein.
    »Wir müssen eine kleine Zeremonie hinter uns bringen«, sagte er anstelle einer Antwort. »Der Dämon würde euch sonst zerstören. Streckt eure Hände aus.«
    Die Männer gehorchten widerwillig.
    »He, Mann!« schimpfte Hark Marner aufgebracht. »Was hast du mit dem Messer vor?«
    »Nur einen kleinen Schnitt in den Daumenballen. Ich brauche von jedem von euch einige Tropfen Blut. Dann erkennt die Wesenheit eure Herrschaft an und wird eure Befehle befolgen. Nun seid doch keine Memmen!«
    Kurulu hatte aus seinem langfallenden Seidengewand ein kleines Schälchen mit einem Tropfschnabel hervorgezogen. Er hielt es zuerst unter Hark Marners Hand.
    Der Schnitt war nicht tief und tat auch gar nicht weh. Blut perlte rot in das Schälchen. Jerry Winter und dem fuchsgesichtigen Smitty Lowdon zapfte der Malaye etwas weniger ab. Anschließend schüttete Kurulu das aufgefangene Blut in eine winzige trichterförmige Öffnung im Deckel der Schatulle.
    Nichts geschah.
    Hark Marner hatte zumindest erwartet, daß jetzt etwas Dampf aufzischen oder Blitze von der Ecke zucken würden. Aber so war er enttäuscht. Er machte auch kein Hehl aus seiner Enttäuschung.
    »Und das soll alles gewesen sein?« fragte er verdrossen. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß wir für diesen Humbug auch nur einen Schilling ausgeben. Du hast sie wohl nicht alle!«
    Kurulu zeigte sich unbeeindruckt. Er reichte das Kästchen an Hark Marner weiter.
    »öffne die Schatulle nie!« warnte er. »Drücke sie nur an die Stirn, wenn du dem Dämon deine Befehle übermitteln willst.«
    Hark Marner betrachtete das Kästchen, drehte und wendete es in seinen riesigen Händen.
    »Was kann man damit machen?« fragte er, immer noch, zweifelnd. Seine Stimme zitterte etwas.
    Kurulu lächelte breit.
    »Alles, was schlecht ist. Alles, was böse ist, mein Freund. Du kannst nie mehr etwas Gutes tun…«
    Das störte Hark Marner nicht weiter. Er hatte nicht vor, der Heilsarmee beizutreten.
    »Und warum verkaufst du’s dann, wenn es angeblich so wertvoll ist?«
    Kurulus Grinsen verstärkte sich noch mehr.
    »Hast du schon jemals von einem Heroin-Großisten gehört, der sich seine Ware selbst spritzt? Drück doch endlich die Schatulle an deine Stirn. Dann wirst du keine Frage mehr haben.«
    Hark Marner kam sich etwas dumm dabei vor und zögerte noch ein wenig. Unsicher schaute er Smitty und Jerry an und wartete deren zustimmendes Nicken ab. Dann hob er das Kästchen an die Stirn.
    Er empfand die Berührung mit dem Holz wie einen dröhnenden Paukenschlag, der all seine Nerven vibrieren ließ. Marners Mimik nahm einen entrückten Ausdruck an, denn er sah und wußte plötzlich um Dinge, die er sich vorher nicht erträumen hatte können. Seine Phantasie war viel zu arm dafür gewesen. Es war, als hätte die Berührung mit der Schatuelle ihm das Tor zu einer neuen Welt aufgestoßen.
    Es überkam ihn wie ein rauschhaftes Erlebnis von einer niegekannten Intensität. Plötzlich war er sicher, daß er alle Kraft in seinen Händen hielt, eine Kraft, die ihn zum Herrn über Zeit und
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