Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

PR Lemuria 06 - Die längste Nacht

Titel: PR Lemuria 06 - Die längste Nacht
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
1
    Delbert Brouk verließ den Antigravschacht in der Zentrale und machte genau zwei Schritte vorwärts. Ungläubig verharrte sein Blick auf dem verwaisten Sessel der Ortungsstation, schweifte quer durch die Zentrale und kehrte dann sprunghaft zu den Ortungen zurück. Ein Schatten verdüsterte die Miene des Kapitäns.
    »Und?« Mehr sagte Brouk nicht, schon dieses eine Wort klang schneidend und frostig zugleich.
    Im Panoramaholo der GOLDEN GOOSE standen die Sterne des galaktischen Zentrums in gleißender Fülle. Sie erschienen wie ein undurchdringlicher Wall aus Materie, Licht und brodelnder Energie, faszinierend, geheimnisvoll und gefährlich, ein Ort, an dem noch heute Sonnen geboren wurden, während andere in einem letzten zornigen Aufflackern ihre Existenz beendeten.
    »Keine besonderen Vorkommnisse!« Die Meldung kam von der Funkstation.
    »Keine.?« Brouk biss sich auf die Unterlippe und wandte sich Janna Pagneil zu. »Alle Stationen gefechtsbereit! wurde angeordnet. Rund um die Uhr. Wir absolvieren keinen Spazierflug mal eben zur Wega und zurück, das sollte jedem klar sein...«
    »Genau das hat Rudolph cavins auch gesagt«, stellte der Zweite Pilot fest. »Nicht wörtlich, aber so ungefähr... jedenfalls.«
    »Weiter!« Der Blick des Kapitäns pendelte zwischen der verlassenen Ortung und der Panoramawiedergabe. Er versuchte sich einzureden, dass in dieser Region keine Bedrohung lauerte. Was existierte hier schon außer unberührtem Sternendschungel? Wenn es hoch kam, eine Handvoll automatischer Relaisstationen. Oder das eine oder andere altersschwache Prospektorenschiff, geflogen von Männern und Frauen, die hofften, eines Tags das ganz große Glück zu finden, aber doch nur ihr Leben verschwendeten, gezeichnet von intensiven Strahlungsstürmen und der Arbeit auf Welten, auf denen kein Raumfahrer, der seine Sinne halbwegs beisammen hatte, jemals freiwillig landen würde.
    Wir stecken mittendrin. Bitter stieg der Gedanke in Brouk empor, obwohl ihn bis vor wenigen Wochen gerade diese Abwechslung gereizt hatte. Forschung im galaktischen Zentrum. Die Verlockung spürte er immer noch - aber nun auch die Gefahr. Eine Operation aus dem Verborgenen heraus, die Suche nach neuen Rohstoffquellen unter strikter Vermeidung jeglicher Kontakte ... Letzteres war kein Problem. Und unumgänglich. Denn alle raumfahrenden Völker würden sich wie die Schmeißfliegen auf jedes neue Vorkommen von Hyperkristallen stürzen, sobald der Fundort publik wurde. Der Sektor war Niemandsland, wer sollte hier Besitzansprüche und Schürfrechte regeln?
    »Da gibt es kein Weiter.« Die Stimme des Zweiten Piloten klang beleidigt. »Cavins hat seine Station an den Syntron übergeben und sich vorübergehend abgemeldet. Er fühlt sich krank, sagte er.«
    Der Kapitän vollführte eine heftig ablehnende Handbewegung. »Seine ganze eingebildete Krankheit ist seine verdammte Ehrlichkeit. Sie schlägt ihm auf den Magen. Cavins muss sich eine Haut aus Stahl zulegen, wenn er weiterkommen will.« Ächzend ließ Brouk sich in den Sessel des Orters sinken und rief die Aufzeichnungen ab.
    Rudolph Cavins hatte seinen Platz erst vor wenigen Minuten verlassen, die Obergabe war ordnungsgemäß erfolgt. Keine Vertretung möglich, las der Kapitän die Lognotiz. Bucio hat es noch schlimmer erwischt als mich.
    Ihm war klar, dass Cavins seit fünfzehn Stunden ohne Unterbrechung Dienst tat. Die Verhältnisse waren eben anders als während der gewohnten Frachtflüge. Vor einer Stunde hatte die GOLDEN GOOSE mit Mühe und Not ihre letzte kurze Überlichtetappe beendet, und der 28. April 1327 Neuer Galaktischer Zeitrechnung war um 15:28 Uhr Bordzeit auch nicht mehr ganz taufrisch.
    Seit Wochen hing das Schiff im Niemandsland. Der letzte verdammte Strahlungssturm hatte die GOLDEN GOOSE wie eine Nussschale durch den Raum gewirbelt. Seither arbeiteten die Konverter nur noch mit halber Leistung, die Triebwerksaggregate überhitzten sich unglaublich schnell, und die Stimmung der Mannschaft war dem Nullpunkt bedrohlich nah.
    »Kurs?«
    »Unverändert. Laut Kartentank existiert in Flugrichtung kein für uns geeignetes Sonnensystem.«
    Brouk winkte ab. »Die Sternkarten sind alles andere als vollständig. Wir finden eine Welt, auf der wir landen und die Schäden beheben können. Mein Wort darauf.«
    »Wie lange hält der Überlichtantrieb noch durch? Jede Etappe bringt mehr Probleme.«
    Die plötzliche Stille hatte etwas Lähmendes. Minuten vergingen, in denen der Kapitän nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher