Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis in den Tod

Bis in den Tod

Titel: Bis in den Tod
Autoren: J. D. Robb
Vom Netzwerk:
1
    I n der dunklen Gasse stank es nach Urin und nach Erbrochenem. Sie war das Zuhause schnellfüßiger Ratten und knochiger, hungriger Katzen, die von ihnen lebten. Rote Augen blitzten in der Schwärze, einige von ihnen menschlich, alle wild und animalisch.
    Mit klopfendem Herzen ging Eve in Richtung der stinkenden, feucht-klammen Schatten. Er war hier verschwunden, da war sie sich ganz sicher. Es war ihr Job, ihm auch hierher zu folgen, ihn ausfindig zu machen und der Gerechtigkeit zu überführen. Die Hand, in der sie ihre Waffe liegen hatte, war vollkommen ruhig.
    »He, Süße, willst du es mit mir treiben? Sag, willst du es mit mir treiben?«
    Von irgendwelchen Drogen oder billigem Fusel harsche Stimmen drangen aus dem Dunkel. Das Stöhnen der Verdammten, das Kichern der Verrückten. Die Ratten und die Katzen lebten hier nicht allein. Doch die Gesellschaft des menschlichen Abschaums, der an den klammen Backsteinwänden lehnte, bot nicht den geringsten Trost.
    Sie schwang ihre Waffe und schob sich vorsichtig an einem verbeulten Recycler vorbei, der seinem Geruch nach seit mindestens zehn Jahren nicht mehr funktionierte. Der Gestank fauligen Essens verwandelte die feuchte Luft in einen fetttriefenden Sud.
    Sie hörte ein leises Wimmern und sah einen vielleicht dreizehnjährigen, in Lumpen gehüllten Jungen. Sein Gesicht war von dicken Eiterbeulen übersät und seine Augen waren schmale, angsterfüllte Schlitze, als er sich wie ein Krebs rückwärts an die schmutzstarrende Wand schob.
    Mitleid wallte in ihr auf. Sie selbst war einmal ein solches Kind gewesen, hatte sich verletzt und außer sich vor Panik in einer Gasse wie dieser hier versteckt. »Keine Angst, ich werde dir nichts tun.« Sie sprach leise, murmelte beinahe, sah ihm reglos in die Augen und ließ die Waffe etwas sinken.
    Und genau in dem Moment schlug der Irre zu.
    Er kam laut brüllend von hinten auf sie zu. In mörderischer Absicht schwang er ein schweres Eisenrohr hoch über seinem Kopf. Das Pfeifen der herabsausenden Waffe in den Ohren, wirbelte sie blitzschnell auf dem Absatz herum. Sie hatte kaum die Zeit, um sich dafür zu verfluchen, dass sie die Konzentration verloren, ihr oberstes Ziel vergessen hatte, als sie unter dem Ansturm von hundertzwanzig Kilo Niedertracht und Muskeln gegen die Mauer krachte.
    Die Waffe flog ihr aus der Hand und landete klirrend irgendwo im Dunkeln.
    Sie sah in seinen Augen das von der Droge Zeus verstärkte bösartige Glitzern. Sie blickte auf die hoch erhobene Waffe, errechnete die ihr verbleibende Zeit, rollte sich Sekunden, ehe sie gegen den Stein schlug, darunter hervor, sprang eilig auf die Füße und rammte dem Widerling mit voller Kraft den Schädel in den Bauch. Er stöhnte, schwankte, streckte seine beiden Pranken nach ihrer Kehle aus, doch sie schlug ihm mit der Faust derart kraftvoll unters Kinn, dass eine Woge heißen Schmerzes durch ihren Arm zuckte.
    Menschen schrien und krochen im Eiltempo an die Ränder dieser kleinen Welt, in der nichts und niemand jemals sicher war. Eve wirbelte herum, nutzte den Schwung der Drehung, und traf ihren Gegner mit einem gut gezielten Tritt mitten auf die Nase. Eine Fontäne dunklen Blutes ergoss sich auf die Straße und verstärkte noch die in der Gasse vorherrschende, Übelkeit erregende Mischung von Gerüchen.
    Sein Blick wurde noch wilder, aber er zuckte unter ihrem Treffer nicht einmal zusammen. Schmerzen konnten gegen den Gott der Chemikalien nichts ausrichten. Während ihm das Blut in Strömen über das Gesicht lief, schlug er grinsend mit dem Eisenrohr in seine flache Hand.
    »Ich werde dich töten. Werde dich töten, kleine Bullenhure.« Er umkreiste sie und schwang das dicke Rohr wie eine Peitsche. Grinste, grinste immer weiter, während ihm das Blut den Hals herunterrann. »Werde deinen Schädel knacken und dein Hirn fressen.«
    Das Wissen, dass es ihm tatsächlich ernst war, verlieh ihr neue Kräfte. Hier ging es um Leben oder Sterben. Der Schweiß rann ihr wie zähflüssiges Öl über den Körper und sie begann zu keuchen. Dem nächsten Angriff wich sie aus, ging geschmeidig in die Knie, schlug mit einer Hand auf einen ihrer Stiefel und kam grinsend wieder hoch.
    »Friss statt dessen das hier, elender Hurensohn.« Ihre zweite Waffe lag schussbereit in ihrer Hand. Sie dachte gar nicht erst daran, ihn nur zu betäuben. Selbst einen gezielten Treffer empfände ein Hundertzwanzig-Kilo-Hüne, der auf Zeus war, bestenfalls als Kitzeln. Nein, was sie jetzt zum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher