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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze
Autoren: Maria Sveland
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halten.
    Wir schweigen, und Vater fährt gefährlich schnell, ich versuche, Carola zuzuhören, sie singt im Autoradio über Tokio und Hej Mickey.
    Als ich klein bin, weiß mein Vater, wie man in Luxusrestaurants etwas zu essen bestellt, immer Rinderfilet mit Sauce béarnaise, wir sind uns immer einig, dass es nicht so gut schmeckt wie das, das Papa manchmal freitags zubereitet. Mein Vater weiß auch, warum Olof Palme ein Scheißkerl ist und warum man die Partei der Moderaten wählen muss. Er will sein Geld behalten, sagt er, deswegen. Wenn er meiner Schwester und mir samstags Süßigkeiten kauft, dann holt er immer ein Bündel TausendKronen-Scheine aus der Tasche, die er dann der Tante am Kiosk hinblättert.
    »Ich habe es leider nicht kleiner, hoffentlich können Sie wechseln!«, sagt Vater und reicht ihr einen Tausender.
    Als ich klein bin, kann mein Vater alles kaufen, und jahrelang wünsche ich mir einen richtigen Barbie-Puppenschrank, aber ich bekomme ihn nie. Ich baue stattdessen in einer Schublade unter meinem Bett ein Haus für meine Barbiepuppen. Die Wände mache ich aus Büchern, und aus einem Geschenkkarton bastle ich einen Herd. Barbie und Ken streiten sich ziemlich oft.
    Barbie ist sich gar nicht sicher, ob Ken sie wirklich liebt.
    Aber das tut er. Er liebt sie über alles und versteht überhaupt nicht, warum Barbie auf die Idee kommt, dass er sie nicht liebt. Barbie ist so glücklich, so glücklich, und sie vögeln miteinander bis in alle Ewigkeit, bis Mutter zum Essen ruft. Es gibt gebratene Fleischwurst und Pellkartoffeln. Es schmeckt überhaupt nicht so gut wie Papas Rinderfilet. Da wird Mutter ärgerlich und sagt, man kann nicht jeden Tag Rinderfilet essen.
    Als ich klein bin, kommt mein Vater am Freitag nach Hause, nachdem er die ganze Woche auswärts gearbeitet hat. Er macht Rinderfilet mit Sauce béarnaise, wir essen zusammen bei Kerzenschein, die Eltern trinken Rotwein. Ungefähr eine Stunde lang, zwischen 19 und 20 Uhr, sind wir eine ziemlich glückliche Familie.
    Als ich klein bin, hat mein Vater eine eigene Firma mit eigenen Visitenkarten. Er fährt durch Schweden und isoliert zum Beispiel Scheunen. Der Isolierungsschaum ist gelb und ungefähr so hart wie Frigolit-Dämmplatten, Vater hat mir und meiner Schwester Kajsa erzählt, dass die Burg im Film Ronja Räubertochter aus so einem Schaum gebaut wurde. Und dass nicht viel gefehlt hätte, und er und sein Kompagnon hätten den Auftrag bekommen. Aber sie haben ihn nicht bekommen, und er muss herumfahren und ist manchmal drei Wochen am Stück weg.
    Am Wochenende ist er müde und schläft. Immer steht Mutter morgens auf und macht das Frühstück, feiertags, werktags, in den Sommerferien, in den Weihnachtsferien. Kajsa und ich versuchen, ihn zu wecken, indem wir auf dem Bett um ihn herumhüpfen und rufen: »Papa! Papa! Wach auf! Wach auf! Wach auf!« Aber er wacht nicht auf und wir tanzen weiter um ihn herum, er liegt im Bett wie ein gestrandeter Wal. Wir singen: »Furz-Papa! Wach auf, Pups-Papa! Wach auf, wach auf, wach jetzt auf, du Piss-Wurst!« Aber er grunzt nur, dreht sich um und schläft weiter, seinen schweren, schnarchigen Schlaf.
    Am Ende geben wir auf und spielen mit unseren Puppen. Wenn Mutter ruft, das Essen ist fertig, wacht Vater endlich auf, und wir quengeln das ganze Mittagessen hindurch, dass er uns auf dem kleinen Rasenstück hinter unserem Reihenhaus eine Ronja-Räubertochter-Burg bauen soll. Und Vater sagt mal sehen, ja, mal sehen. Und wir quengeln, dass er auf dem kleinen Rasenstück hinter dem Haus einen Pool bauen soll, und er sagt mal sehen, ja, mal sehen.
    Und bei meinem Vater weiß man nie, was passiert, denn manchmal kommt er mit ganz unglaublichen Sachen nach Hause, die er gekauft hat und die Mutter ärgerlich und böse machen. Wir haben als Erste in der ganzen Reihenhaussiedlung einen Videorekorder. Und einen Computer und dann auch CDs. Im Wohnzimmer haben wir ein überdimensionales sahnefarbenes Ledersofa mit zwei ebenso gigantischen Sesseln, sonst hat fast nichts Platz, denn das Wohnzimmer ist eigentlich ziemlich klein. Alle Zimmer in unserem Reihenhaus sind klein, aber meine Eltern haben es möbliert wie eine große Villa.
    Als ich klein bin, grillt mein Vater an Sommerabenden Fleisch. Mutter und die Nachbarin Gunilla sitzen auf dem Ledersofa, trinken Roséwein und hören Agneta Fältskogs The Heat Is On. Gunilla arbeitet in der Kosmetikabteilung von Domus und ist immer schön geschminkt, finde ich. Immer braun
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