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Bittersweet Moon

Bittersweet Moon

Titel: Bittersweet Moon
Autoren: Sara Belin
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Ellbogen auf den Tresen abstützte. Das prickelnde Getränk
spürte ich augenblicklich in meinem Kopf und wohlige Wärme breitete sich in
meinem Körper aus. "Das hat mir gut getan, ich fühle mich schon
besser", sagte ich zu Tom, der einen exotischen Cocktail vorbereitete,
eine seiner Spezialitäten. "Siehst du?" Er schnitt Ananas und Mango
in kleine Stücke ohne mir einen Blick zu schenken, weil er sich gänzlich auf
das Schneiden konzentrierte. "Sei ganz cool, nachher gehen wir zu Martin
und fragen ihn, was er noch alles über den Auftritt weiß. Wenn du magst, gehen
wir zu Robins Zimmer und lauschen vor der Tür. Oder wir klopfen sogar an
und fragen nach einem Autogramm!"
    "Ach,
hör doch auf, ich muss jetzt arbeiten! Reg mich nicht noch mehr auf mit deinen
verrückten Ideen!", machte ich lachend eine abwehrende Geste. "Ich
gehe jetzt an den Flügel. Bis später!"
    "Mhm.
Und spiel was schönes!", verabschiedete mich Tom, ohne mich anzuschauen
und schnitt weiter die reife, saftige Mangohälfte. Mit dem Champagnerglas in
der linken Hand und mit der Schleppe in der Rechten stieg ich vorsichtig von
dem Barhocker. Bei der Drehung musste ich besonders vorsichtig sein, um nicht
darauf zu treten. Ganz ladylike war ich noch nicht. Aber ich schaffte es,
elegant den Barhocker zu verlassen und ich tippelte mit meinen hohen Absätzen
zum Flügel. Der dicke dunkelrote Teppichboden dämpfte dabei meine Schritte und
ich versank regelrecht mit den Pfennigabsätzen darin. Das halb volle Glas
stellte ich auf den Flügel und setzte mich prüfend hin. Wie erwartet musste ich
erst den Klavierstuhl an meine Sitzhöhe anpassen, gestern saß der lange Sergej
drauf und er drehte ihn immer ganz tief runter, fast bis zum Anschlag. Eine
Weile schraubte ich angestrengt rauf und runter, bis ich zufrieden war. Als ich
mich tiefer beugte, nickte mir der dickliche Japaner etwas zu freundlich zu.
Mit einem diskreten Blick überprüfte ich schleunigst mein tiefes Dekollete, das
kein extremes Vorbeugen zuließ. Alles blieb auf seinem Platz, stellte ich
beruhigt fest, der Mann war einfach nur freundlich. Ich erwiderte ihm das
Lächeln und mit angehaltenem Atem legte ich zärtlich die Hände auf die Klaviatur,
als ob ich stumm die schwarzweiße Tasten begrüßen würde. Bevor ich anfing zu
spielen, schaute ich mich wie immer noch mal in aller Ruhe um, und ließ es zu,
dass das Ambiente auf mich wirkte.
    Die
Beleuchtung im Raum war sehr sparsam. Die Schirmlampen an den stoffbezogenen
dunkelroten Wänden warfen ein warmes, kuscheliges Licht und an jedem Tisch
brannte eine kleine Kerze. Der große Kronleuchter, der in der Mitte des Raumes
von der Decke hing, leuchtete nur gedämpft. Wenn ich ins Publikum sah, konnte ich
nur ungenau die Gesichter erkennen und auch ich saß im Halbschatten. Meine
Beleuchtung bestand aus fünf Kerzen in einem antiken Kerzenständer aus Messing,
der sehr dekorativ neben dem Notenpult stand. Ausserdem hatte ich noch eine
kleine Musikerlampe für die Stücke, die ich nach Noten spielte. Diese
Lichtverhältnisse erzeugten eine gemütliche Intimität und kuschelige
Privatsphäre, was mir in dieser Bar besonders gefiel.
    Tom
hatte sich schon vorher um alles gekümmert und ich wusste, ich brauchte keinen
Sound-check, mittlerweile vertraute ich völlig seinen technischen Fähigkeiten.
Beim Singen benutzte ich ein kleines Mikrofon, weil ich bei dieser Art von
Musik eine völlig andere Gesangstechnik verwendete. Ich sang nicht mit meiner
Opernstimme, sondern weicher und angehaucht und oft viel tiefer, mit meiner
Bruststimme, die ich bei klassischer Musik nur selten gebrauchte. Auf diese Art
musste ich meine Stimme nicht anstrengen und ich schadete meiner Technik
keinesfalls, obwohl meine Gesangslehrerin anfangs Bedenken hatte. Um mich
aufzuwärmen, fing ich mit einem langsamen Klavierstück an. Die Japaner blickten
nur kurz zu mir, als sie die erste Akkorde hörten und vertieften sich sofort
wieder in ihre Zeitung. Ich spielte ein Filmthema von John Barry, aber bald improvisierte
ich nur noch. Die Akkorde umspülten weich die zarte Melodie, die ich mit der
rechten Hand spielte und ich spürte, wie die Aufregung in mir mit jedem Ton
schwand und einer wohltuenden Entspanntheit wich. Ob es an dem Champagner lag
oder an dem Musizieren, wusste ich nicht. Es war unwichtig, ich fühlte mich
immer wohler, leicht und ruhig und ohne Pause ging ich zu einem Lied von
Gershwin über. Ich sang die erste Strophe und sah, wie Tom den Daumen
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