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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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wir das beibehalten?«
    »Gut«, sagt sie.
    »Musst du mir natürlich gute Gründe für geben.«
    »Mach ich«, sagt sie und lächelt ein wunderschönes breites Lächeln. Mein Herz stolpert. Wir umarmen uns und pressen unsere Lippen aufeinander. Ein liebevoller, dankbarer Kuss. Als wir uns wieder lösen, sind Stan und Stella nicht mehr die Einzigen, die den Kopf schütteln.
    »Sex mit der Ex!«, ruft jemand.
    Ein paar lachen. Andere behalten die missbilligenden Blicke bei.
    »Wann ist es eigentlich so weit?«, ruft Manne.
    »Ja, genau, wann wird die Trennung vollzogen?«, ruft einer der Veranstalter.
    »O Mann«, murmelt Tess. »Sie warten auf irgendeine Art Zeremonie.«
    »Vielleicht glauben die, das hier wird so ’ne Art umgekehrte Hochzeit. Vielleicht sollen wir vortreten und uns das Nein-Wort geben.«
    Sie denkt kurz darüber nach, bevor sie den Kopf schüttelt. »Zu affig.«
    »Dann vielleicht doch einen Streit?«
    Statt zu antworten, schaut sie sich wieder in der Halle um. »Liebster, tust du mir einen Gefallen?«
    »Nein. Du hast doch gesehen, wie das neulich Abend lief.« Sie lacht nicht.
    »Weck mal diesen müden Haufen auf. Ich will eine richtige Party haben.«
    »Kein Problem.«
    Ich drücke ihr mein Glas in die Hand, gehe zur Anlage, fahre den Sound runter, werfe Mäntel von der Leiter und klettere ein paar Stufen hoch, bis ich die ganze Halle überblicken kann.
    »Willkommen! Wir freuen uns, dass ihr da seid. Hier sind ja heute auch viele Pärchen, und mich persönlich würde interessieren, wer von euch noch Sex hat.«
    In der Halle erstarren ein paar Gesichter, andere feixen. Slomo-Manne hebt die Hand, grinst und zeigt auf sich und sein Perlchen.
    »So wie jeder Hobbyfußballer, den man trifft, früher mindestens Landesliga gespielt hat, hat jedes Pärchen, das man fragt, ja noch Sex in der Beziehung, dabei wissen wir alle, dass meistens nach ein paar Jahren Schicht ist. Bei Tess und mir hörte der Sex erst nach fünf Jahren auf. Dafür bin ich dir sehr dankbar, Schatz.«
    Ich winke zu ihr rüber. Viele Köpfe drehen sich. Sie bedeckt ihr Gesicht mit beiden Händen. Vor mir sitzen Kohl und seine Frau auf einer Bierbank. Er hat seinen Kopf gesenkt und starrt auf seine Schuhe. Sie hat ihren von ihm abgewandt. Neben ihnen sitzt Ehepaar Scheunemann. Er lächelt milde, sie atmet Rauch aus der Nase und nickt mir zu, fortzufahren.
    »Tja, Sex in der Beziehung ist ein Tabuthema. Ist doch komisch, zwischen manchen Paaren schläft der Sex ein, ohne dass die Liebe schwindet, andere bumsen noch herum, obwohl die Beziehung schon lange nicht mehr gut ist.« Ich kniepe Gernot kurz zu. »Doch fehlender Sex ist nicht der Grund dafür, dass Tess und ich beschlossen haben, uns zutrennen. Wie ihr wisst, war ich lange auf See. Ich komme jetzt an Land zurück und freue mich sehr darauf, euch wieder regelmäßiger zu sehen. Zuerst werde ich allerdings eine Zeit bei meiner Familie in Dänemark verbringen. Tess dagegen zieht es nach China, wo sie die nächste Karrierestufe zünden wird.«
    »Jetzt nehmen sie uns schon die Frauen weg«, stöhnt der UFZ und erntet ein paar Lacher. Er verbeugt sich in alle Richtungen und sonnt sich im Applaus, bis er sieht, dass eins seiner Kids aus einer Bierflasche trinkt.
    »Dänemark, China, viel weiter kann man sich kaum auseinanderleben, also möchten wir dem Ganzen einen bewussten Schlusspunkt setzen und uns in aller Liebe und Freundschaft trennen, und zwar ...«, ich mache eine kleine Spannungspause, »... um Punkt Mitternacht.«
    Das ruft einige Ahhhhs auf den Plan. Tess schaut mittlerweile durch ihre Finger hindurch. Dafür hat Gernot jetzt seinen Mund an Anjas Ohr.
    »Wir feiern heute, dass wir Freunde geworden sind. Aber wir feiern auch, dass wir am Leben sind. Das Glück hat nicht jeder. Ihr habt bestimmt die weißen Zettel am Eingang und dort auf dem Kühlschrank bemerkt«, ich deute zu dem Packen Papier rüber, den wir heute Nachmittag aus dem Netz geladen und ausgedruckt haben, «das sind Patientenverfügungen. Ich möchte, dass jeder von euch sich eine einsteckt, zu Hause durchliest und mit Partner und Freunden darüber redet.«
    Einige Gesichter schauen neugierig drein, andere weichen meinem Blick aus.
    »Du willst, dass wir unser Testament machen?«, fragt Manne.
    Ich schüttele den Kopf.
    »Patientenverfügungen sind keine Testamente. Es sind Willenserklärungen, in denen wir Ärzte anweisen, imFalle der Einwilligungsunfähigkeit bestimmte medizinische Maßnahmen nach unseren
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