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Terakon

Terakon

Titel: Terakon
Autoren: Eva Maria Klima
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Sarah
    Violett leuchtende Augen blickten höhnisch auf mich herab,
während meine Mutter im Schleier eines violetten Nebels vor Schmerz und
Schrecken schrie. Ich drückte meine kleinen Hände panisch gegen meine Ohren.
Verzweifelt rief ich innerlich um Hilfe, dann sah ich das Gesicht meines
Vaters. In meiner kindlichen Naivität war ich überzeugt nun würde alles gut,
doch das Schlimmste kam erst. Wie durch einen Nebel empfand ich schier
unbeschreibliche Todesangst gepaart mit Verzweiflung und Schmerz, nein, nicht
Schmerz - Höllenqualen - begleitet von dem Geruch verbrannten Fleisches. Als
ich glaubte es nicht mehr ertragen zu können, erwachte ich in meinem von
Angstschweiß feuchten Bett. Schon wieder dieser Traum. Warum hatte ich ständig
diesen bizarren Traum? Meine ganze Kindheit, mein ganzes Leben bis zu diesem
Tag verfolgte er mich. Dennoch gab es nur eine Person die davon wusste, meine
beste Freundin, Sarah. Ich griff zum Handy, bereit ihre Nummer zu wählen, doch
dann überkamen mich Zweifel. Sollte ich sie wirklich abermals mit diesem Traum
belästigen? Nein, Sarah saß ohnedies bereits im Zug auf dem Weg zu mir. Sie
lebte in Innsbruck. Obwohl ich bereits das dritte Jahr in Salzburg studierte,
war es das erste Mal, dass sie mich besuchte. Seit dem unerwarteten, viel zu
frühen Tod meiner geliebten Schwester hatte ich nur selten Lust gehabt auszugehen.
Dennoch freute ich mich darauf mit Sarah die Stadt unsicher zu machen.
    Die letzten Sonnenstrahlen des Tages absorbierend spazierte ich entlang der
Salzach. Es war der kürzeste und auch schönste Weg von meiner Wohnung in der
Akademiestraße zur juridischen Fakultät. Es war Oktober, an den bereits
verfärbten Blättern der Bäume brach sich das Licht in vielen Farben und in der
Luft lag der Geruch von feuchtem Laub.
    Wie vereinbart erwartete mich Sarah im Innenhof der Fakultät. Schon von weitem
erkannte ich sie an ihrer Statur und an ihren kurzen, blond gefärbten Haaren.
Selbst mit ihrem pludrigen, violetten Wintermantel machte sie eine gute Figur.
Wir begrüßten einander mit einer herzlichen Umarmung gefolgt von einem
synchronen, "schön, dich wieder zu sehen!" Meine hübsche Freundin
war, was meine Mutter als ein ‚mannstolles Weib‘ bezeichnet hätte. Sie
berichtete ausführlich über die Männer, die sie während der Zugfahrt
kennengelernt hatte. Sarah erinnerte sich an jeden Gesichtsausdruck und an
jedes Wort, das gewechselt worden war. Als sie mit ihren Ausführungen fertig
war, hatten wir bereits eine Pizzeria aufgesucht und beinahe gespeist. Auch
wenn mich diese Männer beim besten Willen nicht interessierten, genoss ich es,
meiner Freundin zuzuhören.
    Am Nebentisch herrschte eine ausgelassene Stimmung. Ich muss gestehen, wir
waren so in unser Gespräch vertieft, dass ich die dortigen Personen keines
Blickes würdigte. Ich hätte es tun sollen, vielleicht wären mir dann die
lüsternen Blicke des Mannes am Nebentisch aufgefallen. Im Nachhinein betrachtet
hätte es jedoch an meiner Zukunft wenig geändert. Sarah legte geräuschvoll die
Hände auf den Tisch und wollte wissen wie es mir ging. Sie gab sich mit einem
einfachen Sehr Gut nicht zufrieden. Sie hatte sich als Antwort etwas mehr
erwartet, verdrehte ungeduldig die Augen und animierte mich mit einer
Handbewegung zu weiteren Ausführungen.
    "Eigentlich ist alles beim Alten. Ich mache meine Aufgaben und gehe zur
Uni. Samstags arbeite ich immer noch im Kino."
    Für meinen Teil hatte ich ihr alles erzählt, sie war jedoch nach wie vor mit
meiner Antwort unzufrieden und blickte mich erwartungsvoll an. Mir war klar was
sie hören wollte, genervt sagte ich: "Nein Sarah, ich habe keinen Mann
kennengelernt und ja, ja ich bin selbst schuld, da ich viel zu selten ausgehe.
Dennoch bin ich der Meinung, dass es nicht sinnvoll ist, verzweifelt nach dem
Richtigen zu suchen."
    Nach langem Hin und Her verschränkte sie die Arme und sagte beleidigt:
"Wenn du so weiter machst, endest du noch als alte verbitterte Jungfrau
und deine einzige Bezugsperson ist eine viel zu dicke Katze namens Timmy."
    Sie hatte immer schon einen leichten Hang zur Theatralik gehabt und ich zum
Sarkasmus, also antwortete ich: "Wenn du willst, kannst du dann in zwanzig
Jahren nach deiner fünften Scheidung bei mir einziehen und wir mästen Timmy
gemeinsam."
    Nach einer kurzen Pause, in der wir beide grinsten, zahlten wir und verließen
mit einem "auf ins Peris Night" die Pizzeria.
    Das ‚Peris Night‘ war die angesagteste Disko
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