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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium
Autoren: Michael Tobias
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die Grenzen des Anwesens bedrohte. Er nannte es ›Randfolgen‹, und es ist wohl das Gleiche, was am Rand der Autobahnen und Schnellstraßen am Amazonas geschieht. ›Schrittweise Verschlechterung der Stabilität von Ökosystemen.‹ Ich bin natürlich kein Wissenschaftler, aber uns droht eine ziemlich offensichtliche Krise, ganz gleich, wie groß das Besitztum ist.«
    Margaret musterte bei diesen Worten ihren Mann verblüfft von der Seite. Das war überhaupt nicht der stets profitorientierte Immobilienmakler, als den sie ihren Mann kannte.
    Simon hielt für einen Moment inne und, indem er aus seiner langjährigen Erfahrung schöpfte, erwiderte: »So wie ich es sehe, bieten sich mehrere unterschiedliche Lösungen an. Da sind zuerst einmal die Satellitendaten. Recht bemerkenswert, muss ich schon sagen. Sie zeigen eine Ansammlung bedeutender historischer und archäologischer Überbleibsel auf Ihrem Besitz. Vieles mit Welterbe-Status. Aber ich vermute, dass das nicht im besten Interesse dieses Landgutes wäre. Wir haben es hier mit einem Verbrechen zu tun, dessen Aufklärung äußerst langwierig werden dürfte. Es ist außerdem mein Fall. Und das ist gut, glaube ich. Denn so kann ich ganz alleine entscheiden, dass die Beweisaufnahme und die Freigabe des Tatorts auf unbestimmte Zeit verschoben werden.«
    Das waren Worte, für die Martin nur dankbar sein konnte. Eine Suchexpedition käme niemals in Frage. Der Berg und die umliegenden Täler sollten für immer von Menschen unberührt bleiben.
    »Das, so fürchte ich, wirft ein sehr trauriges Problem auf. Ich denke an meinen Fahrer, Max Hardiman. An den wissenschaftlichen Assistenten meines Onkels, einen wundervollen jungen Mann namens Lance Sèvre, ein einheimischer Ökologe von hohem Ansehen, nehme ich an. Und an einen ziemlich berühmten Museumsdirektor namens Edouard Irgendwas.«
    »Revere?«
    »Das ist es.«
    »Mon Dieu.«
    »Ich kenne ihn. Was hatte ausgerechnet er hier zu suchen?«, ergriff Margaret das Wort.
    »Das weiß ich nicht genau. Aber alle drei stiegen auf den Berg, um die Wilderer abzuwehren. Es war wie im tiefsten Mittelalter. Bizarr. Grässlich. Und ich befürchte das Schlimmste. Leute werden unbequeme Fragen stellen.«
    »Hatte Ihr Fahrer Angehörige? Eine Familie?«
    »Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Martin. »Aber was diesen Lance angeht ... ich weiß es wirklich nicht.«
    »Es besteht kein Grund zur Sorge«, verkündete eine Stimme, während Lance, der die gesamte vorangegangene Diskussion hinter einer der zahlreichen Geheimtüren im Château mitgehört hatte, seinen bescheidenen Auftritt - natürlich unbewaffnet - inszenierte.
    »Lance!«, rief Martin aus.
    Simon wirbelte mit gezückter Pistole herum. Lance hob die Hände. Aber es war nur das plötzliche Auftauchen als solches, das bei Simon diese Reaktion ausgelöst hatte. Er gehörte nicht zu den Menschen, die Überraschungen lieben.
    »Es ist okay. Das ist Lance. Er steht auf unserer Seite«, fuhr Martin mit lauter Stimme fort. »Und dieser Vogel dort, den kenne ich.«
    Es war Eyos der Falke, der auf Lance' Schulter saß.
    Simon ließ die Pistole sinken. »Geht es Ihnen gut?«, erkundigte er sich.
    »Es ist vorbei«, sagte Lance düster. Er kniete sich neben seinen alten Freund James und hauchte einen Kuss auf seine kalte Stirn.
    Dann schaute er hinaus und sah Alice, das riesige Mammut, mit dem Fuß im Gras scharren.
    »Sie trauert schon wieder, diesmal wegen des Todes ihres lieben menschlichen Freundes James Olivier«, sagte Lance leise.
    »Was geschieht jetzt?«, fragte Martin, der absolut keine Idee hatte.
    »Ich glaube, ich habe die Lösung für das Problem mit dem angrenzenden Land«, begann Simon. »Dieses Geschäft sollte mit einem arabischen Potentaten abgeschlossen werden, der die Wilderer dafür bezahlt hatte, ihm Nachschub für seine umfangreiche illegale Sammlung bedrohter Tierarten zu liefern. Zudem wissen wir bereits, dass ein hiesiger Beamter außerhalb der Saison Hirsche und Wildschweine gejagt hat. Es dürfte nicht gerade zu seiner Glaubwürdigkeit bei der Wählerschaft, die er umwirbt, beitragen, wenn er verhaftet wird. Und mit Wählerschaft meine ich die Interessengruppen, die sich für die Annahme dieses höchst fragwürdigen Angebots, das von niemand anderem als diesem geradezu unanständig reichen arabischen Prinzen stammte, eingesetzt haben. Er hatte Verhandlungen geführt, um das gesamte angrenzende Land zu kaufen. Mein Agent in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat
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