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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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seiner Kumpels murmelt Schwerenöter. Die anderen grinsen. Dann fällt ihnen die Abholzung der Urwälder ein, und sie schauen wieder grimmig drein. Tess schmiegt sich an mich und wirft mir einen Blick zu.
    »Was war da los?«
    »Die Nachbarn streiten sich.«
    Sie gickelt bekifft.
    »Ist noch Geld übrig? Wir könnten ihnen eine Therapie finanzieren.«
    »Dann wird die Kunst schlechter«, gebe ich zu bedenken.
    »Aber die Liebe besser«, fügt sie hinzu.
    »Pah, Liebe!«, stoße ich verächtlich aus und schaue Arnes Freunde an. »Für Kunst und Umwelt muss man Opfer bringen, nicht wahr, Männer?!«
    Sie nicken entschlossen. Ich schaue auf die Wanduhr. Auch hier ist es fünf vor zwölf. Ich stehe auf und halte Tess die Hand hin.
    »Komm.«
    »Wohin?«
    Ich schnappe mir ihre Hand und ziehe sie auf die Beine. Frauke renkt sich fast den Rücken aus, weil sie Tess den Joint aus der Hand schnappen muss, bevor sie damit durchbrennen kann. Ich ziehe meine Ex zur Anlage rüber und drücke die Musik aus. Raunen und Gemurre wird laut.
    »Och, nein, bitte nicht noch ’ne Rede«, klagt eine Stimme, die ich als Frau UFZ zugehörig identifiziere. Sie hat sich auf einer Couch völlig breitgemacht und chillt, während der Kopf vom UFZ durch die Halle ruckt wie ein Katastrophenortungsgerät.
    Die CD liegt, wo ich sie hingelegt habe. Ich schiebe sie rein, drücke auf Start und führe Tess in die Mitte des Raums. Sie lächelt zu mir hoch und ist ein wenig unsicher auf den Beinen.
    »Was passiert?«
    »Noch nie was vom Trennungswalzer gehört?«
    »O Mann«, sagt sie.
    Ich nehme ihre Hände. Alle recken die Hälse. Die Musik beginnt. Wir tanzen. Ich halte die Frau meines bisherigen Lebens in meinen Armen und wirbele sie herum. Mehr könnte sie auch nicht strahlen, wenn es ein Hochzeitswalzer wäre. Ist es aber nicht, und während wir tanzen, denke ich an Fars letzten Wunsch.

 
Kapitel 41
    Warmes Licht. Schlechte Luft. Fieser Untergrund. Ich liege zusammengekauert auf einem der Sofas. Meine linke Hand ist festgeklemmt. Ich ziehe sie vorsichtig an mich und ernte ein Stöhnen. Ich öffne die Augen und sehe eine Nebelbank unter der Hallendecke, in der sich Stadtteile verstecken könnten, dahinter kommt milchiges Morgenlicht durch die Oberlichter gekrochen und wirft schmierige Streifen in die Halle.
    Als ich mich benommen aufrichte, erkenne ich das Ausmaß der Zerstörung. Der Boden ist mit Kippen, Pfützen und Fußabdrücken übersät. Überall leere Flaschen, Gläser, Teller. Zwei der Deckenlichter hängen schief und beleuchten nur noch die linke Wand. Die Anlage ist bereits vor einiger Zeit verstummt, hier und da lungern noch ein paar Gäste herum. Vielleicht zu breit, um aufzustehen. Ein Pärchen, ich glaube, es ist Stan und Stella, liegt in der Hängematte und hat sich mit Jacken zugedeckt. Die Einzigen, die noch aufrecht sitzen, sind Nina, Arne und einer seiner Ökokumpels. Sie sitzen am Küchentisch und starren vor sich hin. Neben mir stöhnt Tess wieder, den Lockenkopf unter einem Kissen versteckt. Auf der anderen Couch kuscheln Frauke und einer der Veranstalter. Auf der dritten Couch schnarcht Frau UFZ. Der Verband um ihren Fuß leuchtet hell. Als ihr Mann die Kinder ins Bett brachte, drehte sie richtig auf. Irgendwann musste sie unbedingt barfuß tanzen. Wenig später fuhren Herr Scheunemann und Ehefrausie ins Krankenhaus. Sie kam mit einem Taxi wieder und tanzte einbeinig weiter. Armer UFZ.
    Ein Stuhl scharrt über den Boden. Arnes letzter Genosse steht unsicher auf und torkelt in Richtung Ausgang. Bevor die Hallentür hinter ihm zufällt, kommt ein schwarzer Schatten hereingesaust. Ich richte mich auf, kann aber nichts erkennen, weil Nina und Arne im selben Moment aufstehen und die Sicht verdecken. Sie gehen auf Arnes Zimmer zu. Scheinbar haben sie nur gewartet, dass der letzte Zeuge geht.
    »Schlaft gut«, flöte ich, »und Arne, denk dran, kein Sex vor der Ehe.«
    Sie ignorieren mich. Nina nimmt demonstrativ seine Hand. Sie verschwinden in sein Zimmer. Die Tür schließt sich leise. Herrje, Arne wird Sex haben. Vielleicht sollte ich laut Punkmusik aufdrehen, dann sieht er mal, wie das ist, wenn man automatisch immer wieder in den Takt reinrutscht. Tess zieht das Kissen von ihrem Gesicht und blinzelt gegen das bisschen Licht.
    »Hast du das gesehen?«
    »Was?« Sie gähnt mit geschlossenen Augen.
    »Arne und Nina tun es.«
    Statt zu antworten, reibt sie ihre Schläfen, betastet ihren Bauch, drückt ihre Stirn, blinzelt und
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