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CROMM - Das Dorf findet dich (German Edition)

CROMM - Das Dorf findet dich (German Edition)

Titel: CROMM - Das Dorf findet dich (German Edition)
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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30. Oktober

    Die Monotonie der Autobahn brachte Jakob zum Grübeln. Da half auch nicht Michael Jacksons Don't stop 'til you get enough , das aus den Boxen dröhnte und schon gar nicht Madlens Gesang dazu. Nicht, dass sie keine gute Stimme hatte. Im Gegenteil, er liebte es, sie zu hören. Es war ihre Freude, die ihn störte. Diese Unbeschwertheit, die er mit einem Satz zerstören konnte. Und darum grübelte er, während er andere Wagen überholte und darauf achtete, den BMW hinter sich nicht aus den Augen zu verlieren.
    Als das Lied verstummte, schaltete Madlen das Radio aus. Eine drückende Stille verbreitete sich im Inneren des Wagens. Das Schnurren des Motors und der Gegenwind unterstrichen die Monotonie, in der sich Jakob gefangen sah.
    Er wollte es seiner Freundin eigentlich schon längst erzählt haben – dass er Franziska kennengelernt hatte. Erst seit drei Monaten war Jakob bei Reichelt & Partner beschäftigt, ein Job, mit dem er endlich sein Studium finanzieren konnte. Und schon verlangte es ihn, seine neue Kollegin zu treffen. Es war nur dieser eine Moment gewesen, als sich ihre Hände kurz berührten bei der Übergabe einer Akte, als es in seinem Bauch kribbelte. Seitdem war er jeden Tag versucht gewesen, Franziska nach einem Treffen zu fragen.
    Er war sich seiner absurden Situation bewusst. Wie lange waren Madlen und er jetzt schon zusammen? Fünf Jahre? Musste so sein, sie hatte letztens von einem besonderen Jubiläum gesprochen. Für Jakob hatte es nie etwas anderes gegeben. Alles schien geplant. Erst die Schule beenden, dann das Studium, das er nun im zweiten Semester führte, und schließlich Madlen heiraten, sobald er eine richtige Arbeit gefunden hatte. So oft hatte er sich ausgemalt, wie er es machen wollte. Um ihre Hand anhalten. Und wenn er seit einigen Wochen darüber nachdachte, sah er nicht mehr Madlens Gesicht vor sich, sondern Franziskas. Nicht dass er sie heiraten wollte. Nein, darüber dachte er nicht nach. Er wollte nur diese Berührung wiederholen, sie ausdehnen in Zeit und Raum. Und er musste sich eingestehen, dass er auch häufiger an seine Arbeitskollegin dachte, wenn er mit Madlen schlief. Das Absurde daran war, ihn plagten keine Schuldgefühle.
    »Ich bin schwanger«, sagte Madlen plötzlich und Jakob hätte beinahe das Steuer losgelassen und laut aufgeschrien, wie es die Mädchen taten, wenn sie zusammen einen Horrorfilm schauten. Aber er spürte nur diese Achterbahn in seinem Körper, die vom Bauch zu seiner Kehle fuhr und wieder zurück, in Kreisen auf und nieder, dass er nervös auflachte.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Nichts. Ich meine, bist du dir sicher?«
    Madlen stöhnte leise auf, was sie immer tat, wenn er etwas nicht sofort begriff. Eigentlich mochte er diese Geste. Wenn sie ihm überlegen schien, machte ihn das geil. Warum auch immer. Nur diesmal war es ihm unangenehm. Als hätte sie ihn dabei ertappt, wie er an Franziska dachte.
    »Meine Periode war längst überfällig. Da habe ich einen Test gemacht. Und der war positiv. Ich habe nächste Woche einen Termin beim Frauenarzt, um sicher zu gehen.«
    »Also bist du dir nicht sicher?«
    Jakob fragte sich, ob sie sein Aufatmen wahrnahm. Dieses leise Geräusch, als die Achterbahn in seinem Körper zum vorläufigen Stehen kam.
    »Na ja«, sagte sie und schaute weiter zum Fenster hinaus, »diese Tests sind schon ziemlich sicher. Aber man hört ja so viel davon, dass er auch falsch sein kann.«
    Jakob legte ihr eine Hand auf den linken Oberschenkel und streichelte ihn. Er wusste nicht, was er denken sollte – eine Schwangerschaft, jetzt!, ein Kind, jetzt! – die Vorstellung machte ihre Beziehung zu etwas Endgültigem, mit dem er nicht gerechnet hatte. Vielleicht hatte er gehofft, dass Franziskas Gesicht in seinen Gedanken wie eine Blase zerplatzen würde und er nun wieder ganz bei Madlen sein konnte, dass es ein Zeichen war. Doch sie war noch da, die Berührung der Hände, der Duft ihres Parfums. Und das Greifbare war nun unerreichbar geworden. Jedenfalls für den Moment.
    »Was sollen wir tun?«, fragte er schließlich, »Ich meine ...«
    »Du meinst, wenn ich wirklich schwanger bin?«
    »Willst du ein Kind?«
    »Mit dir?«, fragte sie und schaute ihn an. Er sah ihr Gesicht nur aus den Augenwinkeln, aber er wusste, dass sie lächelte. Dann legte sie ihre Hand auf seine und erwiderte: »Wenn ich mit jemandem ein Kind haben will, dann mit dir, Jakob. Aber vielleicht ist es dafür noch zu früh.«
    Wieder dieses Aufatmen. Sie
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