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Bestiarium

Bestiarium

Titel: Bestiarium
Autoren: Michael Tobias
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Geduldsprobe, die seine Nerven strapazierte und seinen unterschwellig immer noch drängenden Kummer um den Verlust ständig wachsen ließ.
    »Ist mit dir alles okay?«, erkundigte sie sich.
    »Nein, nicht ganz«, gab er müde zu.
     
    Jean-Baptiste Simon war bereits an ihnen dran. Das Spiel war bemerkenswert einfach geworden. Jedes Mal, wenn sie ihre iPhones zusammen mit Margarets Wi-Fi-Verbindung benutzten, lokalisierte Interpol sie auf einen halben Meter genau. Die Satellitentechnologie arbeitete erschreckend präzise. Simon hatte keine Eile damit, sie gleich zu verhaften. Er wusste, dass sie in einer Mission unterwegs waren, jedenfalls verrieten ihm dies ihre ungewöhnliche Reiseroute und ihre Eile. Er schwankte zwischen zwei Theorien. Wenn sie tatsächlich in einen oder mehrere Morde und einen internationalen Ring von professionellen Wilderern verwickelt waren, dann musste ihre Reise nach Wien mit irgendwelchen Komplizen im Zusammenhang stehen, vielleicht mit Kontakten zu den Emiraten am Persischen Golf. Oder zu einer Botschaft oder einer Bank. Die Adresse Ungargasse 5 ergab in diesem Zusammenhang jedoch nur wenig Sinn.
    Wenn sie jedoch andererseits vor den Mördern oder dem Mörder von Martins Onkel auf der Flucht waren, brauchte Simon nur mit ihnen in Kontakt zu treten und sie von dem Druck, verfolgt zu werden, zu befreien.
    Aber er ahnte, dass hinter dieser Angelegenheit noch viel mehr steckte, während er ihnen im Abstand von einem Block über die Ringstraße zum Resselpark, weiter zur U-Bahn und schließlich zum weitläufigen Campus der Technischen Universität folgte.
    »Dort!«, sagte Margaret.
    Le Bons Team hatte ihre Koordinaten bestimmt: 48/11/57/16/22/12. »Anscheinend ein Autohaus«, sagte Cadiz nach einem Blick in ein örtliches Branchenverzeichnis.
    Le Bon rief Simon an. Ein Klingeln, dann eine Bandaufnahme.
    »Was zum Teufel tut er?«, wollte Le Bon von Mans wissen, den er über ein anderes Telefon erreicht hatte.
    »Was meinen Sie?« Mans ließ in diesem Moment den Zugang zum Château sperren.
    Die Oliviers betraten den Laden der Daimler-Benz-Vertretung. Simon beobachtete sie von einem Kiosk in der Nähe.
    »Okay, Liebes, was nun?«, fragte Martin angespannt.
    »Ich denke nach. Sieh dir die Fahrzeuge an, als wärst du ein interessierter Kunde.«
    Ein Verkäufer kam auf sie zu. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Haben Sie eine Toilette?«, fragte Margaret.
    Sobald sie die Tür der Kabine hinter sich geschlossen hatte, setzte Margaret sich auf das Toilettenbecken und nahm den Laptop auf den Schoß. Das Signal war schwach. Der Computer suchte. Sie wartete. Zwei Treffer. Drei Treffer. Dann wieder nur zwei. Verdämmt! Dann, plötzlich, vier. Alte Gräber, Karlsplatz ...
    Ein Tunnelsystem, das von der neuen U-Bahn zur Technischen Universität führte. Im Jahr 1818 waren offensichtlich genau an dieser Stelle ein oder mehrere Gebäude zerstört worden. Ein Erdbeben? Krieg? Oder einfach nur eine Baumaßnahme? Es gab einen Friedhof. Für die Armen. Vivaldi gehörte dazu. Er war im Exil an einem Herzinfarkt gestorben, anonym, ohne irgendwelches Aufsehen. Erst vor Kurzem war an der Universität eine Gedenktafel angebracht worden, um an seinen Tod zu erinnern.
    Sie betätigte die Toilettenspülung, packte den Computer ein, kehrte in den Verkaufsraum zurück und fragte nach dem Filialleiter. Martin hatte keine Ahnung, was sie beabsichtigte.
    »Ja, bitte?«
    Und Margaret erklärte ihm, dass sie und ihr »Kollege« vom Kultusministerium kämen und Zugang zum Keller haben müssten.
    »Zum Keller? Ich verstehe nicht. Sind Sie Engländer?«
    »Von der UNESCO. Englische Botschaft.«
    Martin bewunderte ihr Lügengespinst. Sehr überzeugend.
    »Ein Tunnel oder Stufen, ein altes Versteck, etwas, das verschlossen ist, tief unten. Es geht um die bevorstehende Ausstellung.«
    »Madame ...«
    Sie beugte sich vor, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, und holte ein Dokument, irgendeins, aus ihrer Computertasche.
    »Wir sind Archäologen, die im Auftrag der UNESCO tätig sind, und müssen noch heute wieder zurückfliegen.« Sie lächelte ihn an.
    Und ehe er sich die Mühe machte, ihre Referenzen zu überprüfen, erinnerte er sich plötzlich an ein Detail. Es lag schon Jahre zurück. Er hatte damals gerade seinen Job angetreten, als irgendwelche Klempnerarbeiten durchgeführt werden mussten.
    »Klempnerarbeiten?«
    »Ja. Die Handwerker waren angewiesen worden, einen Raum zu meiden.«
    »Welchen Raum?«
    Er führte sie
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