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Bestimmung

Bestimmung

Titel: Bestimmung
Autoren: Mycha Chick
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ich es von Mutter gelernt hatte. Ich hatte ihr oft genug zugeschaut und so fiel es mir relativ leicht, mit der Hausarbeit klar zu kommen. Gedankt wurde mir meine Arbeit nie, nur wenn etwas nicht gut schmeckte oder eine Hose nicht sauber war, dann ließ man es mich spüren. Gerade mein ältester Bruder Daniel hatte nichts besseres zu tun, als mich zu überwachen und bei jeder Kleinigkeit anzuschreien oder auch zu schlagen. Manchmal dachte ich, das hätte er schon immer gern getan, nur sich wegen Mutter nie getraut. Jetzt, wo sie weg war, konnte er an mir schon mal üben, wie er es später mit seiner eigenen Frau wohl tun würde.
    Es war eine harte Zeit für uns alle und ich habe mir so oft eine Freundin gewünscht, aber ich war allein. Vater merkte von all dem nichts und für meine Brüder war ich nur eine bessere Magd.
    Vielleicht wäre ich da auch nie mehr heraus gekommen, wenn es nicht Richard McKinley gegeben hätte, der unser aller Leben völlig veränderte.
     

Kapitel 2
     
     
    Richard McKinley war neu im Dorf und hatte sich das Anwesen in unserer Nachbarschaft gekauft. Aus Erzählungen wusste ich, dass Seine Mutter zwar in Deutschland geboren wurde, aber später von ihren Eltern mit einem Baron aus England verheiratet worden war. Richard kam also aus sehr guten Verhältnissen und wuchs dank Seiner Mutter zweisprachig auf. Erst vor kurzem waren Seine beiden Eltern bei einem tragischen Unfall während einer Seereise ums Leben gekommen. Richard war ihr einziger Sohn, der damit das gesamte Vermögen erbte.
    Auf Anraten Seines Onkels, dem Bruder Seiner Mutter aus Deutschland, verkaufte Er das Anwesen Seiner Eltern in England und investierte den Großteil Seines Geldes in eine Stahlfabrik. Eben jene Fabrik, in der mein Vaters seit über 20 Jahren arbeitete und auch mein Bruder Daniel gerade eine Anstellung bekommen hatte. Da Stahl durch den Ausbau der Eisenbahngleise sehr gefragt war, verdoppelte sich schon im ersten Jahr Sein Gewinn. Richard McKinley war trotz Seiner jungen Jahre ein gemachter Mann und zählte schon gleich bei Seiner Ankunft hier in unserer kleinen Gemeinde zur Oberklasse. Und auch wenn sich im Laufe der nächsten Monate und Jahre um Seine Person viele Gerüchte und Geschichten ausbreiteten, von Frauen die nachts nackt und blutig von Seinem Hof davonliefen oder  Dirnen, die Ihm auch für all Sein Geld nie wieder zu Diensten sein wollten, blieb Er bei allen ein überaus angesehener Bürger. Ein Mann mit viel Geld und gutem Ansehen konnte sich so einiges erlauben, gerade wenn es nur um Frauen ging. Letztendlich war man sich einig, dass es besser war, Ihn zum Freund zu haben, als sich mit Ihm anzulegen.
     
    Ein paar Monate vor Mutters Tod war Er das erste Mal bei Vater gewesen um sich als neuer Nachbar vorzustellen. Meine Mutter war sofort in der Küche verschwunden und hatte mich hinter sich hergezogen, damit ich ihr helfen sollte. In Wahrheit wollte sie mich wohl vor den Augen des fremden Mannes schützen. Sie war eine so schlaue Frau!
    Außerdem schickte es sich einfach nicht, dass ich im Wohnzimmer herum lungerte, wenn Männer anwesend waren, um sich zu unterhalten. Aber bei uns wurde nicht so streng auf Etikette geachtet. Wir waren viel unter uns und es kamen kaum Leute zu Besuch, daher waren wir, was solche gesellschaftlichen Regeln anging, locker erzogen worden. Also zügelte ich meine Neugier und half Mutter in der Küche beim Vorbereiten von Kaffee und Kuchen. Die Männer hatten sich im Wohnzimmer versammelt und tauschten Höflichkeiten aus, zumindest soweit ich das hören konnte.
    Als alles vorbereitet war, rief meine Mutter alle in den Speisesaal und ich konnte mir nun endlich, wenn auch heimlich, diesen Richard McKinley anschauen, über den so viel geredet wurde.
    Schon damals, mit Seinen 23 Jahren, sah Er verdammt gut aus, hatte kurze, dunkle Haare und war recht groß und stark gebaut. Ein bisschen konnte man an Seiner Aussprache noch hören, dass Er aus England kam, aber ansonsten sprach Er fließend deutsch. Aber was mich in diesem Moment am meisten faszinierte, waren Seine Augen. Solche Augen hatte ich noch nie gesehen. Sie strahlten eine Härte, Selbstsicherheit und Überlegenheit aus, wie ich sie vielleicht einem 40-jährigen Mann zugetraut hätte. Nur selten, wenn Er lächelte, kam ein warmer Glanz in Seine braunen Augen, aber auch das tat Er mit einer solchen Berechnung, alles an Ihm strahlte Selbstzufriedenheit und Sicherheit aus, als würde Er über allen anderen stehen. Ich
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