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052 - Die Schlangengrube

052 - Die Schlangengrube

Titel: 052 - Die Schlangengrube
Autoren: Dämonenkiller
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Gigi Mertzbach war es, als würde sie in eine andere Welt eintreten, als sie in den Wohnwagen kam. Nur gedämpft hörte sie die Musik und den Lärm des Oktoberfestes noch.
    Eine geheimnisvolle Atmosphäre herrschte hier. Schwarze und düstere rote Samtbahnen mit eingestickten kabbalistischen Zeichen und den Figuren des magischen Tarot bedeckten die Wände. Eine indirekte Beleuchtung erhellte den Raum nur schwach. Ein Tier strich wie ein Schatten in der Ecke herum. Gigi erschrak, ehe sie begriff, dass es nur eine Katze war.
    Sie wünschte sich plötzlich dringend, hinauslaufen zu können, aber dann schaute sie in die schwarzen Augen der uralten Frau hinter dem kleinen Tisch und trat näher. Die schwarzen Augen funkelten; man konnte glauben, dass sie wirklich mehr sahen als die normaler Menschen; Dinge vielleicht, die ein Sterblicher besser nicht sehen sollte.
    »Guten Abend, mein Fräulein!«, sagte die Alte mit starkem fremdartigem Akzent. »Sie wollen die Zukunft erfahren? Wollen wissen, ob Sie Liebe und Glück finden werden im Leben, schönes Fräulein? Madame Zarina kann es Ihnen sagen.«
    »Ich will … Können Sie mir aus der Hand lesen?«, fragte Gigi schüchtern, was sonst gar nicht ihre Art war.
    »Natürlich, Fräulein. Geben Sie mir Ihre Hand, bitte schön!«
    Gigi streckte eine Hand über den Tisch und setzte sich auf den Schemel. Die Wahrsagerin ergriff Gigis Hand. Ihre war eine alte dürre Klaue. Madame Zarina trug ein schwarzes Kopftuch mit magischen Symbolen. Schmutzig graue Haarsträhnen quollen darunter hervor und riesige, goldene Ohrringe schauten halb heraus. Ihr Gesicht war alt und verrunzelt, der Mund dünn und verkniffen. An den Fingern der klauenartigen Hand funkelten viele Ringe.
    Ein einäugiger Rabe saß auf der Schulter der Wahrsagerin. Der Wohnwagen war überheizt und von einem schwachen Weihrauchduft erfüllt.
    Gigi schauderte unter der Berührung der Alten. Sie war ein bildhübsches sechzehnjähriges Mädchen mit einem blonden Lockenkopf und einer schlanken Figur. Erneut bedauerte sie, einer Laune gefolgt und hier hereingekommen zu sein. Das hier war nicht lustig. Erleichtert dachte sie daran, dass ihre Freunde draußen warteten.
    Zarina fuhr Gigis Handlinien entlang und murmelte vor sich hin.
    »Sie sind sechzehn Jahre alt«, sagte sie, »und Sie stammen aus einem begüterten Haus. Im letzten Jahr ist jemand aus der Familie gestorben. Kein naher Angehöriger.«
    »Eine Tante in Bamberg«, sagte Gigi leise und beeindruckt.
    Zarina nickte. »Das sehe ich in Ihrer Hand, Fräulein. Sie haben eine Liebelei. Ein hübscher junger Mann. Aber Ihre Eltern dürfen nichts davon wissen.«
    »Ja, ja.«
    »Ich muss Sie enttäuschen. Mit ihm ist es nichts Rechtes. Er schaut viel nach anderen. Sie werden sich bald von ihm trennen.«
    »Nein, das glaube ich nicht! Ich habe Siegfried sehr gern. Er würde nie …«
    »Tut mir Leid, so steht es in Ihrer Hand. Jetzt die Lebenslinie und die Schicksalslinie. Ich will Ihnen sagen, wie alt Sie werden. Ich kann … Nanu, was ist denn das?«
    Die alte Zarina steckte fast ihre Nasenspitze in Gigis Handfläche. Das Mädchen spürte, wie die Alte zitterte. Ein gellender Schrei kam aus ihrer Kehle. Der schwarze Rabe krächzte und schlug mit den Flügeln. Die Katze in der dunklen Ecke fauchte, ihre Augen funkelten.
    »Was ist?«, fragte Gigi.
    Die Alte ließ ihre Hand los. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Blankes Entsetzen stand in ihnen. »Nein, nein!«
    »Was ist denn, um Gottes willen?«
    »Ich – ich kann es nicht sagen. Gehen Sie! Gehen Sie schnell!«
    Gigi bekam Angst, aber sie zwang sich, mit fester Stimme zu sagen: »Ich will wissen, was los ist. Ich habe ein Anrecht darauf.«
    »Gehen Sie schnell, Kind! Schreckliches Unheil und grausamer Tod. Dämonen ernten, und der Wahnsinn reitet im Nachtwind. Ich – ich kann nicht mehr. Ich muss für heute schließen. Ein solcher Schock.«
    »Glauben Sie denn, für mich ist es keiner? Wie können Sie mir solches Zeug erzählen? Wie kommen Sie überhaupt darauf?«
    Plötzlich öffnete sich im Hintergrund eine Tür. Ein großer, beleibter und schwarzlockiger Mann trat in den kleinen Raum.
    »Was geht hier vor?«, fragte er mit befehlsgewohnter Stimme.
    »Es wird wieder geschehen«, sagte die Alte in einem Gigi unverständlichen Romani-Dialekt, einer Zigeunersprache. »Heute Nacht. Und sie ist das Opfer.«
    Der Mann trat an die Tür, die nach draußen führte und öffnete sie. »Gehen Sie!«, sagte er. »Madame Zarina hat
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