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Bittersweet Moon

Bittersweet Moon

Titel: Bittersweet Moon
Autoren: Sara Belin
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in der Ecke des Wohnzimmers
betrachtete ich aus sicherer Entfernung das bunte Treiben um mich herum und
wünschte mir, nach Hause gehen zu können.
    Obwohl
ich mit meinen Sechzehn Jahren die jüngste von allen war, kam ich mir furchtbar
alt vor. Ich fühlte mich noch nicht fähig, fröhlich und entspannt mitzufeiern.
Dafür war der Schmerz in mir, den ich mit meiner Nullbock Attitude zu verstecken
versuchte, einfach zu stark. Ich steckte noch zu tief in meiner einsamen
Trauer, die ich vor der Aussenwelt sorgsam verheimlichte und verleugnete, als
ob sie eine peinliche, ansteckende Krankheit wäre, über die man einfach nicht
spricht.
    Irgendwann
verließ ich unbemerkt das Wohnzimmer, das zur wilden Tanzfläche wurde und suchte
Zuflucht in Leons menschenleerem Zimmer. Anja tanzte gerade eng
umschlungen mit einem gestylten Typen im Sakko, der ein wenig George Michael
ähnelte und kümmerte sich sowie so nicht länger um mich. Ich machte mir den
kleinen Fernseher neben dem Bett an und schaute nur halbinteressiert der amerikanischen
Musiksendung zu, um die verbliebene Zeit totzuschlagen. Der Moderator sagte
irgendwann Robins Band an, mit einer Ballade, die gerade erfolgreich die
US-Charts eroberte. Die mir noch unbekannte Band fand ich anfangs nur
mittelmäßig gut. Pop-Rock dieser Art war nicht ganz mein Geschmack, er war mir etwas
zu kommerziell und zu oberflächlich im Vergleich zu der Musik, die ich cool fand.
Ich hörte ja hauptsächlich Klassik, oder alternative, Independant Rockbands. Doch
ziemlich schnell fiel mir Robins melodische Stimme auf, die meinen Ohren mit
einer unverwechselbaren, ganz individuellen Farbe schmeichelte und mich
auf besondere Art berührte. Aufgewacht aus meiner Lethargie richtete ich
mich im Bett auf und schaute mir aufmerksam den Rest des Videos an.
    Robins
damaliges Image fand ich unmöglich, jedoch attraktiv zugleich. Toupiertes,
platinblondes Haar, starkes Make-up, Tuch um die Stirn, glänzende Leggings
und zerfetztes Netzhemd waren so was von übertrieben, dass sogar der beste Typ
darin verweiblicht und karikiert aussehen musste. So war halt die Mode damals
und Robin bildete mit seinem Stil keine Ausnahme. Jedoch hatte er das gewisse Etwas,
was mich gleich verzauberte. Unter dem langen Haar, das ihm über die Nase fiel
und ihm die meiste Zeit die blauen Augen verdeckte, erahnte ich ein interessantes
Gesicht, das mehr als nur hübsch war. Sein intensiver Gesichtsausdruck beim Singen
verzauberte mich allmählich und ich nahm mehr instinktiv als bewusst seine
charismatische, sehr erotische Ausstrahlung wahr. Aufmerksam verfolgte ich jeden
seiner tänzelnden Schritte, mit denen er sich auf der Bühne geschickt hin und her
bewegte und entzückt bewunderte ich seine vollen Lippen, die während des
Singens sinnlich das Mikrofon liebkosten. Als er am Ende des Videos durchnässt
vom künstlichen Regen melancholisch und sehnsüchtig in die Ferne schaute, begann
ich an ohne richtigen Grund zu lächeln.
    Dieses
Lächeln begleitete mich den ganzen restlichen Abend und am Ende tanzte ich
sogar gut gelaunt mit Leon, der mir dafür ein Kompliment machte. Er meinte,
wenn ich öfter so lächeln würde, könnte er sich in mich noch verlieben, hübsch
wie ich war. Es war bestimmt nicht sein Ernst, aber seine Worte taten mir gut.
Damals lächelte ich viel zu selten und mit meiner verbissen ernsten Miene
wirkte ich unzulänglich oder sogar arrogant, was mich hinter meiner Maske
wiederum noch unsicherer und einsamer machte.
    Seit
diesem Abend lächelte ich wieder öfter und es wäre übertrieben zu sagen, dass
dies an meiner neuen Leidenschaft für Robin lag. Viel mehr war es die innere
Entscheidung, sich endlich dem Leben mit Zuversicht zuzuwenden und einen
Schritt nach vorne zu wagen, die ich an diesem Abend traf. Aber in gewisser
Weise verdankte ich diesen Sinneswandel doch Robin. Er und seine Musik
erfüllten mich mit einer inspirierenden, positiven und beglückenden Sehnsucht,
die weit tiefgründiger als gewöhnliche spätpubertäre Mädchenschwärmerei für ein
Rockidol war. Robin erschien mir wie ein rettender, tröstender Hoffnungsbote,
der mir einen Stück verloren gegangener Unbeschwertheit und Sorglosigkeit schenkte,
als ich sie am meisten brauchte.
     
     
    Einige
Jahre vergingen. Robin tourte erfolgreich mit der Band um die Welt und als
Frontmann sorgte er auch außerhalb der Bühne regelmäßig für Aufsehen, sei es
mit seinen unzähligen Affären mit schönen Frauen oder mit
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