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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman
Autoren: Michel Birbaek
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persönlichen Vorstellungen zu handhaben. Es gibt Dinge, die klärt man besser vorher. Man kann ja so schlecht reden, wenn man im Koma liegt.«
    Es bleibt einen Augenblick still. Die Verwirrung ist spürbar. Das Umschalten vom Ende einer Beziehung zum Ende des Lebens ist ein weiter Weg.
    »Redest du etwa über Sterbehilfe?«, fragt einer der Ökokumpels.
    »Gosh, ich hab dich live gesehen!«, schnarrt Rich. »Mehr Sterbehilfe geht nicht!«
    Wie so oft verändert ein Lacher die Atmosphäre. Plötzlich wird wieder geatmet. Ich zeige Rich einen Finger. Er winkt mit der Zigarre.
    »Nein, ich rede nicht über Sterbehilfe. Ich rede davon, dass wir ...«
    »Vielleicht kannst du diese Aggronummer noch mal bringen!«, brüllt jemand Männliches, den ich in der Menge nicht identifizieren kann.
    »Ja, genau«, ruft Rich, »gib uns Tiernamen!«
    Bei der letzten Silbe beginnt er rasselnd zu husten, dafür setzen andere Stimmen ein, die Tiernamen fordern. Ich schaue in die Runde, wo getrunken, gegessen und gekifft wird.
    »Nehmt eine Verfügung mit oder eben nicht, scheiß drauf, und jetzt lasst uns feiern!«
    Alles jubelt erleichtert, während ich wieder von der Leiter steige. So ist das mit dem tieferen Sinn – wenn er vom Saufen abhält, kann er sich verpissen. Ich stelle die Musik doppelt so laut, und als ich mich wieder zu Tess durchgeschlagen habe, steht Rich neben ihr. Seine Zigarre erzeugt fast so viel Rauch wie Frauke. Tess nickt mir gespielt anerkennend zu.
    »Gut gemacht. Gernot wollte weg, und Anja musste solidarisch mitgehen.«
    »Upps .«
    »Ja, upps. «
    Sie schüttelt den Kopf. Rich kneift die Augen gegen seinen eigenen Qualm zusammen.
    »Gosh, was soll der Scheiß? Ist das hier so ’ne Art Infoveranstaltung fürs Abkratzen?«
    Ich richte einen Finger auf seine Zigarre.
    »Mach dir keine Sorgen, Rich, wenn es um Sterbehilfe geht, bist du mit diesen Dingern ganz weit vorne. Jedes Mal, wenn du die in der Öffentlichkeit anzündest, machst du dich der Beihilfe zum Mord schuldig.«
    »Leck mich, dafür drehe ich nicht bei meinem größten Auftritt total am Rad.«
    »Stimmt auch wieder.«
    »Ich lasse euch Jungs mal kurz alleine, ja?«
    Tess lächelt Rich zu und drängelt sich in Richtung Privaträumlichkeiten. Entweder muss sie auf die Toilette oder einfach nur mal asbestfreie Luft atmen. Rich mustert mich mit seinen blassen Augen.
    »Du lässt sie wirklich gehen?«
    »Wir trennen uns.«
    Er nimmt die Zigarre aus dem Mund und schüttelt den Kopf.
    »Du bist ein Vollidiot.«
    »Höre ich nicht zum ersten Mal.«
    »Und auch nicht zum letzten Mal, du Vollidiot«, sagt er und hustet dann wieder rasselnd.
    Ich trete automatisch einen Schritt zurück. Eigentlich müsste ich von Far abgehärtet sein, aber bei Richs Husten richten sich die kleinen Härchen an meinen Unterarmen auf, bevor sie sich schnell wieder fallen lassen, um sich totzustellen.
    Er zieht saugend etwas klebrig Nasses hoch und schluckt es dann runter.
    »Herrgott noch mal, Rich!«
    Er steckt sich die Zigarre wieder in den Mund.
    »Stimmt es, dass du Clemens abgesägt hast?«
    »Nein. Wir haben unsere Vereinbarung gelöst.«
    Er runzelt die Stirn.
    »Da hab ich aber was anderes gehört, und weißt du, was ich noch gehört habe?« Er wartet einen Augenblick, und da ich nicht nachfrage, fährt er fort: »Dass du zu Scheunemann wechselst und die Kleine mitnimmst. Dabei ist der Sender ganz begeistert von ihr, und all das geht Clemens jetzt durch die Lappen.«
    »Da muss er wohl durch.«
    Er nickt ernst und gibt mir einen Klaps auf den Arm. »Unterschätz ihn nicht. Er wird dich fertigmachen, wenn er kann, aber weißt du, was dein Glück ist?« Wieder wartet er vergeblich und fährt dann fort. »Ich fand die Kleine gut, und wenn ich dem Sender anbiete, Regie zu machen, kriegt sie vielleicht eine eigene Show.«
    »Das hat sie verdient.«
    Er rollt die Zigarre zwischen den Fingern und grinst mich schief an.
    »Bei so einer Show gibt es ja Nebenrollen.«
    Ich nicke. Er wartet noch einen Augenblick, dann grinst er noch breiter.
    »Willst du dich gar nicht einschleimen?«
    »In deinen Schleim? Besten Dank.«
    Er zuckt die Schultern und schiebt sich die Zigarre wieder in den Mundwinkel.
    »Na, überleg es dir, ich lege vielleicht ein Wort für dich ein, wenn du versprichst, diesmal niemanden anzuscheißen.« Er zieht in Richtung Bierfass. Ich werfe einen Blick durch die verqualmte Halle und entdecke Tess auf einer Couch.
    Frauke und Frau UFZ haben den Schulterschluss
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