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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium
Autoren: Michael Tobias
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daran beteiligt.«
    »Woran?«
    »An einer Manipulation, die Hunderte von Jahren umfasste.«
    »Einer Manipulation wovon?«
    »Der Zukunft.«
    »Margaret, bitte. Du klingst schon fast wie mein Onkel.« Dann traf es ihn wie der Blitz, und er hielt inne. »Genau genommen ...«
    »Nun, rede weiter, was?«
    »Wenn ich es recht bedenke, hat James verlauten lassen, dass es von Anfang an ein großes Geheimnis war. Und sie haben erst seit der Französischen Revolution größere Anstrengungen unternommen, um das Buch zu verstecken. Eigentlich war es nur eine Vermutung. Vielleicht hat Sankt Franziskus es nach Assisi mitgenommen. Oder vielleicht wurde es von jemandem wie Morgan oder Carnegie oder Frick von der Eremitage erworben und liegt jetzt in einem Versteck in New York?«
    »Martin, schau es dir genau an, und sag mir, was du siehst.«
    Er untersuchte die Seite dort, wo Margarets Finger sie fast berührte. »Was meinst du?«
    »Eine Vertiefung oder ein eingeprägtes Siegel. Fast so etwas wie ein umgekehrter Druck.«
    »Ich kann nichts sehen.«
    »Sieh genau hin.«
    »Da ist ein winziger Eindruck.«
    »Nach der höchstwahrscheinlich echten Unterschrift König Karls II.«
    »Welche Rolle hat er gespielt?«, fragte er. Seine Frau kannte sich notwendigerweise in der europäischen Geschichte bestens aus, was Martin nicht von sich behaupten konnte.
    »Er war der letzte Herrscher der spanischen Habsburger. 1700 ist er gestorben.«
    »Siebzehnhundert. Okay? Aber wenn du dich irrst, erwartet uns dann eine weitere dunkle Gasse, die du mit deinem unersättlichen Intellekt erhellen möchtest, ohne auch nur den geringsten Beweis zu haben?«
    Margaret betrachtete die drei Seiten durch ihr Vergrößerungsglas. »Eindrücke nach zehn Namen, und wirklich nur nach zehn: More, Vivaldi, Fra Angelico, Karl II., Savery, Beethoven, Sankt Franziskus, Gandhi, die Königinmutter und ... was ist das? Siehst du das? Was hat dieser einzelne kleine Buchstabe zwischen all diesen historischen Persönlichkeiten zu suchen?«
    Martin betrachtete das e. Etwas klickte in seinem Kopf, aber er konnte es nicht fassen.
    »Ich habe keine Ahnung«, erwiderte er.
    Er sah seine Frau mit einer plötzlichen Empfindung an, die er seit dem ersten Jahr ihrer Ehe nicht mehr gespürt hatte, einer Liebe, die ihm genauso den Atem verschlug wie Margarets beharrliche Eskapaden, während sie fieberhaft ihren eigenen Vermutungen nachjagte und ihre Detektivarbeit fortsetzte. Die Atmosphäre wurde beklemmend.
    »Wir brauchen eine frische Zitrone oder so etwas Ähnliches«, stieß sie hervor.
    »Okay.«
    Sie kehrten ans Tageslicht zurück. Martin hielt sich kurz damit auf, einige der neuen Mercedes-Modelle mit seinem BMW zu vergleichen.
    »Martin!«
    Sie verließen die Ausstellungshalle und fanden einen kleinen Lebensmittelladen. Margaret kaufte zwei Zitronen und steuerte auf die erste Parkbank zu, die sie sahen.
    »Ich hoffe, du weißt, was du tust - diese drei Seiten müssen unschätzbar wertvoll sein. Verdirb sie nicht!«
    Margaret bedachte ihn mit einem missbilligenden Blick und verteilte mit einem Finger ein wenig Zitronensaft auf dem Papier.
    »Da, siehst du es?« Sie hielt die Buchseiten gegen das Licht. »Ein Haken, als seien diese zehn Namen auf der Liste abgehakt oder als zu einer eigenen Liste gehörig markiert worden. Bis auf diesen dort.« Sie deutete auf den letzten Namen in dem Leitfaden.
    »Das e?«
    »Die Königinmutter ist tot. Das heißt, dass ihre Tochter es hat. Ich kenne sie persönlich. Erinnerst du dich? Wir gehen einfach zum Palast und appellieren an ihre Anständigkeit. Schließlich sind wir die rechtmäßigen Besitzer.«
    »Hm-hm. Das wird sicher klappen«, sagte Martin und bemerkte, dass das e in der Gästeliste in krakeliger Kinderschrift gehalten war - oder von einer bedeutenden Persönlichkeit stammte, die eine Abkürzung gewählt hatte, die Anonymität gewährleistete.
    Und das war genau das, woran er sich erinnerte, und er fühlte sich plötzlich in seine Kindheit zurückversetzt.
    »Margaret, als ich noch ein Kind war, gab mir mein Vater eine Ausgabe von Alice im Wunderland, übrigens eine Erstausgabe. Ich muss sieben oder acht gewesen sein.«
    »Und?«
    »Wenn ich mich nicht irre, hat er es einfach mit e für Edward signiert.«
    Margarets Blick folgte dem Blick ihres Mannes auf den Mittelfinger seiner rechten Hand, während Martin langsam den goldenen Ring mit dem Lapislazuli drehte, seit Ewigkeiten an seiner Hand und völlig übersehen, bis er ihn
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