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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze
Autoren: Maria Sveland
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Ich hielt also nach einem passenden Menschen Ausschau, aber morgens um fünf war am Arlanda-Express nicht viel los.
    Schließlich sah ich einen Mann in meinem Alter, ich ging zu ihm, obwohl er selbstzufrieden grinste. So einer, der sich toll findet. Ich grinste auch, weil mir eine Szene einfiel mit einem behinderten Jungen, den ich letzten Sommer im Park mit Sigge getroffen hatte. Er hatte neben Sigge geschaukelt, obwohl er eigentlich viel zu groß war, er war bestimmt schon dreizehn. Er schaukelte, schaute mich an und sagte: »Da steht sie in ihrem grünen Kleid und findet sich toll«, ich hatte tatsächlich ein grünes Kleid an, ich fand mich ziemlich toll, und es kam mir unglaublich vor, dass jemand durch mich hindurchschauen konnte.
    Der tolle Typ nahm mein Grinsen natürlich als Aufforderung, und ich hätte am liebsten gesagt: »Da steht er in seinem Anzug und findet sich toll.«
    Aber stattdessen grinste ich noch mehr und fragte ihn, ob er mit mir zusammen die Fahrkarte kaufen wollte, und natürlich wollte er. Ich verstehe mich nicht, warum benehme ich mich nicht so, wie ich es eigentlich will? Allerdings, letzten Dienstag, als ich mir einen Badeanzug für die Reise kaufen wollte und die Wahl hatte zwischen einem roten Bikini und einem etwas sportlicheren Modell, entschied ich mich für das sportlichere. Ich wollte keine falschen Signale aussenden. Ich wollte in Ruhe gelassen werden und nichts mit diesem verdammten Spiel zu tun haben!
    Der tolle Typ grinste die ganze Fahrt zum Flughafen und plapperte zufrieden über das Wetter in Sri Lanka und wollte wissen, wohin ich fuhr und ob ich allein reiste. Und statt ihn auf den Arm zu nehmen und ihm eine aufregende Geschichte zu erzählen, saß ich bloß da und grinste und sagte Ja, ich reiste alleine.
    Ich weiß also nicht, warum ich das mache, aber ich glaube, es kommt daher, dass ich mit vierzehn dumm und hübsch war. Ein koketter Reflex, das verräterische Sehnen einer Vierzehnjährigen nach Bewunderung.

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    NACHTS POPCORN (1982)
    Wie sieht mein frühestes Bild von der Liebe aus? Ich weiß es nicht. Oder, ich weiß, wie es nicht aussieht.
    Damals, als die Liebe verzerrt und hässlich ist. Als mein Vater meiner Mutter hässliche Wörter ins Gesicht schreit. Ich sehe ihren Rücken von der Treppe aus, wo ich sitze. Sie antwortet ihm nicht, sie spült weiter ab, und seine Stimme klingt merkwürdig. Eine Papastimme, vor der ich Angst habe. Ich gehe in mein Zimmer und ordne die Puppen so, dass sie am Fußende meines Bettes schlafen können.
    Die Puppen sind meine Kinderheimkinder, und ich bin ihre nette Ersatzmutter. Es gibt keinen Vater. Ich decke die Puppen sorgfältig zu, damit sie nicht frieren. Meine kleine Schwester schläft im Bett neben mir. Ich schließe die Tür zu unserem Zimmer, damit sie nicht aufwacht. Papas wütende Stimme ist jetzt verstummt.
    Ich weiß nicht, was sie machen.
    Als ich am Morgen aufwache, höre ich Vater im Schlafzimmer schnarchen. Mutter rumort in der Küche, und von der Treppe aus sehe ich ihren Rücken am gleichen Platz wie am Abend. Als ob sie die ganze Nacht da gestanden hat. Aber das kann doch nicht sein, oder?
    Sie wischt die Spüle ab und als ich näher komme, sehe ich, dass der ganze Herd, die Kacheln, das Abtropfbrett, alles ist mit Butter eingeschmiert. Das hat Vater im Suff gemacht. Mutter weint und wischt. Ich will sie trösten und streiche ihr über den Rücken, versuche, sie zu umarmen, aber sie schüttelt sich und deckt den Frühstückstisch.
    Als ich klein bin, weiß mein Vater den Namen eines japanischen Fischs, der so giftig ist, dass ein einziges Stückchen Hunderte von Restaurantbesuchern töten kann. Meine Mutter ist böse auf mich, weil ich monatelang keinen Fisch mehr essen will. Vater wird nicht böse, er lacht und erklärt mir, dass es in Schweden keinen solchen Fisch gibt, aber ich habe gelernt, mich auf nichts zu verlassen, und esse weiterhin keinen Fisch.
    Mein Vater weiß auch, wie man in Stockholm ein Luxushotel bucht, wir fahren in den Sommerferien ein Wochenende hin. Er fährt uns in seinem neuen Audi mit 140 km in der Stunde. Ich muss mich unterwegs mehrmals übergeben, und Mutter bittet ihn, nicht so schnell zu fahren. Vater wird sauer, Mutter ist schon sauer, ich und Mutter tauschen die Plätze, damit ich vorne auf dem Beifahrersitz sitzen kann. Da wird meine kleine Schwester sauer, weil sie nicht vorne sitzen darf, dann wird Vater richtig ärgerlich und sagt, wir sollen alle das Maul
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