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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium
Autoren: Michael Tobias
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mich kurz vor meiner Ankunft hier darüber informiert, dass dem fraglichen Prinzen vor ein paar Stunden seine diplomatische Immunität aberkannt wurde. Er befindet sich irgendwo am Persischen Golf in Gewahrsam und wird der Unterstützung und Finanzierung des Wilderer-Rings beschuldigt, dessen Anführer dieser Mann dort war.«
    Er deutete mit einem Kopfnicken auf die Leiche vor ihm auf dem blutbesudelten Steinfußboden.
    »Und ich glaube, dass ich mir die Unterstützung einer wichtigen Persönlichkeit sichern kann«, fuhr Simon fort. »Es ist jemand aus dieser Gegend, ein Bauer, der sich zur Ruhe gesetzt hat und einen Pachtvertrag für einige tausend Hektar besaß, die an das Gut der Oliviers angrenzen. Er hatte zwar keinerlei Besitzrechte für das Land, aber sein Pachtverhältnis war, wie es in Frankreich nun mal üblich ist, unauflöslich.«
    »Oui, ich kenne ihn«, sagte Lance. »Er ist ziemlich eigenbrötlerisch und meidet die Öffentlichkeit.«
    »Ja. Das stimmt«, pflichtete Simon ihm bei. »Aber wichtig ist, dass er so gut wie unantastbar war, solange er seine Schafe auf dem Grund weiden ließ. Das Land wurde als Nutzfläche für den Gemüseanbau und zur Herstellung von Käse betrachtet. Und das ist ein Wirtschaftsunternehmen, so bescheiden es auch sein mag, dessen Existenz und Unabhängigkeit von der französischen Regierung schon immer ausdrücklich geschützt wurde. Finden Sie das nicht auch?«
    Lance zeigte die Andeutung eines Grinsens.
    »Das ist wenigstens mal etwas Positives, das man über die französische Lebensart, die Subventionspolitik und die Liebe zur Landwirtschaft sagen kann«, fügte Simon hinzu.
    »Er ist der Vater von jemandem, den ich sehr gut kenne. Und er wird sein Land niemals hergeben. Zudem dürfte der Lokalpolitiker, den ich erwähnte, erst recht jegliche Unterstützung verlieren, wenn der Investor als der korrupte Mistkerl entlarvt wird, der er in Wirklichkeit ist. Und dieser Sozialismus, wegen dem Frankreich im Ausland häufig ausgelacht wird - Eisenbahnstreiks, Proteste, die Unfähigkeit zu einem Konsens, ein belastendes Steuersystem -, wird sich am Ende in diesem Fall als sehr nützlich erweisen. Der geringste Druck, der von diesen Investoren auf das Landwirtschafts- und das Innenministerium ausgeübt wird, dürfte die Gerichte für die nächsten zweihundert Jahre beschäftigen. Vive la France!«
    »Sind Sie wirklich Polizist?«, fragte Margaret.
    »Ich bitte Sie nur um einen einzigen Gefallen, Madame und Monsieur«, schloss Simon.
    Martin nickte. »Und der wäre?«
    Jean-Baptiste Simon blickte hinaus zu einer Stelle, wo das Grasland in den Wald überging. Alle Augen folgten seinem Blick. Denn dort, in genau diesem Moment, war eine erstaunliche Kreatur erschienen, stand ganz ruhig da und schaute die paar hundert Meter zum Château herüber. Für alle, die es sahen - oder sich einbildeten, es zu sehen -, war dieses Tier unverwechselbar.
    »Ich möchte irgendwann einmal mit meiner Tochter und meiner Enkeltochter hierherkommen. Sie haben noch nie ein Einhorn gesehen.«

 
    KAPITEL 53
     
    E s dauerte noch zwei weitere Tage, bis die Oliviers nach London und zu ihrem Sohn Anthony zurückkehrten. Martin war weniger als eine Woche weg gewesen. In dieser Zeit hatte seine Welt sich völlig verändert. Aber das Buch, das sie nach Brügge und nach Wien geführt hatte, war nirgendwo zu finden. Sie hatten einen ganzen Tag und fast die ganze darauffolgende Nacht damit zugebracht, das Château danach zu durchstöbern. Überall hatten sie nachgeschaut, in jeder Schublade, jedem Schrank, jeder Nische, im Keller, auf dem Dachboden, in den Außengebäuden, den Scheunen, im Wasserturm und, natürlich, in den zahlreichen Bibliotheken.
    Aber da war kein Buch, das sie hätten finden können. War es vielleicht nur eine Erfindung? Ein raffinierter Köder, um Schatzsucher von der unwiderstehlichen Verlockung einer Pleistozäninsel rund um das Château abzulenken - diesem geheimnisvollen Reservat all jener Tierarten, die in der übrigen Welt schon lange ausgestorben waren?
    Eines war Martin mittlerweile klar geworden, nämlich dass das Buch, wo immer es versteckt sein mochte, nicht mehr das grundlegende Allheilmittel war, als das James es stets betrachtet hatte. Jean-Baptiste Simon hatte genügend Hindernisse eingeplant, die gewährleisteten, dass der Verkauf des angrenzenden Landes an interessierte Bauunternehmer im Zuge des Skandals aus Anschuldigungen und Enthüllungen nicht zustande käme.
    Martin hatte
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