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Bitterfotze

Bitterfotze

Titel: Bitterfotze
Autoren: Maria Sveland
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Männern völlig normal ist? Es muss damit zu tun haben, dass unsere Religion mit einer vergewaltigten Frau ihren Anfang nimmt, oder?
    Mit einer Frau, die sich völlig aufopfert, und das Christentum ermahnt uns seither, sie gerade wegen ihres Mangels an Egoismus zu verehren. Selbst wenn man die Befruchtung nicht buchstäblich als Vergewaltigung ansehen will, sondern sich mehr an die symbolische Deutung des heiligen Geistes hält, wie entsetzt war wohl die Jungfrau Maria? Sie war doch noch ein Teenager, als sie mit Jesus schwanger wurde.
    In Roman Polanskis Film Rosemarys Baby kann noch nicht einmal Rosemary es verhindern, dass sie ihr Teufelskind liebt. Sie wird nichts ahnend schwanger, nachdem ihr Mann einen Pakt mit ihrem teufelsgläubigen Nachbarn geschlossen hat. Der Mann lässt zu, dass Satan sie schwängert, als sie eines Nachts unter Drogen steht. Eine Art umgekehrte Jesusstory, allerdings mit einem unheiligen Geist. Die ganze Schwangerschaft hindurch geht es ihr schlecht, sie ahnt eine Konspiration, findet jedoch keine wirklichen Beweise für das, was geschehen ist. Als sie es schließlich erfährt, ist es zu spät und sie gebiert unter großen Qualen. Aber als sie aus der Bewusstlosigkeit erwacht, gewinnt trotz allem der Mutterinstinkt die Oberhand. Obwohl sie weiß, dass ihr Baby der Sohn des Satans mit roten Augen ist, wird sie widerwillig und voller Muttergefühle von ihm angezogen. Roman, der Nachbar, der das Hirn hinter der Konspiration ist, ermuntert sie, ihren Sohn anzuschauen. Rosemary zögert, sie hat Angst vor dem, was sie sehen wird.
    »Du versuchst, mich dazu zu bringen, seine Mutter zu sein«, sagt Rosemary zu Roman.
    »Bist du denn nicht seine Mutter?«, fragt er. Doch. Am Ende nimmt Rosemary das weinende Kind hoch und tröstet es in ihren Armen. Sie ist seine Mutter.
    Jesuskind oder Satanskind – offensichtlich lieben die meisten von uns ihre Kinder maßlos. Es ist ein so starkes Gefühl, und es bindet uns ein Leben lang an sie. Sogar Frauen, die durch eine Vergewaltigung schwanger wurden, haben oft die unglaubliche Fähigkeit, das Kind zu lieben.
    Ich wünschte mir, ich könnte so frei lieben, wie Männer und Väter es können. Die Einsicht, wie schuldbeladen die Mutterrolle ist, mit welcher Selbstverständlichkeit alle möglichen Forderungen gestellt werden, verglichen mit der Vaterrolle, lässt mich neidisch und bitterfotzig werden. Ich möchte auch Mann sein und erleben, wie es sich anfühlt, wenn die ganze Gesellschaft Beifall klatscht, weil ich knapp zwei Monate Elternzeit nehme, während niemand auch nur eine Augenbraue hebt, wenn meine Frau die restlichen zwölf nimmt. Ich will auch Mann sein und erleben, wie die Gesellschaft meine Liebe und meine Aufopferung als etwas Fantastisches, geradezu Außerordentliches beklatscht.
    Ich wünschte, ich könnte mein Kind lieben und dennoch reine, schiere egoistische Gefühle haben. Von Schlaf, Alleinsein, Sonne und Teneriffa träumen.
    Im Flugzeug zeigen sie jetzt einen Film, aber das Flugangstmädchen schläft fest an der Schulter ihres Freundes. Hinter mir höre ich einen Mann zischen: »Jetzt hör doch endlich auf!«
    Eine Frau antwortet etwas Unverständliches, mit leiser, beschämter Stimme.
    Ich bin die Einzige, die alleine reist. Alle anderen reisen in Gesellschaft, hauptsächlich Familien und Paare, und dann einige, die offenbar Arbeitskollegen sind.
    Das wurde mir schon heute Morgen bewusst, als ich eine Karte für den Arlanda-Express-Zug kaufen wollte und die Kassiererin sagte, dass es nur die Hälfte kostet, wenn man zu zweit ist.
    »Muss man zusammen sein?«, fragte ich.
    Eine dumme Frage, natürlich können sie nicht kontrollieren, ob man zusammengehört oder nicht. Aber eigentlich war es schon so gedacht, das merkte ich, als die Kassiererin antwortete, wenn ich fände, es würde sich lohnen, jemanden zu fragen, um die Tickets gemeinsam zu kaufen und so den Rabatt zu bekommen, dann sei das okay.
    »Aber dann müsst ihr im Zug nebeneinandersitzen!«
    Wenn man mit jemandem zusammenlebt, dann denkt man selten darüber nach, dass unsere Gesellschaft auf Zweierbeziehungen basiert.
    Dafür gibt es Tausende von kleinen Hinweisen. Zum Beispiel, dass die Werbung für Herpessalbe immer auf den Seiten mit den Kontaktannoncen steht. Was für ein gemeiner, selbstgefälliger und blöder Hinweis für alle Singles, die sich nach Liebe sehnen.
    Bei mir siegte auf jeden Fall der Geiz, und außerdem wollte ich mich ja dieser Art von Ängsten stellen.
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