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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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nebeneinandersitzen. Ich stehe auf Farid, mit dem Tess vor mir drei Jahre zusammen war, doch Gernot habe ich vom ersten Moment an eine reinhauen können, was auf Gegenseitigkeit beruht. Scheißkonkurrenz. Was habe ich schon für Energien mit diesem Mist verschwendet. Ist total blöde. Echt. Schade, dass es so viel Spaß macht, Gernot zu piesacken.
    Endlich lässt Anja Tess los und umarmt mich. Wegen Gernots Anwesenheit will sie mich auf die Wange küssen. Im letzten Moment drehe ich meinen Kopf und drücke ihr einen fetten Schmatzer auf den Mund. Bin kurz davor, meine Zunge nachzuschieben, bloß um zu sehen, wie er Bluthochdruck bekommt.
    »Willkommen im Sandkasten«, flüstert sie.
    »Du meinst wegen seiner Schwanzgröße?«
    Sie wirft einen schnellen Seitenblick zu Gernot, der sich mit Tess unterhält, ohne uns aus den Augen zu lassen, und schaut mich dann wieder an.
    »Wenn du jetzt nicht langsam mit diesem pubertären Mist aufhörst, werde ich echt sauer!«
    »Verstanden.«
    Sie mustert mich noch einen Augenblick eindringlich, um mir zu zeigen, dass es ihr ernst ist. War schon früher so. Blicke und Pausen, ihre großen Streitwaffen.
    »Gut«, sagt sie schließlich und schaut sich um. »Warum haben wir nicht so was gemacht?«
    Ich lege meine Stirn in Falten.
    »Also, jetzt wo du es sagst, äh, eigentlich habe ich unsere Trennung gefeiert ... nur ohne dich.«
    Sie schlägt mir tadelnd die flache Hand gegen die Brust, lächelt aber. Gernot schaut herüber. Ich kniepe ihm zu. Anja tritt einen Schritt zurück.
    »Ihr geht mir so auf die Nerven ...«
    Sie nimmt Gernots Hand und schleppt ihn in Richtung Büfett. Tess nimmt meine, hebt sie wieder an, legt sie sich um die Schulter und schmiegt sich kopfschüttelnd an mich. »Wieso musst du ihn immer eifersüchtig machen?«
    »Ich begrüße bloß meine Ex.«
    Sie nickt und ist mit den Gedanken woanders. Ich auch: Was machen wir, wenn ich meinen Nachfolger nicht mag, oder sie ihre Nachfolgerin?
    »Also, ich habe schon erwartet, dass er sie anpinkelt, um sein Territorium zu markieren«, lege ich nach.
    Sie gibt mir einen Klaps auf den Hintern und lässt ihren Blick durch die Halle gleiten.
    »Merkst du was?«
    Ich lasse meinen Blick ebenfalls durch die fast volle Hallegleiten. Man steht in Gruppen herum und redet. Es gibt Alkohol, Essen und Musik, und dennoch ist die Stimmung irgendwie gehemmt.
    »Als würden sie auf etwas warten«, sagt Tess.
    »Vielleicht sollten wir ihnen eine Szene machen.« »Du könntest mir Tiernamen geben«, schlägt sie vor.
    Wir diskutieren die Möglichkeiten durch, die uns bleiben, um möglichst authentisch trennend rüberzukommen, dabei strömen weitere Menschen herein, die wir von Partys, Auftritten, gemeinsamen Urlauben, Barbegegnungen und so weiter kennen. Nur aus Tess’ neuem Leben ist niemand da. Die sind alle so weit weg wie dieses Leben an sich. Farid ist nach Sambia zurückgegangen, und Tess’ Eltern wohnen im Sauerland, sind aber zurzeit in Portugal. Ihre Kollegen sind in Wolfsburg. Also, falls sie wirklich bei VW arbeitet, ich sehe sie ja immer nur wegfahren und wiederkommen. Vielleicht jobbt sie ja als Auftragskillerin für die Mafia? Vielleicht schickt die Mafia sie jetzt nach China, weil der Boden hier zu heiß geworden ist? Vielleicht sollte ich einfach auch nur langsamer trinken.
    Ich gehe zum Kühlschrank und hole mir eine Flasche Wasser. Als ich zurückkomme, nimmt Tess gerade einen unglaublichen Blumenstrauß von einem Türken in einem festlichen Anzug entgegen. Oktay, der Tess küsst und mir wenig später begeistert die Hand schüttelt, kann ich nicht platzieren, bevor sie beide mich an Hannover erinnern, wie das Hotelbett auf Tour zusammenbrach und wir durch diese Geschichte den Hotelhandwerker kennen lernten, der es uns reparieren musste und dann noch blieb, bis die Minibar leer war. Bei Tess’ Anruf hat er sich sofort ins Auto gesetzt – und hier ist er. Tess’ helles Lachen perlt durch die Halle. Sie übernimmt es, Oktay herumzuführen, um ihm ein paar Leute vorzustellen. Ich kümmere mich so lange um die Tür, begrüße und lüge, und als Tess Oktayirgendwo verankert hat und mit einem Glas Champagner wiederkommt, lege ich meine Arme um sie und ziehe sie an mich.
    »Weißt du, was ich an dir liebe?«
    Sie legt den Kopf in den Nacken und lächelt zu mir hoch. »Aber sag’s ruhig noch mal.«
    »Dass du uns immer so abgefeiert hast.«
    Sie hebt eine Augenbraue.
    »Abfeiere.«
    »Ja«, nicke ich. »Ich mag das. Können
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