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Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe
Autoren: Asta Scheib
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als Wasser sei. Das war nur richtig im medizinischen Sinne. Aber die Nationalsozialisten wußten es besser. Sie bewahrten das reine Blut der Arier vor dem zersetzenden Blut der Juden. Einzig vor jüdischem Geld und jüdischem Besitz schienen die Parteibonzen keinen Ekel zu haben. Wie viele Millionen hatten sie sich angeeignet? In wie vielen Häusern sich eingerichtet? Thereses Gedanken waren wieder einmal in ihrem Elternhaus im Herzogpark. Dieses Haus, das sie wahrscheinlich nie wieder bewohnen würde, sah sie trotzdem fast täglich vor sich. Vor allen Dingen den Garten, den Park. Die Blütenrispen der Kastanien im Frühjahr, die zerplatzenden Stachelhülsen im Herbst, wenn die Sonne in das bunte Laub leuchtete. Es hatte alles so selbstverständlich Therese gehört. Wie lang würden es noch die Nationalsozialisten in ihren gierigen Klauen halten?
    Durch ihre Gespräche mit Kaspar Lechner, durch ihre seltenen Aufenthalte in der Küche, wenn sie BBC hörten, wußte Therese, daß Deutschland inzwischen an allen Grenzen eingekreist war. Die Russen hatten die deutschen Ostgebiete und den Balkan erobert, das Afrikakorps mußte aufgeben, Italien wurde vom Mittelmeer her aufgerollt. Die Alliierten waren schon in der Normandie und bauten eine zweite Front gegen Hitler auf. Doch immer noch wagte niemand darüber zu reden. Es schien Therese, alshabe Hitler auch jetzt noch alle Deutschen fest in seiner Hand. Sie konnten sich nicht frei bewegen. Einer stieß sich wund am andern. Mochten sie auch noch so stark zappeln, die Hand hielt alle brutal fest. Aus dem Radio hieß es täglich, der Feind würde zum Stillstand gebracht.
    Kaspar Lechner beschwor die Wieshamer, ihren immer lauter werdenden Unmut für sich zu behalten. Nach dem Attentat auf Hitler, als in den Abendnachrichten die Sondermeldungen von einer Offiziersverschwörung berichteten, war es in Wiesham merkwürdig ruhig geblieben. Früher, als die Meldungen aus Stalingrad eingetroffen waren, als es hieß, daß zweihunderttausend deutsche Soldaten dort eingeschlossen wären, hatte sich unter den Wieshamern ein Murren erhoben, das immer wieder in die Gendarmeriestation drang. »Der Hitler gibt keine Ruh net, bis unsere Buben abgeschlachtet sind«, hatte der Seifert Franz, Fellerbauer im Dorf, beim Altwirt gesagt. Ein Parteibonze hörte es und wollte den Fellerbauer anzeigen. Daraufhin hatten ihn die Spezln des Bauern derart massiv bedroht, daß der Zweihundertprozentige klein beigegeben hatte, um seine Haut zu retten. Doch am nächsten Tag zeigte er den Bauern doch an, und Kaspar Lechner mußte sämtliche Gäste des Altwirts als Zeugen vernehmen. Sie sagten alle aus, daß der Fellerbauer nichts von dem gesagt habe, was der Parteibonze behaupte. Sie seien bereit, das jederzeit zu beschwören. Daran war kein Zweifel. Vor den Nazis einen Eid zu schwören, galt im Isarwinkel inzwischen als Kavaliersdelikt, vor dem niemand mehr zurückschreckte.
    Kaspar Lechner war froh über die Meineidbauern. Er hatte sich noch nicht davon erholt, daß die Gestapo vor seinen Augen seinen Freund, den Apotheker und Ortsgruppenleiter Mösmang, abgeführt hatte. Mösmang, ein gestandener Wieshamer, hatte seit langem mit dem Konflikt gelebt, was er den Bäuerinnen und Bauern sagensollte, die in seine Apotheke kamen und neben Pillen und Pulvern auch noch von ihm Aufklärung über die politische Situation haben wollten, die ihnen jeden Tag mehr Lebensrätsel aufgab und außerdem schmerzlichste Opfer aller Art abverlangte. Wieder nahte eine Kampfkundgebung, bei der Mösmang als Ortsgruppenleiter zu sprechen hatte. »Ich habe keine Lust mehr, die Leute zu belügen«, teilte Mösmang Kaspar Lechner mit, und dann schrieb er an den Kreisleiter einen Brief, in dem er ihn darum bat, ihm doch Weisungen zu geben, was er bei der Kampfkundgebung sagen solle. »Die Russen stehen im Lande. Das Reich steht vor der größten Katastrophe der Geschichte, und darüber will ich die Wieshamer nicht länger im unklaren lassen.«
    Zwei Tage darauf ließ der Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar Paul Giessler den Apotheker hinter der Ladentheke festnehmen und nach München bringen. Kaspar Lechner fuhr mit dem nächsten Zug ebenfalls nach München, wurde sogar bei Giessler vorgelassen und konnte ihm klarmachen, daß es die Bauern im Isarwinkel nicht hinnehmen würden, wenn ihr Apotheker Mösmang zu Schaden käme. Mösmang wurde sofort seines Amtes enthoben, aber darüber hinaus passierte ihm nichts. Kaspar Lechner nahm
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